Der Grenzgänger
Intermezzos außerhalb der ehelichen Beziehung?“ Er war wahrscheinlich der Mann, den Fleischmann in dem Erpresserschreiben als Freund Langerbeins bezeichnet hatte.
Schmitz zitterte, er hatte keine Kraft, sich zu wehren oder zu verteidigen.
„Woher wissen Sie das?“, flüsterte er.
„Spielt das eine Rolle?“, hielt ich bestimmend dagegen. „Ist es nicht so, dass jemand von Ihnen und Langerbeins Informationen haben wollte, die er für Romane verwenden konnte?“ Ich erachtete es für müßig, ausdrücklich auf die mitgefilmten Sexspielchen und den Brief Fleischmanns an Langerbeins hinzuweisen. Schmitz war gemeinsam mit Langerbeins dem scheinheiligen und hinterhältigen Schreiberling auf den Leim gegangen und hatte nicht den Mut gehabt, sich bei der Polizei zu offenbaren.
„Sie brauchen mir nur zu bestätigen, dass ich Recht habe. Das genügt mir schon.“
Schmitz nickte stumm und blickte verschämt auf den Boden, in den er wohl am liebsten auf der Stelle versunken wäre. „Sie haben also Langerbeins mit Informationen aus dem Umfeld Gerstenkorns versorgt und Langerbeins hat diese Informationen an Fleischmann weitergegeben. Stimmt’s?“
Wieder nickte Schmitz schwach.
„Sie haben sich erpressen lassen und Ihren Chef verraten.“ Ich triumphierte innerlich. Ich war fast am Ziel und wertete das erneute Piepsen im Ohr als positives Zeichen. „Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?“
Das Häufchen Elend sah mich nervös an. Seine Antwort ließ mich an seinem Verstand zweifeln: „Ich wollte meine Beamtenlaufbahn nicht gefährden“, flüsterte er. „Als persönlicher Referent Gerstenkorns bin ich mehrmals befördert worden.“
„Und jetzt? Jetzt ist Gerstenkorn weg. Jetzt können Sie doch frei reden.“
Schmitz schüttelte den Kopf. „Es ist besser, wenn ich schweige, sonst kann ich gleich den Koffer packen.“ Er fürchtete offenbar den langen Arm Gerstenkorns, der ihn auch noch aus dem Ausland packen könnte.
„Brauchen Sie nicht“, meinte ich im ruhigen Tonfall, „ehe Sie sich versehen, sind Sie ein toter Mann. Oder finden Sie es nicht merkwürdig, dass Langerbeins sterben musste und ich beinahe erschossen worden wäre? Wir drei haben eines gemeinsam, wir sind Fleischmann alias van Dyke und Gerstenkorn sehr nahe gekommen.“ Ich winkte lässig mit der Hand. „Ich würde auf Ihr Überleben keinen angeschimmelten Pfifferling mehr verwetten, Herr Schmitz.“
Der Mann war wirklich eine leicht zu knackende Nuss. Er sprang prompt auf meine plumpe Masche an und gab das Spiel schon verloren, obwohl es noch gar nicht richtig begonnen hatte.
Es war eigentlich unvorstellbar, dass der Angsthase eine Hauptrolle spielen sollte. Aber so war es wahrscheinlich. Ich würde darauf wetten, dass ein „S“ in Renates Soziogramm für Schmitz stand.
„Also gut“, stotterte er leise und resignierend. „Fleischmann hat Langerbeins und mich mit einem Porno erpresst. Erst hat er uns heiß gemacht und uns zu einer Sexparty in sein Haus eingeladen, dann hat er uns gedroht, Bilder von uns zu veröffentlichen.“
Fleischmann hatte Informationen aus der Politszene haben wollen, die Schmitz ihm über Langerbeins lieferte. Er hatte die Fakten über Gerstenkorn geliefert, die Fleischmann in seinen Romanen verwertete. „Gerstenkorn hat sich nicht immer genau an den Wortlaut der Gesetze gehalten. Ich habe selbst Telefonate mitbekommen, in denen er mit Landesministerien oder Unternehmen mauschelte. Aber er war immer schlau genug, keine Beweise zu hinterlassen, und gerissen genug, alle in seine Geschäfte einzubeziehen, die ihm gefährlich werden konnten.“ So war Schmitz im Laufe der Zeit immer mehr zum Mitwisser geworden, dessen Wohl und Wehe von der Gefälligkeit des politischen Alleinherrschers abhängig war. Schmitz schluckte schwer. „Und er hat mir deutlich gemacht, dass er mich finanziell und körperlich ruinieren würde, wenn ich nicht die Klappe halten würde.“
In seiner Art war Schmitz nicht zu beneiden. Zum einen hatte er Angst vor Fleischmann wegen des Pornos, zum anderen fürchtete er sich vor Gerstenkorn wegen dessen politischer Skrupellosigkeit. Und zu allem Übel musste der korrupte Hasenfuß damit rechnen, dass ihm das bisschen Leben von einem Unbekannten genommen wurde, der auf immer noch unerklärliche Weise in diese vertrackte Geschichte verstrickt war.
Je länger Schmitz redete, umso mehr hatte ich das Gefühl, er war froh, sich erleichtern zu können. Nur fehlten die Beweise, mit denen er
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