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Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika

Titel: Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mann
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Diskutier-Gesellschaften, Uni-Zeitungen oder Clubs hervorzutun oder irgendwelche Lehrveranstaltungen zu besuchen. Die Tatsache, dass ich eine halbwegs annehmbare Abschlussprüfung abgelegt hatte, überraschte meinen Tutor so sehr, dass er seine Überraschung mir gegenüber ganz besonders hervorhob. Dann begann ich eine Karriere nach dem Vorbild von Orson Wells. Das bedeutet, dass ich oben begann und mich von dort hinunterarbeitete. Mein anfänglicher Erfolg war natürlich nichts im Vergleich zu Citizen Kane, aber er umfasste immerhin die Veröffentlichung einer Zeitung. Unmittelbar nach dem College war ich schon der Inhaber meiner eigenen Firma: Einer sehr kleinen Zeitung. Wir hatten radikale Ideen, kein Geld und keine Erfahrung. Wir waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
    Mit 25 sah ich mich gezwungen, einen richtigen Job anzunehmen – nämlich Magazine zu gestalten und zu produzieren. Ich stürzte wie ein Meteor durch die Stufen der journalistischen Karriere, bis ich schließlich eine TV-Zeitung auf Rechtschreibfehler durchsah und neue Möglichkeiten suchte, Wiederholungen von Das A-Team zu beschreiben.
    Eine Zeit lang lebten Mark und ich zusammen in London. Wir hatten eine WG in einem Haus in Hackney mit einem depressiven irischen Alkoholiker und einem polnischen Pantomime- Künstler. Das Haus war eine Ruine. Ein Beamter der Bauaufsicht warnte mich vor dem Risiko, dass meine Schlafzimmerwand in der Nacht herausfallen konnte. Das war ziemlich alarmierend, da es sich um eine tragende Wand handelte, ohne die das ganze Haus einstürzen würde. Die Wand blieb aber stehen, obwohl die Toilette einmal durch den Boden fiel und auf dem Herd landete. Zum Glück war gerade niemand am Herd – oder auf der Toilette. In unserer Straße gab es die meisten Verhaftungen pro Jahr in ganz London. Man sagte, dass die Feuerwehr es für zu gefährlich hielt, hier entlang zu fahren. Versicherungen lehnten es ab, diese Gegend zu versichern. Dealer verkauften Dope in kleinen Plastiktüten aus unserem Vorgarten, und unsere Fenster klapperten beim Klang vorbeifahrender Autos mit aufgedrehten Radios. Hardchore Tekkno und Ragga von Piratensendern. Kantige, aggressive, industrielle Sounds mit einem Schuss Großstadt-Psychose. Man hörte den dröhnenden Bass, bevor man die Autos sah. Hinter dem Haus verlief eine Eisenbahnlinie so nah, dass wir die Titel der Zeitungen lesen konnten, die die Fahrgäste lasen.
    Unser Nachbar war ein Gebrauchtwagenhändler. Eines Nachts kletterte der Schäferhund des Gebrauchtwagenhändlers über unsere Gartenmauer. Leider reichte seine Kette nicht bis zum Boden, und so sahen wir vom Fenster aus zu, wie er seinen Hals wand und sich selbst erdrosselte. Er zappelte so wild herum, dass wir ihn nicht retten konnten.
    Der Mann vom Tierkörperbeseitigungsdienst, der den Körper abschnitt, fand zwei Kühlschränke, einen Sessel und ein Sofa in unserem Garten, verborgen unter Unkraut, das bis zum ersten Stock reichte. Wir hatten den Garten schon lange aufgegeben – die Eisenbahn nahm uns sowieso die Sonne. Der Gebrauchtwarenhändler schloss bald danach. Schließlich zog Mark wieder nach Kent um, um von den „trendigen Nordlondonern“ wegzukommen. Ich zog mit einer Truppe Musikern zusammen in ein Haus in Finsbury Park.
    Eines Tages ging ich zu meiner Arbeit bei der TV-Zeitschrift, nachdem ich mich eine Woche krank gemeldet hatte. Ich hatte die typische „Panda-Bär-Bräunung“, die man beim Schifahren mit Sonnenbrille in den französischen Alpen bekommt. Ich hatte meinen Plan für idiotensicher gehalten. Öffentliche Telefone in Frankreich haben keinen „Klick“, an dem man sie von einem Privattelefon unterscheiden kann. Ich hatte einen Schal ums Gesicht gewickelt, um eine Bräunung zu vermeiden. Meine einzige Sorge war das gelegentliche Rufen von Schifahrern, die an der Telefonzelle vorbeikamen. Es war aber abartig heiß, sodass ich durch den Schal hindurch braun wurde. Mein Herausgeber stellte klar, dass eine Beförderung nicht zu erwarten wäre. Es wurde Zeit für die lange Reise, die ich mir immer versprochen hatte.
    Am Tag vor meiner Abreise starb jemand an einem Messerstich durchs Auge, am helllichten Mittag auf einem belebten Bahnsteig der U-Bahnstation von Finsbury, gerade mal 400 Meter von meiner Haustür entfernt. Der Täter war ein Patient der Psychiatrie gewesen, den man im Rahmen der Initiative der konservativen Regierung für Geisteskranke („Pflege in der Gemeinde“) hinausgeworfen hatte.

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