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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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auf den Federn das Licht von der Glut des Lagerfeuers auf, oder Flammen flackerten tatsächlich zwischen diesen Federn – Tehre konnte es nicht unterscheiden. Dann sprang der Greif vorwärts und in die Höhe. Der Wind, den die schlagenden Flügel erzeugten, peitschte glutheiß und trocken auf Bertaud und Tehre ein. Sie stolperte und stellte fest, dass der Fürst und sie sich unvermittelt in einer Nacht wiederfanden, die völlig anders war als jene, die sie gerade zurückgelassen hatten.
    Die Sterne am Himmel wirkten hell und hart wie Diamanten, ganz anders als die zart funkelnden Gestirne über dem Land der Erde. Die Landschaft hier war viel stärker zerklüftet als das Felder- und Wiesenland zwischen Dachseit und Breidechboda. Hohe Berge zeichneten sich scharf vor dem Himmel ab, erkennbar an den Sternen, die sie verdeckten. Sand bewegte sich trügerisch unter den Füßen der Menschen, und eine Hitze stieg auf, als stünden sie auf glühenden Kohlen. In gewisser Weise taten sie das auch, wie Tehre auf einmal klar wurde: Sie spürte mit dem Sinn der Schaffenden für Materialien, wie geschmolzenes Gestein langsam unter dem Sand aufquoll – und das gar nicht so tief.
    Ein von Feuer durchsetzter Wind drang auf sie ein, sodass Tehre aufschrie und vergebens Funken abzuwehren versuchte, die sich ihr auf Haare und Schultern senkten. Fürst Bertaud klopfte winzige schwelende Flämmchen an ihrem Rücken und in ihrem Haar aus, und Tehre tat schnell das Gleiche für ihn. Sie musste sich auf Zehenspitzen stellen, um ein kleines Feuer zu ersticken, das sich einen Weg über Bertauds Schulter zum Hals bahnte.
    Dann erhob sich ein ganz anderer Wind, der diesem brennenden Land völlig fremd war: ein Wind des stechenden Eises. Und alles Feuer über und unter ihnen erstarb.
    Irgendwo ganz nahe schrie ein Greif wie ein jagender Falke. Tehre zuckte zusammen und starrte in die Richtung, aus welcher der Laut gekommen war. Sie entdeckte zwar den Greifen nicht, der über ihnen geschrien hatte, aber zum ersten Mal bemerkte sie, dass sie hier ein wenig sehen konnte. Nicht aufgrund des Sternenlichts, obwohl von jedem Stern eine winzige Spur Wärme und Licht auszugehen schien, sondern durch ein brennendes Leuchten, das anscheinend von den Greifen ausging, die in großer Höhe ihre Bahn zogen, außerdem von dem Wind, der sie trug, und dem kalten Licht, das sich ihnen zum Trotz von einer nahen Hügelflanke ausbreitete. Die Quelle dieses Lichts war natürlich Beguchren Teshrichten, der silberne Strahlen aussandte. Unweit des Kaltmagiers kauerte ein weiterer, viel größerer Mann: Gerent, wie Tehre vermutete. Über ihnen stieg – zwischen den Menschen und den hoch fliegenden, tödlichen Greifen – die dunkle Gestalt Kairaithins auf: Der feurige Wind seiner Schwingen begegnete dem kalten Wind Beguchrens, stoppte ihn und trieb ihn zu dem Magier zurück.
    Unterhalb von Tehre und Fürst Bertaud, weit unten am Hang, drängte sich eine kleine Anzahl Soldaten in Leder- und Kettenpanzern, und glitzernde Speerspitzen ragten über ihnen auf. Greifen kreisten wie Falken über ihnen und warteten nur darauf, dass Kairaithins Kraft die von Beguchren überwältigte, um sich dann herabzustürzen und nach Belieben zu töten.
    »Er wird sie aufhalten«, sagte Tehre, mehr zu sich selbst als zu Fürst Bertaud. Sie bemerkte erst, dass sie etwas gesagt hatte, als sie die eigene Stimme hörte, die in den ungeheuren Weiten der Wüste so schwach klang.
    »Das denke ich nicht«, entgegnete der Mann aus Farabiand grimmig. Er ging einen Schritt weit bergan, auf den Kaltmagier zu, zögerte dann und blickte stattdessen den Hang hinunter zur bedrohten Truppe.
    »Nein, hier entlang«, wies Tehre ihn an. Sie packte ihn an der Hand und zog ihn hangaufwärts. Als er nach wie vor zögerte, setzte sie drängend hinzu: »Wenn Beguchren fällt, bricht alles zusammen! Alles hängt von ihm ab. Wenn wir ihm helfen können, sollten wir genau das tun!«
    Das war logisch und offensichtlich, und Fürst Bertaud gab nach. Gemeinsam liefen sie nach oben, Hand in Hand wie ein Liebespaar, und stützten einander, wenn der feurige Wüstenwind aus der einen Richtung auf sie einstürzte oder der eisgeladene kalte Wind aus der anderen auf sie einhämmerte. Kairaithin und Beguchren schienen von den beiden keine Notiz zu nehmen: Weder half ihnen einer der Magier, noch behinderte einer von ihnen sie. Endlich kämpften sie sich zu Beguchrens Position hoch. Der Kaltmagier beachtete sie weiterhin nicht.

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