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Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mann
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die Ruine eines kleinen Bauernhauses, aber nicht wie die Geburtsstätte eines mächtigen Reiches. Es ist aber eine friedliche Insel ohne Autos; es gibt nur ein paar Dörfer und wunderbare Aussichten über den See auf die Hügel und das Gebirge am anderen Ufer.
    Wieder zurück in Copacabana kaufte Mark einen Wollponcho, der zu seinem Filzhut passte. Den restlichen Tag verbrachte er damit, Clint Eastwood zu spielen. „Wisst ihr, mein Esel hat den verrückten Eindruck, dass ihr ihn auslacht“, sagte er in gedehntem Ton zu den Campesinas mit ihren kleinen Tomatenpyramiden. Sie sahen ihn verständnislos an. Wir trafen Dave, einen jungen amerikanischen Arzt, der in einem Krankenhaus in La Paz arbeitete. Er war nach Bolivien ge kommen, um die tödliche Chágas-Krankheit zu untersuchen, die durch den Biss eines Käfers übertragen wird. Dieser Käfer lebt in strohgedeckten Dächern und wird treffend als „Mörderkäfer“ bezeichnet. „Der Käfer fällt aus dem Dach und beißt dich. Die Krankheit ist tödlich; ein Heilmittel ist nicht bekannt. Es kann zwanzig Jahre dauern, aber wer einmal gebissen wird, ist dem Tode geweiht. Man sagt, dass ein Viertel aller Bolivianer diese Krankheit hat.“
    „Ich bin Immunologe“, fuhr er fort. „Nach einem Unfall haben sie mir ein paar Patienten gebracht. Ich sagte, dass ich nie eine Operation durchgeführt hätte. Sie sagten, ich wäre der einzige Arzt, den sie hätten.“
    „Übrigens, setzt euch nicht auf die Vordersitze der Busse“, warnte er uns. „Vor längerer Zeit bin ich einmal an einem Unfall vorbeigekommen. Zwei Busse. Frontal. Als Arzt musste ich helfen. Es war verdammt eklig. Die Passagiere auf den ersten beiden Sitzreihen waren alle geköpft worden.“
    ✷ ✷ ✷
Die bolivianische Marine
    Ich saß an einem der Getränkestände am See und sah der bolivianischen Marine zu, die aus ein paar alten Kanonenbooten besteht. Später witzelte ich einem anderen Touristen gegenüber, wie absurd es sei, dass ein Land ohne Küste eine Marine hat. Er lachte nicht. Er war Schweizer.
    Boliviens Marine wird nicht zu dem Zweck erhalten, eine peruanische Armada abzuwehren, die vielleicht einmal über den Titicacasee hinwegfegen könnte, sondern um die Welt daran zu erinnern, dass Bolivien einmal an der Küste lag. Tatsächlich hatte Bolivien einmal die doppelte Größe gehabt. Nach einer Reihe katastrophaler Kriege verlor es 1883 seine Pazifik-Küste und die nitratreiche Atacama-Wüste an Chile, 1903 die Gummiproduzierende Acre Region am Amazonas an Brasilien und 1935 die forstwirtschaftlich ertragreiche Chaco Region an Paraguay.
    Im Grunde ist Bolivien insgesamt eine ziemliche Katastrophe. Nicht nur seine Außenpolitik ist eine Katastrophe, sondern es ist auch eines der ärmsten Länder Südamerikas: 97 Prozent der Landbevölkerung lebt unter der von der UN festgesetzten Armutsgrenze. Es ist auch nicht wirklich ein Beispiel für eine stabile Regierungsführung. In den 170 Jahren seit seiner Unabhängigkeit hatte Bolivien über 190 unterschiedliche Regierungen. Die Mutter eines seiner kurzlebigen Regenten soll einmal gesagt haben: „Wenn ich gewusst hätte, dass er einmal Präsident wird, hätte ich ihn zur Schule geschickt.“
    ✷ ✷ ✷
Die Hospederia
    Copacabana ist voler Hotels, aber ich hatte gelesen, dass man in der Hospederia, einem alten Kloster, wohnen konnte. Es war sogar für bolivianische Standards lächerlich billig, also beschlossen Mark und ich, es in Augenschein zu nehmen. Es war ein wunderschönes altes Gebäude mit einem liebevol erhaltenen, gepflasterten Innenhof voller Blumen. Die Zimmer bestanden aus nackten Betonböden und -wänden. Es gab keine Betten, Möbel oder Lampen; nicht einmal Fenster. Aber es war ein echtes Schnäppchen. Im Zimmer nebenan kochte, aß, schlief und wohnte eine achtköpfige Familie. Melissa stöhnte und ging in die Kirche, um eine Kerze für eine kranke Freundin aufzustellen.
    „Ich gehe schwimmen“, verkündete Mark. „Ich kann mir vorstellen, dass es ein wenig kalt sein wird“, kommentierte ich abwesend. Ich las gerade. Mark wartete. „Also, komm schon“, sagte er ungeduldig. „Gehen wir.“ „Wohin?“, fragte ich. „Ich wollte mir gerade die Kirche ansehen.“ Mark wirkte beleidigt. „Ich habe keine Lust, die Kirche anzusehen.“ „Aber ich. Anscheinend soll sie einen der schönsten vergoldeten Altäre in Bolivien haben.“ Mark sah mich an, als wenn ich verrückt geworden wäre. „Einen vergoldeten Altar? Du willst

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