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Der größte Verlierer der Welt

Der größte Verlierer der Welt

Titel: Der größte Verlierer der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowsky
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von Liszt, es
    regnet weiter in Strömen,
    aber sieh mal an,
    da sitzt noch ein Mann
    ganz allein im Regen
    und hört zu.
    Das Orchester bringt
    sein Ding, der Mann
    sitzt da am Abend
    im Regen und
    hört zu.
    Die Leute werden
    auf ihn aufmerksam,
    sie drehen die Köpfe,
    sehen zu ihm hin.
    Der hat sie wohl

    - 103 -
    nicht mehr alle, was?
    Der ist tatsächlich hier
    wegen der
    Musik.

    - 104 -
    Die bunten Vögel

    Da wohnen zwei im Apartment-Hochhaus
    nebenan, er verdrischt sie jede Nacht,
    sie kreischt, und niemand geht dazwischen,
    und am nächsten Tag seh ich sie dann
    in der Einfahrt stehen, Lockenwickler im
    Haar, die gewaltigen Arschbacken in ein Paar
    schwarze Hosen gezwängt, so steht sie da
    in der Sonne und sagt: »Verdammt noch mal,
    24 Stunden hock ich da drin, ich komm
    nie wohin!«

    Dann kommt er heraus, stolz, der kleine
    Matador, ein Eimer voll Scheiße, der Bauch
    hängt ihm über die Badehose — kann sein,
    daß er früher mal ganz gut ausgesehen hat,
    möglich ist alles. Jetzt stehen sie beide
    da, und er sagt: »Ich glaub, ich schwimm
    mal ein paar Bahnen.«
    Sie gibt keine Antwort. Er geht ans
    Schwimmbecken und hechtet in das fischlose
    sandlose Wasser, das Peroxid-Codein-Wasser,
    und ich stehe am Küchenfenster, trinke
    Kaffee und versuche dieses filzige ver-
    stunkene Bild zu entwirren - man kann
    schließlich nicht Tür an Tür mit Leuten
    wohnen, ohne sich ein paar Gedanken
    über sie zu machen. Jedesmal, wenn ich
    die Klosettspülung betätige, können sie
    es hören. Jedesmal, wenn sie ins Bett
    steigen, kann ich sie hören.

    - 105 -
    Bald danach geht sie rein. Dann kommt sie
    mit zwei bunt gefiederten Vögeln in einem
    Käfig wieder heraus. Ich weiß nicht,
    was für welche es sind. Sie reden nicht.
    Sie bewegen sich auch nicht viel. Es
    scheint, als würden sie immer nur mit
    den Schwanzfedern wackeln und scheißen.
    Sie steht da und sieht auf die
    beiden herunter.
    Er kommt aus dem Wasser. Der kleine
    Thunfisch, der kleine Matador,
    käsig weiß, das Wasser tropft an ihm
    herunter, die klatschnasse Badehose
    klebt ihm an der Haut.
    »Schaff diese Vögel ins Haus!«
    »Aber die Vögel brauchen Sonne!«
    »Ich hab gesagt, schaff die Vögel
    ins Haus!«
    »Aber die Vögel werden sterben!«
    »Hast du nicht gehört?! Ich hab gesagt
    SCHAFF DIESE VÖGEL INS HAUS!!«
    Sie bückt sich, hebt den Käfig hoch,
    ihre gewaltigen Arschbacken
    in dieser schwarzen Hose
    sehen mich todtraurig an.
    Er geht hinter ihr rein
    und knallt die Haustür zu.
    Dann höre ich es.
    BAM!
    sie kreischt
    BAM! BAM!
    sie kreischt
    dann: BAM!
    und sie kreischt.

    - 106 -
    Ich gieße mir noch eine Tasse Kaffee ein.
    Komisch, denke ich, das ist ja was ganz
    Neues. Sonst schlägt er sie immer nur
    nachts. Eine Frau Tag und Nacht zu ver-
    möbeln, das verlangt einen ganzen Mann.
    Er sieht vielleicht nicht nach viel aus,
    aber er ist einer der wenigen echten
    Männer in dieser Gegend.

    - 107 -
    Noch so ein lausiger Zehnprozenter

    »Ich hab deinen Kram
    gelesen«, sagte er. »Sehr
    interessmmm . . .«, und sein
    Kopf sackte ihm auf den
    Tisch herunter und stieß
    sein Weinglas um.

    »Schaff diesen Strolch
    hier RAUS!« schrie
    meine Alte.

    »Aber Mama«, sagte ich, »er
    ist mein Agentl Hat ein
    Büro am Plaza Squarel«

    »Na leck mich am
    Ärmel«, sagte sie.

    Sie goß die Gläser wieder
    voll, die Hälfte daneben,
    alles schwamm.

    »Ich habe bereits«, sagte er
    und hob den Kopf, »Somerset Maahwn
    vertreten, Ben Heck und
    Thomas Carylillie.
    Und wie du vielleicht schon
    ganz richtig geschnallt hast:
    meine Provision, Daddy-o,
    beträgt zehn Prozent*.«

    - 108 -
    Sein Kopf kippte
    in Richtung
    Fockschot.

    »Ma?« fragte ich, »wer ist
    Fockschot? . ..«
    »Na Somerset Maaahm«, sagte sie,
    »du Arschloch!«

    - 109 -
    Dichterlesung

    12 Uhr mittags
    ein kleines College
    nah am Meer
    ich bin nüchtern
    der Schweiß läuft mir
    aus den Achselhöhlen
    ein Tropfen fällt mir
    von der Nase auf den Tisch
    ich drücke ihn mit dem
    Finger platt
    Blutgeld Blutgeld
    mein Gott, die müssen denken
    mir macht das Spaß, so
    wie all den anderen
    dabei mach ich's nur
    für Knete und Bier und
    die Miete
    Blutgeld
    ich bin verklemmt, ich lese
    beschissen, es ist mir peinlich
    die Leute tun mir leid
    ich bin ein Versager
    ein Versager

    eine Frau steht auf
    geht raus
    knallt die Tür zu

    ein dreckiges Gedicht
    jemand hat mir gesagt, ich soll
    hier keine dreckigen
    Gedichte lesen

    - 110 -
    zu spät

    manche Zeilen kann

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