DER GREIFENMAGIER: Gesetz der Erde
Keckheit entschuldigen möchtet …«
»Falls Ihr bitte …«, korrigierte ihn Bertaud streng.
König Iaor hob eine Hand, und alle wurden still.
Ein widerwilliges Lächeln umspielte Bertauds Lippen. »Du gestattest mir nicht, sie auszuschelten?«
Trocken antwortete der König: »Wenn Erich sich hier zu uns gesellen soll, dann kann ich mir keinen denkbaren Grund vorstellen, warum es deine Cousine nicht auch tun sollte.« Er blickte das Paar lange an und setzte hinzu: »Falls ich euch jedoch fortschicke, erwarte ich, dass ihr widerspruchslos meiner Anweisung folgt.«
Sowohl Erich als auch Maianthe nickten ernst.
Der König erwiderte die Geste mit einem ebenfalls ernsten Nicken. Dann betrachtete er Tan lange und mit unmöglich zu deutender Miene. Schließlich sagte er: »Teras, Sohn von Toharas?« Zu Tans Erleichterung verriet sein Ton, dass er ihn erkannte und leicht erheitert war.
»Ich trug einst diesen Namen«, erwiderte Tan ein wenig entschuldigend. »Seit etlicher Zeit jedoch nicht mehr, wie ich gestehe.«
»Wohl wahr«, stimmte ihm der König zu. »Obwohl ich mich daran erinnere. Dein tatsächlicher Name hat mich jedoch bewogen, dich anzuhören.« Er setzte sich auf den Stuhl und zog die Brauen hoch. »Nun? Wenn ich es richtig verstanden habe, wolltest du mich eigentlich in Tihannad aufsuchen? Du bist weit vom Weg abgewichen.«
»Zum Glück ist es Eure Majestät ebenfalls«, sagte Tan geschmeidig. Er blickte sich zu seinem Trupp Wärter um. »Ihr wollt mich sicher privat sprechen. Oder zumindest privater als hier.« Er überlegte, den König darum zu bitten, dass er auch dencasmantischen Prinzen und Bertauds Cousine fortschickte, aber er erwartete, dass Iaor dies ablehnen würde. Und zumindest konnte Tan fast sicher sein, dass keiner von beiden ein Linulariner Agent war.
König Iaor legte den Kopf schief und warf einen Blick auf Bertaud. Der Fürst nickte dem Hauptmann zu. »Ihr und Eure Männer könnt draußen warten.« Als der Hauptmann seine Missbilligung durch eine finstere Miene ausdrückte, setzte Bertaud hinzu: »Falls Ihr bitte so gut sein würdet, Hauptmann Geroen.«
Aus Missbilligung wurde regelrechter Starrsinn. »Nein, mein Fürst. Während Seine Majestät im Raum ist und Eure Cousine?«
»Wir kennen diesen Mann«, erklärte Bertaud geduldig.
»Nein, das tut Ihr nicht – verzeiht bitte meinen Einspruch. Vielleicht habt Ihr ihn einmal gekannt, aber inzwischen war er in Linularinum, nicht wahr? Jahrelang, oder nicht? Und er ist jemand, den meine Männer wegen Körperverletzung und Mord festgenommen haben! Zwei Leichen lagen zu seinen Füßen, als sie ihn fanden, während er selbst unverletzt war!«
Bertauds Augenbrauen stiegen hoch. Der König lehnte sich auf dem Stuhl zurück und legte einen gekrümmten Finger auf die Lippen. Erich grinste unverblümt, aber Maianthe wirkte ernst und ein wenig betrübt. Die Wachleute starrten allesamt ihren Vorgesetzten fassungslos an.
Der Wachhauptmann fuhr grimmig fort: »Mein Fürst, weder Ihr noch Seine Majestät, noch die Dame Maianthe bleiben allein mit einem gefährlichen Gefangenen zurück, solange ich Hauptmann der Gefängniswärter bin. Und ich will auch nicht dieses Amt niederlegen. Ihr könnt mich entlassen, wenn es Euch gefällt. Falls Ihr das jedoch tut und zugleich Vernunft walten lasst, mein Fürst, werdet Ihr nach jemandem rufen, dem Ihr vertraut, ehe Ihr mit diesem Mann redet. Vielleicht Dessand oder Eniad. Oder Männer Seiner Majestät.« Er blickte Bertaud finster an.
»Ich denke«, sagte Bertaud nach einer kurzen Pause freundlich, »dass Ihr besser selbst bei uns bleibt, Hauptmann.«
Hauptmann Geroen nickte knapp.
»Wenn Ihr dann so freundlich wärt, die Hände des Gefangenen zu befreien und Eure Männer hinauszuschicken …«
»Und Ihr werdet auch nicht diese Handschellen entfernen lassen, mein Fürst, nicht ohne einen weiteren meiner Männer hier bei Euch zu behalten! Nein, es würde ihm nicht schaden, das Eisen etwas länger zu tragen.«
Diesmal dehnte sich die Unterbrechung in die Länge. Schließlich erwiderte der Fürst mit wohlüberlegter Geduld: »Vielleicht gestattet Ihr mir zumindest, Eure Männer zu entlassen?«
Geroen bewegte die Kiefer. Seine wuchtigen Gesichtszüge waren für eine um Verzeihung heischende Miene nicht geeignet, aber er sagte rau: »Ich würde einen meiner Männer für Widersetzlichkeit auspeitschen lassen, mein Fürst, ganz gewiss würde ich das. Ich bin bereit, eine Auspeitschung auf Euren Befehl
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