Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
beruhigen. Der Rest vom Likör, sagst du? Meine Liebe, müssten die Brombeersträucher nicht bald Früchte tragen? Vergessen wir nicht, die Kinder so bald wie möglich zum Beerensammeln zu schicken, ja? So, Gerent, gedenkst du, bis Dachseit mit Sicheir zu reisen, oder ziehst du lieber allein nach Süden?«
»Ich denke, der Weg von Taschan nach Dachseit ist für einen einzelnen Reisenden derzeit wohl zu gefährlich.«
Annachudran nickte ernst. »Das ist er leider. Wir müssen wirklich bald mal etwas gegen all diese Banditen unternehmen. Also begleitest du Sicheir? Gut. Ich hoffe wirklich, dass du mit meiner Tochter zusammenarbeiten kannst.«
Gerent gestattete sich ein leises Lächeln. »Ich bin sicher, dass sie es unmöglich finden wird, mich zu vergrämen.«
Die Dame Emre lächelte ihn warmherzig an, und Annachudran lachte. Er wedelte mit der Gabel. »›Drei Dinge bestehen unerschütterlich: der gleichgültige Himmel, die Summen der Mathematik und ein Mann, der zu weise ist, um stolz zu sein.‹ Obwohl ich mir schon immer dachte, dass ›stolz‹ nicht ganz der passende Begriff ist, den Teirenchoden in diesem Zusammenhang hätte wählen sollen.«
»Vielleicht ›Selbstgefälligkeit‹«, schlug die Dame Emre vor. Ihr ironischer Blick auf Gerent deutete ihren Verdacht an, dass das Leben einen Sklaven wie ihn gelehrt hatte, wie entbehrlich die Selbstgefälligkeit war. Gerent schlug die Augen nieder, um ihrem allzu scharfsichtigen Blick zu entgehen.
»Sehr wahrscheinlich«, pflichtete ihr Annachudran bei. Er lehnte sich zurück. »Gerent, ich habe auch Geld für dich; genug, um Breidechboda zu erreichen und dich durchs Stadttor zu bringen. Breidechboda ist kein sehr freundliches Pflaster für einen Bedürftigen. Wenn du also für Tehre arbeitest, vergiss nicht, sie an eine angemessene Bezahlung zu erinnern.«
»Du warst schon sehr großzügig ...«
»Mein Freund, falls ich zu großzügig bin, kann ich nur hoffen, dass du mir vergibst und mir eines glaubst: Ich habe nicht vor, dich durch die Bande der Dankbarkeit einem Zwang zu unterwerfen.«
Gerent blinzelte. Schließlich sagte er: »Benricht Maskeirien. Ein Zitat aus einem seiner Epen ...«
»Ja, der Engeireskan -Zyklus. Sehr gut.« Annachudran hielt kurz inne, bevor er mit freundlicher Stimme hinzufügte: »Ich würde niemals den Versuch wagen, Maskeiriens Worte zu verbessern.«
Gerent dachte über die Worte des Älteren nach. »Falls mich die Bande der Dankbarkeit zwingen, dann nur, weil ich mich so entschieden habe.«
Annachudran schwieg einen Moment lang. Dann stand er auf, kam zu Gerent herüber und legte ihm zwei Finger an die Wange, und zwar genau dort, wo das Brandzeichen gewesen war. »Solange ich das nicht bedaure, denke ich, kann ich dir so weit vertrauen.«
»Das kannst du«, versprach ihm Gerent. Er begegnete dem ironischen Blick der Dame Emre und schloss sie in dieses Versprechen mit ein.
Kapitel 3
Gerent machte sich in Begleitung Sicheir Annachudrans und eines halben Dutzends Waffenknechte auf den Weg. Von Annachudrans Haus waren es zwölf Meilen in südlicher Richtung bis Taschan. Da sie das Haus des Gelehrten nicht vor Mittag verlassen hatten und nicht in Eile waren, verbrachten sie die Nacht in einem Gasthof der Stadt. Niemand schenkte Gerent irgendeine Beachtung. Reisende, die Taschan passierten, zogen keine Aufmerksamkeit auf sich, nach dem Durchzug der Flüchtlinge aus Melentser zweifellos erst recht nicht. Dieser Mangel an Interesse war sogar noch schätzenswerter als ein bequemes Bett.
Von Taschan waren es nur etwa fünfzehn Meilen bis Metichteran weiter südlich, und das auf einer durchgängig gut ausgebauten Straße. Dort wurde der Fluss Teschanken von seiner nördlichsten Brücke überspannt, die von Ost-Metichteran nach West-Metichteran führte. Gerent betrachtete die Brücke mit Interesse, während sie den Fluss überquerten.
Diese Brücke war erbaut worden, damit Casmantium für die Invasion Meridaniums sein halbes Heer aus dem Norden gegen die meridanischen Streitkräfte senden konnte. Casmantische Erbauer errichteten die Brücke über den Fluss in einer einzigen Nacht und dem folgenden Tag, wie es im Epos von Sichan Meiregen erzählt wurde, und die Soldaten Casmantiums fielen anschließend über die Heere Meridaniums her wie Schnitter über ein Weizenfeld. Meridanium verlor seinen König und seine Unabhängigkeit; seitdem war es nichts weiter als eine casmantische Provinz unter vielen. In der friedlicheren Zeit, die
Weitere Kostenlose Bücher