Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika
wir, mit vierzehn kommt man in die Pubertät und mit …“ „21?“, schlug ich vor. „Richtig, ich weiß. 21. Was man ungefähr als Erwachsenenalter bezeichnen könnte. Ende zwanzig durchläuft man wieder eine Veränderung. Schau mich an.
Früher war ich so wild wie Mark. Drogen, Männer, Stehlen, Party machen. Denk mal, ausgerechnet in Malaysia habe ich Heroin verkauft. Vor zehn Jahren wäre ich mit einem Halbverrückten wie Mark ausgegangen, aber nicht mit einem langweiligen armen Schwein wie dir. Aber jetzt bin ich absolut normal.“
„Hör mal, ich wünschte, ihr würdet aufhören, mich ein langweiliges armes Schwein zu nennen. Es ist schlimm genug, wenn Mark es tut. Du musst nicht auch noch damit anfangen. Überhaupt, was meinst du mit normal? Du bist gerade erst einem halbreligiösen Spinnerkult entkommen. Und jetzt stehst du mitten im Dschungel und rauchst einen Joint.“ „Ach ja?“ Melissa sah auf den Joint in ihrer Hand als wenn sie überrascht wäre, ihn dort zu sehen. „Jedenfalls war es kein Kult.“ „Also wird Mark jetzt bald auf Krischnamurti und T’ai Chi abfahren?“, fragte ich. „Die Rückkehr Saturns muss nicht Reife bedeuten. Sie bedeutet nur, dass sich etwas ändert. Wer weiß was. Aber irgendetwas wird geschehen.“
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Die Nacht
Unsere Plattform, umfangen von der Dunkelheit. Eine einzelne Kerze brennt. Ihr intimes Licht definiert unsere kleine Welt – Moskito-Netze, Schlafsäcke, Bücher, Kleider, Motten, die um die flackernde Flamme rasten, Insekten, die im heißen Wachs klebten. Die erhöhte Plattform erscheint einem wie ein Schiff, das leiste durch den Wald segelt und zwischen die schattigen Umrisse der Bäume und Pflanzen schlüpft. Ich lausche der hypnotisierenden Musik unsichtbarer Vögel und Frösche. Laureano und Delfin unterhalten sich leise auf der anderen Plattform; in der Ferne höre ich krachende Geräusche der Arbeiter, die jenseits des Flusses die Ölstraße reparieren.
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Verdammtes Öl
„Am Petroleum, wie auch am Kaffee und Fleisch, verdienen rei che Länder mehr, indem sie es verbrauchen, als arme Länder, in dem sie es produzieren.“ O pen Veins of Latin America, Eduardo Galaeno
Seit 1972, als der erste Bohrturm des Oriente in der Nähe von Dureno selbst entstand, sind über 1,5 Milliarden Tonnen Rohöl ex portiert worden; seither ist Öl zu Ecuadors wichtigstem Exportgut geworden. Ecuadors Regierung fördert die Ölproduktion, als wenn sie das wirtschaftliche Allheilmittel des Landes wäre. Allheilmittel? Wohl kaum. Die meisten Profite gehen sowieso an US-Firmen; in der Zwischenzeit sind Ecuadors Auslandsschulden in schwindeler regende Höhen geschossen, und die Einwohner sind ärmer gewor den: Heute leben 67 Prozent der Ecuadorianer in Armut – 1975 waren es nur 47 Prozent gewesen. 27
---27 Die Armutsstatistik stammt aus Judith Kimerlings Buch Oil, Lawlessnes and Indigenous Struggles in Ecuador’s Oriente , in Green Guerillas , herausgegeben von Helen Collinson. Weitere Informationen in Judith Kimerling, Amazon Crude.
Die erste echte Untersuchung über die Auswirkungen des Öls auf die Umwelt im Oriente wurde 1989 von Judith Kimerling durch geführt. Sie berichtete, dass jede Woche 10.000 Gallonen Öl und 30 Millionen Gallonen unbehandelten Giftmülls verschüttet oder absichtlich abgelagert werden. Seit Beginn der Ölproduktion ist die Hauptpipeline mindestens 27 Mal gerissen; 16,8 Millionen Tonnen Rohöl sind in die Flüsse und den Waldboden gesickert – mehr als aus der Exxon Valdez ausgelaufen war.
Wenn überhaupt, wurde nur wenig davon ordentlich gereinigt. Das ist noch nicht alles. Die Ölfirmen bauen Straßen, über die Siedler aus den Anden und von der Küste hereinkommen. Die Regierung wirbt um Siedler und verspricht ihnen „leeres“ Land im Oriente, um es zu bebauen. Wie die USA beim Drogenproblem versäumt es auch die ecuadorianische Regierung bei der Land verteilung, das eigentliche Problem zu lösen – in diesem Fall das politische Problem der Neuverteilung des Landes im Hochland.
Sie ignoriert auch das Problem, dass im Wald schon Menschen leben. Die Siedler, die nur die landwirtschaftlichen Techniken des Hochlandes oder der Küste kennen, roden das Land für Ackerbau und Viehzucht. Der Boden im Amazonasgebiet ist aber nährstoffarm. Wenn man die stabilisierenden Wurzeln der Bäume entfernt, wird der dünne Nährboden vom heftigen Regen weggespült. All das hat die Waldbevölkerung schwer belastet. In Ecuador
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