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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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leicht kann er sich ja auf Nimmerwiedersehen mit dem Schimmel entfernen. Es ist nämlich kein gewöhnlicher Schimmel, sondern er läuft durch die Luft eben so gut wie auf der ebenen Erde.«
    Als Johann diese Worte hörte, ward er froh und sprach zu den Jungen: »Ich will euer Schiedsrichter sein. Geht alle drei auf hundert Schritt von mir, und wenn ich dann winke, so lauft auf mich zu. Wer zuerst bei mir ist, soll den Schimmel bekommen.« Das waren die Jungen zufrieden. Doch als sie sich auf hundert Schritte entfernt hatten, schwang sich Johann auf das Ross und fort sauste er auf ihm durch die Lüfte über den Glasberg hinweg. Die drei Jungen aber hatten den gerechten Lohn erhalten; warum konnten sie über ihr Erbteil nicht einig werden.
    Als Johann in Siebenbürgen angelangt war, stieg er vom Schimmel und hieß ihn gehen, wohin er wollte; denn er bedurfte seiner nicht mehr. Nur die drei Brüder sollte er meiden. Dann eilte er mit seinen Siebenmeilenstiefeln geradewegs auf das Königsschloss zu. Vor dem Schlosse begegnete ihm der königliche Wagen; darin saß die Prinzessin mit ihrem neuen Bräutigam, die fuhren in die Kirche zur Trauung. Johann band darauf die drei Tücher, welche ihm die Prinzessin geschenkt hatte, an eine lange Stange und hielt sie zum Wagen hinein.
    Als die Königstochter die drei Tücher erblickte, rief sie: »Wenn die Tücher hier sind, wird auch mein Erlöser nicht fern sein!« Darauf winkte sie dem Soldaten zu, auf das Schloss zu kommen, und befahl dem Kutscher, zurückzufahren, die Hochzeit müsse auf ein paar Tage verschoben werden. Nachdem sie in den Krönungssaal getreten war und sich auf den Thron gesetzt hatte, schritt Johann unsichtbar in seinem Mantel auf sie zu und legte ihr das erste Tuch in den Schoß. Zuerst erschrak die Prinzessin; als Johann aber auch das zweite und dritte Tuch hinlegte, sagte sie freudig: »Johann, wo du auch seist, gib dich zu erkennen!« Da ließ Johann den Wunschmantel fallen und gab der Königin von Siebenbürgen einen Kuss.
    Nun galt es, den zweiten Bräutigam auf gütlichem Wege wieder loswerden. Sie rief ihn beiseite und sprach zu ihm: »Ich hatte den Schlüssel zu meiner Truhe verloren und ließ mir von dem Schlosser einen neuen anfertigen. Heute habe ich den alten wieder gefunden. Wen soll ich nun gebrauchen?« – »Ich dächte den alten«, sagte der Mann, »denn er wird sicher am besten schließen.« – »So hast du selbst dein Schicksal entschieden«, versetzte die Königin, »heute habe ich den alten Bräutigam, der mich erlöst hat, wieder gefunden; da musst du weichen.«
    Darauf setzte sich die Prinzessin mit Johann in den Wagen, und sie fuhren zur Kirche. Dort wurden sie getraut, und Johann ward König von Siebenbürgenland und herrschte mit seiner Frau darüber viele Jahre in Glück und Frieden; und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch.

Wie Dummhans für ein Gerstenkorn ein Königreich bekam
    Es war einmal ein Junge, der war so einfältig, dass ihn das ganze Dorf nur den Dummhans nannte. Als er eingesegnet war, ging er als Knecht zu einem Bauern in den Dienst und hielt dort sieben Jahre treu aus, ohne einen Pfennig zum Lohn zu erhalten. Da bekam er Lust, in die Welt zu gehen und Städte und Länder kennenzulernen. »Bauer«, sprach er darum am Martinstage, »zahl mir den Lohn aus, welcher mir für sieben Jahre Dienst zukommt; mach’s aber nicht zu schwer, dass er mich drückt und mir die Tasche zerreißt.« Der Bauer dachte: »Das willst du schon besorgen!«, ging in die Kammer und tat ein Gerstenkorn in ein Tüchlein und band einen seidenen Faden darum, trat dann vor Dummhans hin, steckte ihm das Tuch in die Tasche und hieß ihn recht Obacht geben, dass es ja nicht verloren ginge. Dummhans dankte dem Bauern, dass er ihm seinen Siebenjahrslohn so leicht gemacht, und wanderte vergnügt und guter Dinge in die weite Welt hinaus.
    Am Abend kam er in ein Wirtshaus und bat um ein Nachtlager. »Das sollst du haben«, entgegnete der Gastwirt, »und wenn du Geld oder Geldeswert bei dir hast, so gib’s mir in Verwahrung, dass es dir nicht gestohlen wird.« – »Und ob ich etwas bei mir hätte!«, rief Dummhans, »einen ganzen Siebenjahrslohn sogar!«, und damit griff er in die Tasche, zog das Tüchlein mit dem Gerstenkorn heraus und übergab es dem

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