Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
glitzernde Eis, das diese Wüste herausforderte, war nichts, was man überhaupt verstehen konnte.
Sie gingen nicht weit, aber als sie sich umdrehten, waren die Greifen fast schon über ihnen. Die Kreaturen wirkten riesig. Gerent hatte noch gar nicht bemerkt, dass sie so groß waren. Groß wie Löwen, so schätzte er sie zunächst ein, dabei waren sie noch gar nicht ganz heran. Und so wurden sie am gewaltigen Himmel immer größer, schienen die Statur von Ponys und dann von schweren Zugpferden zu haben. Schließlich stießen sie mit entsetzlicher Geschwindigkeit und Furcht erregenden Schreien herab: prachtvolle und erschreckende Kreaturen aus Bronze und Kupfer, Gold und Gagat, ausgestattet mit grausamen Klauen und strahlenden nichtmenschlichen Augen. Das Feuer, das sie mitbrachten, verstreute sich jedoch harmlos in Beguchrens kaltem Wind, und die Männer hielten stand. Ihre Speerspitzen glitzerten wie Eiszapfen im Sonnenlicht; Pfeile stiegen pfeifend empor, nur ganz wenig zu Anfang und dann mehr. Die meisten Männer waren zu benommen gewesen, um sofort zu schießen. Als er die Pfeile aufsteigen sah, bemerkte Gerent, ohne groß darüber nachzudenken: »Ich hätte diese Pfeile anfertigen sollen – oder wenigstens einige davon ...«
»Dafür reichte die Zeit nicht«, entgegnete Beguchren. »Ich habe meinen Namen und meine Absichten in diese Pfeile eingeprägt. Das ist nicht ganz das Gleiche, als hätte man sie für diesen Zweck geschaffen, aber es wird helfen.«
Statt sich durch den Pfeilhagel auf die bereitgehaltenen Speere zu stürzen, schwenkten die Greifen seitlich ab und stiegen rasch wieder in größere Höhe. Sie schrien jetzt nicht mehr, sondern waren still. Gerent hörte jedoch den Wind, der durch ihre mächtigen Schwingen rauschte und sich anhörte wie steifes Tuch in kräftiger Brise oder, für eine ausreichend rege Vorstellungskraft, wie das Tosen von Feuer. Die Pfeile erreichten die Greifen nicht, sondern regneten wieder herab. Jedes einzelne Geschoss ging in Flammen auf, ehe es im Sand aufschlug.
»Wir haben sie abgewehrt«, sagte Gerent zu Beguchren und stellte fest, dass seine Stimme zitterte. Er schämte sich dessen nicht einmal. Dann sprach er das aus, was wohl genauer der Wahrheit entsprach: »Du hast sie abgewehrt.«
Der Kaltmagier schien ihn kaum zu hören. Er hatte den Kopf weit im Nacken liegen und starrte mit fast erschreckender Konzentration zum Himmel hinauf. »Er ist nicht hier«, erklärte er, weniger zu Gerent, als vielmehr zu sich selbst. » Sie ist nicht hier, weshalb sie auch abgeschwenkt sind. Wo sind die zwei? Denken sie vielleicht, dass meine Herausforderung nicht ernst gemeint ist?«
Gerent wusste die Antwort nicht.
»Sie werden noch auf mich reagieren, und wenn ich dazu jedes einzelne Sandkorn in gute Erde und jede aufsteigende Flamme in einen Eissplitter verwandeln muss!«, verkündete der Magier und gab Annachudran einen scharfen Wink.
Der Gelehrte rief seinen Hauptleuten einen Befehl zu, und die Truppe marschierte los und folgte weiter dem ausgetrockneten Flussbett nach Nordwesten, die Gebirgsausläufer hinauf. Die Speerspitzen bewegten sich auf dem Marsch wie eine blitzende Welle, die über einen See lief. Niemand rief etwas; selbst die Befehle der Offiziere klangen gedämpft. Wie bei einer Heerschau vor ihrem Fürsten, so wandte sich jede einzelne Reihe der Marschkolonne zu dem Kaltmagier um, wenn sie an seiner Position vorbeikam. Um daraus Zuversicht zu beziehen, wie Gerent wusste. Nach seiner bewusst stolzen Haltung zu urteilen, wusste Beguchren es auch. Als alle an ihnen vorbeigezogen waren, setzten sich auch Gerent und der Magier in Bewegung.
Die Greifen zogen ihre Bahnen in großen Kreisen, mal in sehr großer Höhe, mal so tief, dass die langen Federn der Flügelspitzen förmlich über den Sand strichen. Sie näherten sich der Truppe jedoch nur bis auf Bogenschussweite. Sie waren prächtig und furchtbar. Das Gefieder hätte aus Bronze getrieben und mit Kupfer oder Gold verziert sein können; kräftige Muskeln spielten unter den löwenhaften Hinterhänden, die so golden glänzten wie das edelste Metall. Die Schnäbel und Klauen blitzten wie Messer, und die grimmigen Augen waren von flammendem Gold oder schwarz wie Kohle oder erinnerten an glänzendes Kupfer. Ein Greif war gänzlich weiß – so weiß wie die heißeste Flamme aus der grimmigsten Esse –, ein anderer von fast reinem Schwarz, aber mit goldenen Balken auf den langen Schwingenfedern und goldenen
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