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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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die anderen Damen in die weiteren Räume fortsetzte.
    » Incessu patuit dea «, sagte Dupaty, als sie an ihm vorbeiging.
    »Citoyen Dichter, was sagen Sie da Böses über mich in einer Sprache, die ich nicht verstehe?«, fragte Madame Leclerc lächelnd.
    »Wie soll das angehen«, erwiderte Dupaty, »Sie als Römerin, Madame, wollen des Lateins nicht mächtig sein?«
    »Ich habe es vergessen.«
    »Es ist ein Vergilisches Hemistichon, Madame, über das Erscheinen der Venus vor Äneas; Abbé Delille hat es mit den Worten übertragen: Sie wandelt, und ihr Schritt verrät die Göttin. «
    »Reichen Sie mir den Arm, Sie Schmeichler, und tanzen Sie zur Strafe den ersten Reel mit mir.«
    Dupaty ließ sich das nicht zweimal sagen. Er hielt ihr den Arm hin, streckte das Bein und ließ sich von Madame Leclerc zu einem Boudoir führen, das sie unter dem Vorwand betrat, es sei dort weniger warm als in den Empfangsräumen, in Wahrheit aber, weil es in diesem Boudoir ein riesengroßes Kanapee gab, das der göttlichen Kokette erlaubte, nach Gutdünken ihre Toilette und ihre Person zur Schau zu stellen.
    Im Vorbeigehen hatte sie einen herausfordernden Blick auf Madame de Contades gerichtet, diejenige, die bis zu ihrer Ankunft die Schönste oder wenigstens die Bezauberndste gewesen war; zu ihrer nicht geringen Genugtuung sah Madame Leclerc, dass alle Verehrer, die den Sessel Madame de Contades’ umschwärmt hatten, entfleucht waren und sich nun um ihr Kanapee scharten.
    Madame de Contades biss sich die Lippen blutig. Doch in dem Köcher der Rache, den jede Frau unfehlbar zur Hand hat, fand sie wohl einen jener vergifteten Pfeile, die tödliche Wunden bohren, denn sie rief Monsieur de Noailles zu sich.
    »Charles«, sagte sie, »reichen Sie mir den Arm, damit ich dieses Wunder an Toilette und Schönheit, das mir all meine Schmetterlinge abspenstig gemacht hat, aus der Nähe bestaunen kann.«
    »Aha!«, sagte der junge Mann. »Sie wollen ihr wohl zeigen, dass sich
unter den Schmetterlingen eine Biene versteckt hat! Stechen Sie nur zu, Gräfin, stechen Sie nur zu! Die Bonapartes sind allesamt von so neuem Adel, dass es nicht schaden kann, sie ab und zu daran zu erinnern, dass sie sich mit unserem alten Adel nicht messen können. Lassen Sie uns diese Parvenü vom Scheitel bis zur Sohle begutachten, und ich wette, Sie werden das Kainszeichen ihrer plebejischen Herkunft entdecken.«
    Und der junge Mann folgte lachend Madame de Contades, die mit ihren geblähten Nasenflügeln aussah, als verfolgte sie die Fährte einer Wildbeute.
    Sie erreichte die Gruppe von Bewunderern um die schöne Madame Leclerc und machte so resolut Gebrauch von Ellbogen und Schultern, dass sie bis in die erste Reihe vordrang.
    Madame Leclerc lächelte beim Anblick von Madame de Contades; sie glaubte, selbst ihre Rivalin sähe sich genötigt, ihr zu huldigen. Und wahrhaftig erhob Madame de Contades ihre Stimme und stimmte in die allgemeine Bewunderung ein.
    Doch mit einem Mal stieß sie einen Schrei aus, als hätte sie eine entsetzliche Entdeckung gemacht: »O Gott, wie abscheulich!«, rief sie. »Wie ist es möglich, dass eine solche Scheußlichkeit ein Meisterwerk der Natur entstellt! Sollte es also wahr sein, dass es auf Erden nichts Vollkommenes gibt? Mein Gott, wie furchtbar traurig!«
    Dieses befremdliche Lamentieren bewirkte, dass sich alle Blicke auf Madame de Contades richteten, sodann auf Madame Leclerc und danach zu Madame de Contades zurückkehrten; offenbar erwartete man eine Erklärung ihres Jammerns, doch da sie weiterhin in beredten Worten die Unvollkommenheit der menschlichen Rasse beklagte, ohne Einzelheiten zu nennen, fragte ihr Kavalier schließlich: »Aber was sehen Sie denn nur, was denn?«
    »Was ich sehe? Was ich sehe? Sehen Sie etwa nicht die zwei monströsen Ohren, die von diesem bezaubernden Kopf abstehen? Wenn ich solche Ohren hätte, ließe ich sie mir stutzen, und zwar gehörig, was umso leichter wäre, als sie keinen Rand besitzen.«
    Madame de Contades hatte kaum ausgesprochen, als sich alle Blicke auf Madame Leclerc hefteten, diesmal nicht um sie zu bewundern, sondern um ihre Ohren zu betrachten, denen bislang niemand die geringste Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
    In der Tat waren die Ohren der armen Paulette, wie ihre Vertrauten sie nannten, von ungewöhnlicher Form: Sie bestanden aus weißem Knorpel,
der dem Inneren einer Auster ähnelte und den die Natur, wie von Madame de Contades bemerkt, zu säumen vergessen hatte.
    Madame

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