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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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Gerent dachte an die Flüsse Teschanken und Nerintsan, die nicht nur Nord und Süd verbanden, sondern auch ganz Meridanium und die gesamte östliche Hälfte Casmantiums bewässerten. Wenn der gesamte untere Teschanken austrocknete – nicht nur der Wasserstand sank, sondern gänzlich trocken wurde, wie Annachudran sagte ... »Casmantium kann ohne den Fluss nicht existieren«, sagte er leise.
    »Nicht so, wie die Bedingungen gegenwärtig aussehen«, pflichtete ihm Emre Tanschan bei.
    »Ohne die Flüsse wird ein großer Teil des Nordens zur Wüste werden«, warf ihr Gatte ein. »Nicht unbedingt zu einem Land des Feuers, aber doch zu einem Land, wo der Mensch nicht ohne Weiteres leben kann. Unser Regen kommt mit dem kühlen Wind aus den Bergen. Wenn die Greifen ihre Wüste über diese Berge hinweg ausbreiten, überlebt keine unserer nördlichen Städte. Taschan, Metichteran, Pamnarichtan – und drüben in Meridanium Alend und Teiba, Manich und Streigan und Raichboda: All die Menschen müssen dann nach Süden fliehen wie zuvor schon die Einwohner von Melentser.«
    »Die Menschen von Melentser – das war schon Vertreibung genug. Sollte sich der ganze Norden entleeren, finden wir keinen Platz mehr für uns«, sagte die Dame Emre leise.
    »Der Fluss bietet auch die Lebensgrundlage für Dachseit«, murmelte Gerent, nicht weil er jemanden direkt ansprach, sondern weil sein Verstand vorausgeeilt war und ihm Bilder präsentierte, die zu grimmig waren, um sie schweigend zu ertragen. »Und Breidechboda. Geirand wird recht gut damit fertig werden, ebenso Wenenboda und Abraikan. Oder sie würden es, kämen nicht die ganzen Flüchtlinge aus dem Norden. Und das werden so viele sein.« Er konnte sich viel zu lebhaft die Flut verzweifelter Menschen von Nord nach Süd vorstellen, die hoffnungslos alles überstieg, was der Süden aufnehmen konnte.
    Friedliche Städte wie Geirand würden einfach überrannt und zerstört werden, so sicher, als bräche eine Heuschreckenplage über das Land herein, und noch weit gründlicher. Breidechboda und Abraikan hingegen ... Er wusste, dass die großen Städte des Südens Waffen gegen die Flut der Flüchtlinge aus dem Norden in Stellung bringen würden – ihnen blieb gar nichts anderes übrig ... Gerent versuchte, sich nicht Soldaten in ihren schimmernden Reihen vorzustellen, wie sie die zerlumpten Flüchtlingsmassen erwarteten, aber die Bilder waren eindringlich und zwingend, und er konnte sie einfach nicht aus dem Bewusstsein verbannen. Er erklärte mit vor Grauen gedämpfter Stimme: »Casmantium wird zerstört werden. Es kann diesem Schlag nicht standhalten. Ein Teil wird überleben, aber ... ich denke, es wird kein Land mehr sein, das irgendeiner von uns wiedererkennt. Es wird klein und arm und schwach sein und versiert in Brutalität ...«
    Beguchren lehnte sich zurück, legte die Fingerspitzen aneinander und starrte Gerent darüber hinweg an. »Casmantium zu vernichten – das ist, glaube ich, die alleinige Absicht der Greifen«, pflichtete er ihm bei.
    »Wie können sie das nur wagen? Wie stark auch immer sie sein mögen – wie wenige Kaltmagier auch immer uns verblieben sind – wie viele Greifen existieren denn überhaupt? Einige tausend? Sie müssen doch wissen, dass wir alles an Soldaten und Magiern aufbieten werden, was wir nur haben, um das aufzuhalten ...«
    »Aufgrund einer leichten Fehlkalkulation auf unserer Seite und enorm großen Glücks auf ihrer verfügen die Greifen derzeit über einen gewaltigen Vorteil, den wir vielleicht nicht werden überwinden können.« Beguchrens leiser, gleichförmiger Stimme gelang es kaum, ein Grauen zu verhehlen, das, wie Gerent allmählich argwöhnte, seinem eigenen gleichkam.
    Alle starrten den Magier mit dem schneeweißen Haar an und warteten. Einen Augenblick lang dachte Gerent, dass Beguchren die unausgesprochene Frage der anderen nicht beantworten würde. Schließlich sagte er jedoch: »Ich denke, dass euch in, ah, groben Zügen die Ereignisse in Farabiand bekannt sind.«
    »Na ja, zumindest in groben Zügen«, antwortete die Dame Emre mitfühlend. »Es hat mich sehr geschmerzt, von deinem Verlust zu hören, Beguchren.«
    »Ja ...«, sagte der Magier und hielt inne.
    Zum ersten Mal stellte sich Gerent wirklich die Frage, wie viele Kaltmagier in Farabiand umgekommen waren: Sie alle außer Beguchren, so viel war ihm klar. Wie viele waren das? Ein halbes Dutzend? Ein Dutzend? Und wie viele davon waren persönlich mit Beguchren befreundet gewesen?

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