Der Gral-Mutant
sagen Sie nicht, daß Sie meine Hilfe benötigen, das hört sich doch schöner an!“
Der Gral-Mutant erhob sich langsam und nickte. „Ja, ich benötige Ihre Hilfe, Rhet Stylon! Ich und meine Brüder benötigen gerade Ihre Hilfe! Wir werden nämlich mit dem, was für euch das Selbstverständlichste und Natürlichste ist, nicht fertig … mit dem Leben!“
„Sonst gar nichts?“ Rhet verlor seine Ironie nicht. „Dann bleibt da, wo es kein Leben gibt. Ziehen Sie sich zurück, und stören Sie unsere Kreise nicht mehr. Wir werden niemals in eure Bereiche einbrechen.“
„Ihr seid eingebrochen! Ihr tragt allein alle Schuld! Ihr wart es, ihr Menschen von der Erde, ihr ganz allein! Rhet Stylon, Sie müssen uns helfen!“
Er blieb stumm. Er versuchte, sich dieses Mal das Gesicht des Gral-Mutanten einzuprägen. Er wollte auch noch in einer Stunde sagen können wie er aussah. Aber je angestrengter er das Gesicht des Gral-Mutanten musterte, um so mehr verschwammen dessen Züge.
„Rhet Stylon, ich bin nicht zu sehen, wenn nicht ein anderer Höllenqualen auf sich nimmt, um mich sichtbar zu machen. Stylon, ihr Menschen der Erde habt es fertiggebracht, daß wir etwas kennenlernen mußten, was es früher für uns nie gegeben hat … Zeit!
Und unsere Zeit habt ihr auch zerstört! Ihr habt uns in das Leben getrieben und die Zeit genommen, unsere Zeit und uns die eure dafür gegeben. Aber was ist eure Zeit denn? Ist sie nicht das Widersinnigste, das Gefühlloseste, das Kälteste, was es nur geben kann? Habt ihr alle vergessen zu empfinden, daß ihr Sklaven der Zeit geworden seid?“
„Ich empfehle Ihnen eine Unterhaltung mit einem Philosophen, Nono! Ich bin für derartige Gespräche der schlechteste Partner. Sie haben meinen Freund erlebt, Fi Lando. Wenden Sie sich an ihn. Vielleicht ist er bereit zu helfen. Doch machen Sie nie mehr den Versuch, mit mir über zwei verschiedenartige Zeiten zu sprechen.“
Der Gral-Mutant kreuzte seine Arme vor der Brust, genauso wie jeder andere Mensch es manchmal auch tat und sagte:
„Sie wollen nicht hören, daß ich über zwei verschiedenartige Zeiten spreche, aber Sie werden doch wohl nichts dagegen haben, daß ich Ihre Erde vor der Vernichtung rettete!
Ich habe ohne jeden Auftrag in den Kampf zwischen der irdischen Schlachtflotte und diesen Piratenbooten eingegriffen. Ich habe die Piratenboote zum Abdrehen gezwungen und eines davon in die Hände von euch Menschen fallen lassen. Ihr solltet wenigstens sehen, mit welchem Feind ihr in Zukunft zu rechnen habt. Und allein durch mein Wollen war es möglich, daß Brüder von Ihnen eine neue Lebensform sehen konnten. Nur reichte euer Verstand nicht aus, um zu begreifen, daß diese neue Form niemals die Erde erreichen darf. Man wollte sie mit dem erbeuteten Piratenboot nach Terra schaffen.
Da habe ich wiederum ohne Auftrag eingegriffen und mit mir diese neue Lebensform verschwinden lassen.
Meine Brüder und ich, wir haben euch Menschen studiert. In euren Reden ist so oft und so viel von Dankbarkeit die Rede. Habe ich kein Anrecht, für mein Eingreifen Dankbarkeit zu erwarten?“
Rhet Stylon wurde es ungemütlich. Er fühlte, wie seine Position mehr und mehr geschwächt wurde. Er wurde von einer Richtung her angegriffen, aus der er niemals einen Angriff erwartet hatte. Und er wurde in einer Art und Weise bedrängt, die das Menschliche in ihm ansprach.
Aber seine Antwort kam schneidend. „Wir Menschen sind im Laufe der Entwicklung mißtrauisch geworden. Seit mehr als zweitausend Jahren sind wir dabei, das Universum zu erforschen, und wir stehen immer noch am Anfang dieser Arbeit. Wir haben bei jedem Betreten eines neuen Sternes das Mißtrauen vor uns hergeschoben, und wir sind bis auf die Ausnahmen, wo leichtgläubige Menschen nur das Gute sahen, ausgezeichnet damit verfahren. Wir haben als Sendboten einer intelligenten Rasse lernen müssen, Zurückhaltung zu üben und erst dann ein Urteil zu fällen, wenn wir das gesamte Objekt kannten. Auch das ist uns nur zum Vorteil geworden.
Und das Neue, ein Gral-Mutant, der von seinen Brüdern spricht und von seiner Notlage, das alles wird nicht nur von mir, sondern von der Gesamtheit mit Mißtrauen …“
Ihm war es verwehrt weiterzusprechen.
Er stand nicht mehr im Tiefkeller des ZNK-Hochhauses.
Er stand auf der Erde, und neben ihm stand Nono, der Gral-Mutant.
Sie standen vor der größten Nachrichtenagentur Amerikas. Rhet Stylon verstand die Absicht des Gral-Mutanten. An Ort und Stelle
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