Der Gringo Trail: Ein absurd komischer Road-Trip durch Südamerika
für Nachschub aus Santa Marta sorgten; ein paar Mädchen, die in einem kleinen Laden bedienten, der kaum mehr im Angebot hatte als Kekse und Kerzen; zwei Rezeptionisten; drei Reinigungskräfte; zwei Bedienungen; und einen Koch.
Ein drittes Restaurant wurde von einem dicken Mann, seiner Frau und seinem ebenso dicken zwölfjährigen Sohn betrieben. Es stand, von der Küstenlinie etwas abgesetzt, weiter hinten unter den Kokos palmen und hatte keinerlei Dekoration – nur ein paar Reihen höl zerner Tische in einem kleinen, umzäunten Bereich. Es war immer leer, obwohl das Angebot hinsichtlich Inhalt, Preis und Qualität ge nau dasselbe war, wie in den anderen beiden Restaurants.
Es gab außerdem einen Fußballplatz ohne Rasen, auf dem die Gringos manchmal überredet wurden, ein Barfuß-Spiel gegen die Einheimischen zu spielen. Es war eine Falle. Das kolumbianische Team war eine Mischung aus dicken alten Männern und Kin dern, aber sie gewannen immer. Lange bevor das Spiel zu Ende war, waren die weichen Fußsohlen der Gringos wund, sodass kei ner mehr laufen (geschweige denn rennen) konnte. Man wusste, wann ein Spiel stattgefunden hatte, da die Gringos für den Rest der Woche unter Schmerzen herum humpelten und furchtbare Blasen versorgten.
Dieses kleine Restaurant-Trio stand im Mittelpunkt der Akti vitäten – obwohl „Aktivitäten“ wahrscheinlich das falsche Wort ist für einen Haufen bekiffter Rucksacktouristen, die herumsitzen und Bob-Marley-Kassetten hören.
Wir kampierten eine halbe Meile den Strand hinunter. Solche Orte stelle ich mir gern als Embryo-Städte vor: Die Restaurants waren die Innenstadt. Wer nah genug an den Restaurants sein musste, um zum Zelt torkeln zu können, kampierte in der „Innen stadt“ neben den Restaurants. Unser neuer Zeltplatz lag im Vorort. Hier landeten die längerfristigen Gäste, die ein eigenes kleines Lager aufbauen und selbst kochen wollten. Von hier aus wurde der fünfminütige Spaziergang zu den Restaurants zu einer klei nen Expedition, die man von der eigenen Hängematte aus plante. Es gab ein oder zwei Hardcore-Typen, die einfach noch etwas weiter gehen mussten als alle anderen und sich einen abgelegenen Fleck in den Büschen suchten, wo sie ihre Hängematte aufhängen konnten. Ab und zu erschien ein gebräunter, abgemagerter Hip pie wie aus dem Nichts im dichten Unterholz, eine Machete in der Hand.
Ich bin davon überzeugt, dass Arrecifes für solche Typen un ter anderem deshalb so attraktiv war, weil sie mit Macheten he rumlaufen konnten. Während das einem kolumbianischen Bauern ganz natürlich erscheinen mag, bin ich gegenüber Travellern mit unnötig gefährlichen Waffen immer misstrauisch gewesen, seit ein Möchtegern-Indiana-Jones aus Idaho mit seiner Steinschleuder vom Typ „Schwarze-Witwe“ ein Bonbon glatt durch die Wand ei ner Pension in Nairobi geschossen hatte – 5 cm über meiner Schlä fe. Er schien selbst über die Größe des Lochs erschrocken zu sein.
✷ ✷ ✷
Peublito
Wir stellten unser Zelt auf, hängten unsere Hängematten ein und bauten uns einen Windschutz aus Treibholz. Dann sammel ten wir einen Stapel Feuerholz und Kokosnussschalen (die sehr langsam und heiß brennen) sowie ein paar alte Töpfe und Pfan nen von den Überresten, die immer liegen bleiben, wenn Leute die Energie aufbringen, Arrecifes wieder zu verlassen. Bald hatten wir uns schön eingerichtet. Melissa und ich hatten in den letzten paar Monaten eine Menge gesehen: Gebirge, Dschungel, Wande rungen in der Einöde. Wir waren beide froh über eine Ruhepause. Die einzige Sehenswürdigkeit vor Ort war ein verfallenes Tay rona-Indianerdorf, das einfach nur Peublito hieß. Es bestand nur aus ein paar steinernen Treppen und erhöhten steinernen Platt formen; die hölzernen Gebäude selbst waren schon lange vom Dschungel zurückerobert worden. Ein paar Kogi-Indianer-Fa milien, Abkömmlinge der Tayrona, waren ermutigt worden, hier in rekonstruierten runden Häusern mit Strohdächern zu leben (ganz ähnlich denen, die wir auf unserem Weg nach Nabusímake gesehen hatten), um Besuchern vorzuführen, wie die Stadt einmal ausgesehen haben mochte.
Die Tayrona hatten die Hänge der Sierra seit Jahrhunderten bes iedelt. Peublito war nur eine Stadt in einem Netzwerk von Städten, das auch die riesige Ciudad Perdida umfasste, den größten archäo logischen Fund in Südamerika in den letzten Jahren. Die Tayro na waren erfahrene Astronomen und Mathematiker gewesen und hatten den Spaniern
Weitere Kostenlose Bücher