Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
schockiert! Schockiert. Manipulation des Brandmals einer solch verrufenen Person ... Eindeutig zu dem Zweck, das Fluchgelübde für deine eigenen Zwecke zu verstecken ... Jeder wäre darüber zutiefst erschüttert. Ich glaube aber, dass wir in dieser Angelegenheit zu einer Verständigung gelangen können. Vorausgesetzt, du bist wirklich schlau.« Er hielt erneut inne.
Tehres Gesicht war ausdruckslos. Ihr Blick ruhte auf Fellestedens Miene, aber sie sagte nichts.
»Derich«, säuselte Fellesteden. »Derich, überzeugen wir uns lieber davon, dass dieses Haus gesichert ist. Die hochverehrte Fareine wird uns, davon bin ich überzeugt, dabei helfen. Bleibe du bitte hier, hochverehrte Dame. Du könntest diese wenigen Augenblick gut dafür nutzen, über deine Lage nachzudenken. Wir können hoffen, dass du deinen Ruf, schlau zu sein, zu Recht trägst. Praktische Klugheit wird dir derzeit viel größere Dienste leisten als Widerstand.« Er gab seinen Männern einen Wink, zog sich zurück und schloss die Tür leise hinter sich.
Tehre hatte die kleinen Fäuste in lautlosem Zorn geballt und funkelte die Tür eine ganze Weile lang an. Dann wandte sie den Blick auf Gerent. »Dieser Mann«, sagte sie in gepresstem Ton, »dieser Mann wird mich beschuldigen, ich hätte dich ihm gestohlen. Nein. Du kommst aus dem Haus meines Vaters. Er wird meinen Vater beschuldigen, er hätte dich ihm gestohlen.«
»Ich werde das abstreiten«, versprach ihr Gerent.
Tehre schüttelte jedoch den Kopf. »Was würde das nützen? Niemand wird auch nur auf irgendetwas hören, was du sagst. Fürst Fellesteden ist ein mächtiger Mann: Er hat mächtige Freunde – Freunde bei Hofe –, weshalb ich ja auch bestrebt war, ihn als Gönner zu gewinnen! Jemand hat dein Brandmal entfernt, und dann tauchst du in meinem Haus auf? Es kommt nicht darauf an, was du sagst – es kommt kaum darauf an, was ich sage. Sollte Perech Fellesteden Anschuldigungen gegen meine Familie vorbringen, wird alle Welt ihm glauben – nicht uns!«
»Es tut mir leid ...«
»Das wird kaum helfen.« Tehre starrte ihn weiter an, der Blick voller Nachdenklichkeit und Zorn. Unvermittelt fragte sie: »Wer hat nun dein Brandmal entfernt?«
Gerent antwortete nicht.
Tehre presste die Lippen zusammen. Sie sah sich rasch im Zimmer um und überlegte. Nach wie vor war nur eine Tür vorhanden, und Fellestedens Männer bewachten sie gewiss; und Tehres weibliches Hauspersonal war sicherlich gründlich überfordert, was Widerstand gegen Fellestedens Gefolge anging. »Das ist vollkommen rechtswidrig!«, erklärte Tehre wütend. Und hilflos.
»Binde mich«, sagte Gerent plötzlich. Als sich Tehre herumwarf und ihn anstarrte, fuhr er fort: »Binde mich! Warte nicht darauf, dass Fellesteden es tut! Du kannst sagen ... Du kannst dir irgendetwas ausdenken, was du dem Richter erzählst.« Gerent hielt einen Moment lang inne und überlegte, was Tehre plausiblerweise behaupten konnte. »Du kannst sagen, du hättest mich legal erworben. Du kannst sagen, ich hätte kein Brandmal getragen, als du mich erwarbst. Du seiest Menschen gegenüber zu vertrauensvoll: Als der Mann, der mich verkaufte, behauptete, der Richter hätte befohlen, mein Gesicht nicht zu zeichnen, hast du ihm geglaubt. Und ich hätte dem nicht widersprochen, weil ich nicht wollte, dass das Brandmal erneuert wird. Jeder würde das glauben! Fellesteden wird zwar sagen, ich wäre ungebunden gewesen, als er mich in deinem Haus antraf, aber dann steht sein Wort gegen deines, und ich werde jedem Richter schwören, dass er lügt. Ich sage alles, was du möchtest; ich werde alles verschweigen, was du möchtest. Du musst jedoch verhindern, dass Fellesteden mich beansprucht. Sollte er mich binden ...«
Er brauchte diesen Gedanken nicht zu Ende zu führen. Tehre suchte bereits in der Bibliothek nach irgendetwas, womit sie ihn binden konnte. Gute Silberketten lagen nicht bereit, aber sie wusste augenscheinlich, dass man Ketten im Grunde nicht brauchte. Aber auch so etwas wie eine gute Schnur war nicht greifbar. Sie blieb stehen und biss sich auf die Lippe. »Wo ist Stickzeug, wenn man es braucht?«, fragte sie sich selbst. Dann blinzelte sie, griff sich an den Kopf und zog die Haarnadeln hervor. Die Haare fielen ihr auf die Schultern herab, dunkel und dicht und goldglitzernd.
»Das ist aber nicht sehr stark ...«, begann Gerent.
Doch Tehre unterbrach ihn. »Für mich reicht es. Siehst du außerdem sonst noch etwas, das ich benutzen könnte?«
Das tat
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