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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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durchziehen. René und Tomeo waren auf ein Felsplateau gelangt, das unterhalb des Berggipfels lag, und sie beschlossen, die Nacht im Schutz der Felsen zu verbringen, die strahlend helles Mondlicht wie auf einem Gemälde Salvador Rosas beschien, und ihren Weg am nächsten Morgen fortzusetzen. Nach wenigen Stunden Schlaf spürte René, dass man ihn behutsam zu wecken versuchte; er öffnete die Augen und sah Tomeo, der die Hand wie ein Hörrohr um das Ohr hielt und ihm mit Zeichen zu verstehen gab, dass er lauschen solle.
    Wahrhaftig konnte René ein fernes Gewimmer ausmachen, von unwirschen Lauten gefolgt.
    »Ein Käuzchen oder ein anderer Nachtvogel«, murmelte René.
    »Nein, ein Kind!«
    René entsann sich, dass die Mutter des gefolterten jungen Schäfers ihnen gesagt hatte, die junge Gefährtin des Bizzarro habe vor Kurzem entbunden.
    Er erhob sich lautlos und schlich vor Tomeo in ein Gewirr von Felsblöcken. Als das Wimmern, das sie leitete, verstummte, mussten sie sich aufs Geratewohl weitertasten. Das Weinen hob wieder an, und sie mussten feststellen, dass sie sich dem Versteck des Banditen nicht genähert, sondern sich von ihm entfernt hatten und umkehren mussten; so ging es mehrere Male.

    Doch mit einem Mal verstummte das Gewimmer, ohne wieder einzusetzen. Am nächsten Morgen konnten die beiden die Gegend noch so argusäugig absuchen: Sie entdeckten nichts, was ihnen weiterhalf.
    Dennoch waren sie überzeugt, dass der Brigant sich in dieser Steinwüste versteckt hielt; sie verbrachten sechs Nächte in dieser Weltabgeschiedenheit und nahmen jeden Morgen die Suche wieder auf, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen.
    In der siebten Nacht beschloss René entmutigt, aufzugeben und am nächsten Morgen nach Maida zurückzukehren; kaum war er eingeschlafen, weckte ihn das erstickte Geräusch einer Detonation, deren Echo sich im Erdinneren fortpflanzte; René und Tomeo sprangen auf und versuchten festzustellen, in welcher Richtung der Schuss gefallen war, doch am Himmel ballten sich dunkle Wolken zusammen und verdeckten den Mond. Eine Stunde lang irrten sie umher, stolperten über spitze Steine und hielten sich fest, um nicht in Felsspalten zu stürzen. Feuchter Wind war aufgekommen, und bald waren sie schweißbedeckt. Sie glaubten ihr Ziel erreicht zu haben, als sie in wenigen hundert Schritten Entfernung hinter einem Felsriegel zwei Detonationen hintereinander vernahmen.
    Sie begannen den Felsen zu erklettern, tasteten mit Händen und Füßen nach Halt. Doch dann brach unversehens der Gewittersturm über sie herein.
    Man muss ein Gewitter im Mittelmeerraum erlebt haben, um sich eine Vorstellung davon machen zu können, mit welcher Urgewalt Wind, Regen, Donner, Hagel und Blitze wüten und toben. René und Tomeo mussten von ihrem Vorhaben ablassen; sie rutschten zum Fuß des Felsens hinunter und versuchten ihn auf verschlungenen Pfaden zu umrunden, neben denen sich gefährliche Abgründe öffneten. Der Wind trieb Wolken und Nebelschwaden über den Boden, Wasserfluten rauschten den Berg hinunter, Blitze blendeten die Verfolger, und der Donner dröhnte in ihren Ohren, bis sie sich eingestehen mussten, dass unter diesen Umständen nichts auszurichten war. Sturmgetöse und Finsternis ließen ihnen keine Hoffnung, den Bizzarro zu finden.
    Im strömenden Regen, der sie bis auf die Knochen durchnässte, machten sie sich auf den Weg zurück nach Maida. Die Wolken, die an ihnen vorbeijagten und sie einhüllten, und der heißfeuchte Atem des Schirokko bedeckten ihre Hände und Gesichter mit einem klebrigen Schweiß, der wenige Minuten darauf in der kalten Luft eisig wurde. Sie durchwateten zunehmend reißendere Bäche, die ihnen mittlerweile bis zum Knie reichten.
Dann, als fast der Morgen graute, hörten sie Rufe und sahen Lichter: Es waren Männer, die außerhalb Maidas kampiert hatten, weil sie sich Sorgen um René und Tomeo machten und sich auf die Suche nach ihnen begeben hatten.
    Man suchte die einzige Herberge des Dorfs auf, eine bescheidene Hütte, die im Tosen des Winds wackelte und in deren Inneren man durch die breiten Ritzen in den Wänden die Blitze draußen zucken sah. Im Kamin wurde ein großes Feuer entzündet, und über dem Feuer briet man an einem Haselstecken als Spieß ein mageres Huhn. Der Wirt wärmte Tücher, in die René und Tomeo sich hüllten, während das einzige saubere Tischtuch, das es gab, mit zwei angeschlagenen Tellern gedeckt wurde.
    Wiederbelebt machte René sich gerade über eine magere

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