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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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so heißt, weil in früheren Tagen dort Reiterspiele abgehalten wurden, und dann an der Mauer des Gartens des Palais Monbazon entlanggehen.
    Der Karren führte den Zug an, gefolgt von einem Dutzend Dragoner. Danach kam der Verurteilte, der hin und wieder zu mir blickte. In einem Abstand von etwa zehn Schritten folgten ihm die Gendarmen unter Leitung ihres Hauptmanns.
    Am Ende der Gartenmauer wendete der Zug sich nach links. Durch die Öffnung zwischen dem Garten und der Markthalle erblickte mein Bruder mit einem Mal das Schafott.
    Bei diesem Anblick wurden mir die Knie weich.
    ›Pah!‹, sagte Charles. ›Das ist die erste Guillotine, die ich sehe; ich wusste nicht, dass sie ein so hässliches Ungetüm ist.‹
    Und mit einer blitzschnellen Bewegung riss er seinen Dolch aus dem Gürtel und stieß ihn sich bis zum Heft in die Brust.
    Der Gendarmeriehauptmann gab seinem Pferd die Sporen und streckte den Arm aus, doch mein Bruder zog eine seiner doppelläufigen Pistolen aus dem Gürtel und zielte auf ihn. ›Halt!‹, rief er, ›es war abgemacht, dass niemand mich berührt. Ich sterbe allein, oder wir sterben zu dritt – Sie haben die Wahl.‹
    Der Hauptmann hielt inne und ließ sein Pferd einen Schritt zurück tun.
    ›Gehen wir weiter‹, sagte mein Bruder und machte sich tatsächlich wieder auf den Weg.
    Mit Augen und Ohren hing ich an dem geliebten Opfer und ließ mir kein Wort, keine Geste entgehen; ich erinnerte mich an das, was er Cadoudal geschrieben hatte, als er mich nicht unter ihm dienen lassen wollte, da er mich zu seinem Nachfolger und Rächer bestimmt hatte. In meinem Herzen gelobte ich, alles zu tun, was er von mir verlangte.
    Unterdessen ging er weiter; das Blut rann aus seiner Wunde.

    Als er das Schafott erreichte, zog Charles den Dolch aus seiner Brust und stieß ihn ein zweites Mal hinein. Er stand noch immer. ›Wahrhaftig‹, rief er zornentbrannt,›man sollte meinen, meine Seele wäre an meinen Körper gefesselt!‹
    Die Gehilfen des Henkers hoben Valensolles, Jahiat und Ribier von dem Karren.
    Valensolles und Jahiat waren tot, und ihre Köpfe fielen unter der Guillotine, ohne dass ein Tropfen Blut vergossen wurde.
    Ribier ließ einen Klagelaut ertönen: Er lebte noch. Als das Fallbeil seinen Kopf abtrennte, floss das Blut in Strömen, und ein Schauer lief durch die Menge.
    Nun war mein armer Bruder an der Reihe; er hatte mich zuletzt fast ununterbrochen angesehen.
    Die Gehilfen wollten ihm auf das Schafott helfen.
    ›O nein!‹, sagte er. ›Rührt mich nicht an. So war es ausgemacht.‹ Und er stieg die sechs Stufen hinauf, ohne zu straucheln.
    Oben angekommen, riss er den Dolch aus seiner Brust und versetzte sich einen dritten Stich. Dann erklang ein schauriges Lachen aus seinem Mund, und aus den drei Wunden spritzte das Blut.
    ›Meiner Treu‹, sagte er zu dem Henker, ›mir reicht es jetzt, sieh du, wie du zurechtkommst‹, und mir rief er zu: ›Wirst du dich erinnern, Hector?‹
    ›Ja, Bruder‹, erwiderte ich.
    Und er legte sich freiwillig auf das Brett vor dem Fallbeil.
    ›So‹, sagte er zu dem Henker, ›ist es so recht?‹
    Die einzige Antwort war das Herabsausen des Fallbeils, doch mittels der unbezähmbaren Lebenskraft, die ihm nicht erlaubt hatte, von eigener Hand zu sterben, fiel sein Kopf nicht in den Korb wie die der anderen, sondern sprang darüber hinweg, rollte das ganze Schafott entlang und fiel dann zu Boden.
    Ich zwängte mich durch die Reihe der Soldaten, die als Barriere vor der Menge standen und sie von dem Schafott fernhielten, stürzte mich auf den geliebten Kopf, bevor man mich aufhalten konnte, ergriff ihn mit beiden Händen und küsste ihn. Seine Augen öffneten sich für eine Sekunde, seine Lippen bebten unter den meinen.
    Oh, ich schwöre es bei Gott, er hatte mich erkannt.
    ›Ja, ja, ja!‹, sagte ich zu ihm, ›sei unbesorgt, ich werde dir gehorchen.‹<
    Die Soldaten wollten mich zuerst fortdrängen, doch einzelne Stimmen riefen: ›Es ist sein Bruder!‹, und man ließ mich in Ruhe.«

19
    Hector de Sainte-Hermine
    Seit zwei Stunden währte Hectors Bericht. Claire weinte so hemmungslos, dass Hector innehielt, unschlüssig, ob er fortfahren solle. Er schwieg und befragte sie mit dem Blick; auch in seinen Augen standen Tränen.
    »Oh, fahren Sie fort, ich bitte Sie!«, sagte Claire.
    »Ich würde es mir als Gnade erbitten«, sagte er, »denn von mir war noch nicht die Rede.«
    Claire reichte ihm die Hand. »Wie sehr haben Sie gelitten!«, flüsterte

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