Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
durch Mitempfindung, denn sie war zu weit entfernt, um verletzt worden zu sein ... Gerents Messer bohrte sich in Derichs Kreuz, tat dies mit einer Wucht und Präzision, wie er sie vielleicht in normale Übungen mit einer Strohpuppe investiert hätte, während er Wurfmesser anfertigte.
Diesmal waren es eindeutig Schmerzen, die Derich aufschreien ließen.
Da war Gerent schon über ihm. Eine mächtige Hand packte Fareines Bronzeschwan, und als Gerent mit der Statue wie mit einem Prügel ausholte, geschah dies mit viel mehr Wucht, als die alte Frau jemals hätte aufbringen können. Und er zielte besser. Es erforderte nur einen Schlag.
Dann hielt Gerent nach Fellestedens zweitem Gefolgsmann Ausschau. Er entdeckte den Waffenknecht sofort, denn er lag noch an der Stelle, wo er gefallen war, als Gerent ihm gegen den Kehlkopf geschlagen hatte. Er rührte sich nicht. Also war der erste Treffer schon hart genug ausgefallen. Kein weiterer Feind hielt sich im Zimmer auf. Und Fellesteden war ... Ja, wie Gerent mit einem prüfenden Blick auf seinen alten Besitzer feststellte, war Perech Fellesteden tot.
Sie waren in Sicherheit.
Nachdem Gerent dies festgestellt hatte, konnte er zunächst gar nicht glauben, was geschehen war – was er getan hatte, was irgendeiner von ihnen getan hatte. Er stützte sich mit den Händen auf die Knie, senkte den Kopf und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
Tehre sagte matt: »Das war ... Wir sind ...« Sie brach ab, schloss die Augen und atmete tief. Im Zimmer stank es nach Blut und Grauen, und die Blässe in Tehres Gesicht vertiefte sich noch mehr. Sie öffnete die Augen rasch wieder.
Gerent ging zu ihr und fasste ihr unter einen Ellbogen. »Noch ist nicht die Zeit, um in Ohnmacht zu fallen«, drängte er sie. »Obwohl du es verdient hättest, sie dir zu nehmen – Erde und Eisen!« Er drehte den Kopf. »Wie viele Männer hat Fellesteden mitgebracht? Weißt du es, Fareine? Wir wissen nicht, was sie tun, nachdem ihr Herr jetzt tot ist ...«
Fareine straffte die Schultern. »Sie werden fortgehen«, erklärte sie. »Sie werden das Haus verlassen! Genau das werden sie. Ihr Herr ist rechtswidrig in das Haus der hochverehrten Dame Tehre Annachudran eingedrungen und hat sie und ihren Haushalt bedroht! Die hochverehrte Dame hat jedes Recht, Anklagen, ernste Anklagen gegen den Herrn Fellesteden vorzubringen! Oder seine ... seine Erben und seinen Nachlass, vermute ich.« Sie richtete den Blick kurz auf die Leichen und wandte ihn wieder ab. Dann richtete sie sich zur vollen Größe auf und funkelte Gerent hochfahrend an, wenngleich sie noch immer zitterte.
»Das ... ist ein möglicher Standpunkt«, räumte Gerent ein. Auch er fühlte sich schwach und erschüttert, aber er konnte sich ein Lächeln über Fareines steifen Tonfall nicht verkneifen. »Besonders wenn die Stadtstreife den Ort des Geschehens in Augenschein nimmt. Denkst du ...?«
»Wir können sie rufen«, erklärte Tehre. »Fareine, du kannst ... Nein. Ich weiß nicht, wie du das Haus verlassen solltest. Die übrigen Männer Fellestedens behalten sicher die Türen im Auge.« Sie rieb sich die Stirn, versuchte eine Lösung zu finden.
»Wie viele sind es? Wissen wir das?«, fragte Gerent Fareine.
»Ungefähr ... ungefähr zehn«, antwortete die alte Frau unsicher. Sie warf unwillkürlich einen Blick auf den Mann mit dem eingedrückten Kehlkopf und zuckte zusammen, gestattete sich aber nicht zurückzuweichen. »Oder neun, vermute ich. Sie halten sich in der Küche auf, in Tehres Arbeitszimmer, im Garten ... Er hat überall welche hingeschickt ...«
»Im Tagesraum der Dienstboten auch?«
»Ja. Ich sagte euch ja, sie sind überall ...«
Gerent schloss seine Hand um die Schulter der Frau und schüttelte sie sehr sanft. »Neun Männer können nicht überall sein. Die Schlafzimmer?«
Fareine dachte nach. »Nein«, antwortete sie schließlich in überraschtem Ton. »Ich denke, dort sind keine. Tehres Zimmerflucht liegt gleich den Flur hinab, weißt du, und man hat dort den Blick auf den Zugangsweg zum Haus frei. Und diese Eisenlampen bieten sich als gute Trittleitern an ... Tehre hat sich früher immer dort hinausgeschlichen, als sie noch ein kleines Mädchen war und ihre Familie hier wohnte.«
»Das hast du bemerkt?«, fragte Tehre verwundert, und Fareine bedachte sie mit einem ironischen Blick.
Gerent hätte sich sehr gern erkundigt, warum sich Tehre als Kind aus dem väterlichen Haus geschlichen hatte, aber wahrscheinlich war das
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