Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mann
Vom Netzwerk:
aus London und Paris, Teppiche aus Persien, Parfums aus Arabien. Berühmte Künstler wie Holgüin – der „El Greco“ Lateinamerikas – arbeiteten an seinen Kirchen. Sogar Pferde soll man mit Silber beschlagen haben.
    Aber für jene, die zur Arbeit in den Minen gezwungen wurden, war das Leben alles andere als luxuriös. Indianer aus dem ganzen Vizekönigreich Peru wurden gezwungen, ihre Wohnorte zu verlassen, damit das Silber stetig floss. Ein Erlass von 1572 verlangte von Indianern und schwarzen Sklaven, dass sie jeweils vier Monate am Stück unter der Erde leben und arbeiten mussten, ohne die Mine zu verlassen oder einmal das Tageslicht zu sehen. Sie waren bei der Arbeit aneinander gekettet. Wenn einer vor Erschöpfung zusammenbrach, wurde sein Körper einfach von den Ketten abgehackt. Minenarbeiter mussten schwere Säcke auf über 20 Meter hohen wackeligen Leitern nach oben tragen; ein Ausrutscher bedeutete den Tod. Die Luft war mit giftigem Staub gefüllt. Acht Millionen Männer könnten an den inhumanen Bedingungen in den Minen von Potosí den Tod gefunden haben – durch Unfälle, Erschöpfung, einbrechende Schächte oder Staublunge.
    ✷ ✷ ✷
El Tio
    „Bolivianer sterben an verrotteten Lungen, damit die Welt bil liges Zinn verbrauchen kann. Was kümmert das bittere Leben des bolivianischen Minenarbeiters den Konsumenten von Konserven oder die Manipulatoren der Devisenbörse?“
    Open Veins of Latin America , Eduardo Galaeno
    Wir machten eine Reise zu einer der Minenkooperativen, die heute die erschöpften Flöze des Cerro Rico abbauen.
    Seit 1985 der Zinnpreis auf dem Weltmarkt eingebrochen ist, hat die staatliche Mine geschlossen, aber verzweifelte Minenarbeiter suchen immer noch nach Resten von Silber – mit einfachsten Werkzeugen und bei minimalen Sicherheitsstandards. Unser Führer hieß Julio Cesar. Er war schlecht gelaunt, weil vier deutsche Touristen ihn hatten warten lassen, während sie ihren Kaffee tranken.
    „Wir zahlen, also kann er warten“, hatten sie gesagt. „Julius Caesar, der Eroberer Englands“, witzelten wir, um ihn aufzuheitern. Julio lächelte nicht. Er konnte sich offensichtlich nicht daran erinnern, irgendein Gringo-Land erobert zu haben. Er führte uns zu einem Geschäft, wo wir Geschenke für die Minenarbeiter kaufen sollten: Zigaretten, Coca-Blätter, Streichhölzer, Nitroglyzerin und Dynamit. Ich fühlte mich nicht ganz sicher, als ich diesen explosiven Mix trug, und drückte ihn dem ersten Minenarbeiter in die Hand, dem ich begegnete.
    Ein ungeteerter Weg wand sich die gewaltige Abraumhalde hinauf, in die sich der Cerro verwandelt hatte. Am Eingang der Mine dienten zwei strohgedeckte Hütten als Umkleidekabinen und Unterkünfte. Julio ging in eine davon und brachte Helme und englische Grubenlampen aus der Zeit von Charles Dickens heraus. Zwei Minenarbeiter saßen auf dem Schotter, kauten Coca-Blätter und tranken selbstgebrannten Whisky. Sie sagten, sie würden die Entdeckung einer neuen Silberader feiern.
    Sie schütteten etwas Whisky auf den Boden. „Eine Gabe für den Berg“, erklärte Julio. Einer der Minenarbeiter drückte Melissa ein Stück Silber in die Hand. Sein linkes Bein war deformiert – die Folge, so erklärte er, eines Unfalls mit einem Bohrer. Der Minenschacht war so niedrig, dass Mark und ich fast krabbeln mussten.
    Julio erklärte, der Cerro bringe inzwischen so geringe Erträge, dass die Kooperativen es sich nicht leisten könnten, Zeit in einen solchen Luxus wie z.B. in Tunnels zu investieren, in denen man aufrecht stehen könne. Improvisierte Holzplanken stützten die Decke. „Ja, es kommt zu Verschüttungen und anderen Unfällen“, erklärte Julio, „aber das größte Risiko ist die Staublunge. Der Staub in den Minen ist sehr gefährlich. Er zerfrisst die Lungen. Nach vielleicht zehn oder fünfzehn Jahren kann man sterben.“ Wir waren rund eine Meile weit im Inneren des Berges. Es gab keine Belüftung außer der Luft vom winzigen Eingang. Schattige Gestalten, nur von ihren Grubenlampen beleuchtet, hackten mit Handpickeln an der Oberfläche des Felsgesteins, wobei Schweiß von ihren Augenbrauen tropfte. Jungen, die nicht älter als vierzehn oder fünfzehn waren, liefen mit Säcken, die halb so schwer waren, wie sie selbst, die lockeren Hänge hinauf.
    „Ich habe acht Jahre in der Mine gearbeitet. Jetzt arbeite ich hier seit zwei Jahren als Führer – ich bin jeden Tag in der Mine. Vielleicht habe ich auch eine Staublunge. Vielleicht werde

Weitere Kostenlose Bücher