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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Mädchen bewunderte - seiner Schönheit, seiner Stärke,
    seiner maskulinen Anmut und Attraktivität wegen.
    Es wäre untertrieben zu sagen, daß ich davon überrascht war. Ich hatte angenommen, daß meine weibliche Hälfte
    sanft, passiv und schüchtern sei. Aber, so mußte ich jetzt feststellen, sie konnte Wünsche und Gelüste genauso
    unmißverständlich wie meine männliche Hälfte zum
    Ausdruck bringen. Wieder, wie schon damals, als Becga, das Kind, erschlagen wurde, stürzte mich der Mißklang
    meiner verschiedenen Hälften in Verwirrung. Damals war es mir, das heißt meinem männlichen Teil, mit relativ wenigen Schwierigkeiten gelungen, die Empfindsamkeit des
    weiblichen Teils zu unterdrücken. Aber jetzt schien die Frau in mir die dominante Rolle zu spielen, während mein
    maskuliner Teil nur dabeistehen und mit einiger Bestürzung sehen konnte, was mit mir geschah.
    Es dauerte nicht lange, bis ich nur noch mit Anstrengung meine Hand davon abhalten konnte, Gudinands
    bronzefarbene Haut zu liebkosen oder sein lohfarbenes
    Haar zu streicheln. Schließlich mußte ich dazu sogar meine gesamte Willenskraft aufwenden, aber irgendwie gelang es mir, diese Regungen und Gefühle zu verbergen. Gudinand, das wußte ich, würde sehr erstaunt sein, vielleicht aus der Fassung geraten oder sich sogar abgestoßen fühlen, wenn er jemals einen Blick auf diese Seite von mir werfen könnte.
    Unsere Männerfreundschaft war mir zu wertvoll, um sie der kurzen und trivialen Befriedigung einer vorübergehenden Laune zu opfern. Leider war diese Laune weder eine Laune noch vorübergehend, sondern eine Sehnsucht, die immer
    mehr Besitz von mir ergriff, bis in mir ein andauerndes Verlangen brannte, das nach Linderung schrie.
    Wenn wir miteinander rangen, lag meistens ich schließlich hilflos auf dem Rücken. Obwohl ich für mein Alter und meine schlanke Gestalt stark war, war Gudinand schwerer und
    gewandter mit den Griffen und Hebeln dieser Kampfart.
    Wann immer er die Oberhand behielt, gab ich vor, ärgerlich und verdrießlich zu sein, weil ich verloren hatte. Aber in Wahrheit gefiel es mir, ihn siegreich auf mir sitzen zu fühlen, meine Handgelenke mit seinen Händen festhaltend und
    meine Beine mit seinen Beinen niederdrückend, während wir beide schwer atmeten, er ohne Schwierigkeiten meine
    Ausbruchsversuche unterband, mich angrinste und aus
    seinem schwitzenden Gesicht warmer Schweiß auf mein
    Gesicht tropfte. Die wenigen Male, da es mir gelang, ihn auf den Rücken zu werfen und siegreich seinen hingestreckten Körper unten zu halten, erfüllte mich das fast
    unüberwindliche Verlangen, mich in voller Länge auf ihn zu legen, ihn sanft statt hart zu umfassen, mich mit ihm auf dem Boden zu wälzen und ihn über mir zu spüren.
    Mir wurde - vielleicht mit ebensoviel Schrecken und
    beinahe Entsetzen wie Gudinand es wohl gefühlt hätte, hätte er es nur gewußt - eins klar. Ich wollte, daß er mich hielt, mich liebkoste, küßte, sogar sexuell besaß. Aber während mein Verstand schon vor dem Gedanken an solch absurdes Tun zurückschreckte, bebte und zitterte ein etwas weniger vernünftiger Teil meines Geistes vor Erregung, wann immer ich mir diese Dinge bildlich vorstellte. Dasselbe galt, auf eine mir gänzlich neue Weise, für meinen Körper.
    In vergangenen Zeiten, wenn ich wußte, daß Deidamia
    und ich bald ineinander verschlungen daliegen würden -
    oder vor noch nicht allzu langer Zeit, wenn ich an einem Ort wie Vesontio oder auch Constantia ein schönes Mädchen
    oder eine begehrenswerte junge Frau erspähte - verspürte ich ein seltsames, aber angenehmes Gefühl in meinem Hals.
    Ich spürte es unterhalb meines Kiefergelenks - warum dort, weiß ich nicht - und die Drüsen unter der Zunge sonderten plötzlich mehr Speichel ab, so daß ich wiederholt schlucken mußte. Ob diese besondere Reaktion auf sexuelle Reizung nur mir zu eigen war, weiß ich nicht, und ich habe nie einen anderen Mann gefragt, ob es ihm ähnlich erging. Trotzdem bin ich sicher, das es eine eindeutig männliche Reaktion war.
    Denn jetzt, in Gudinands Gesellschaft, fühlte ich eine andere, gleichfalls seltsame, gleichfalls angenehme
    Empfindung. Diese jedoch fühlte ich in und um meine Augen
    - warum dort, weiß ich ebenfalls nicht. Die Lider wurden mir schwer, aber die Augen selbst nicht schläfrig. Wenn ich in einem solchen Moment mein Spiegelbild betrachtete, dann konnte ich sehen, daß meine Pupillen weit geöffnet waren, selbst im hellsten

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