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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Fledermaus, die jetzt leerstand.
    Lüttjemann ging mit und sah sich die Wohnung an. Es war ein Loch in der Felswand unter einem Glockenblumenbusch. Die Glühwürmer leuchteten, und die Totengräber machten rein, und als all der Kehricht heraus war, den die alte, faule Fledermaus hatte liegen lassen, da freute sich Lüttjemann, denn die Decke war ganz aus blanken Kristallen und die Wände aus dem schönsten Kalkstein.
    Er machte zwei Lager, eins für sich und eins für Blitzeblank, und schlief ruhig ein, denn er war von dem weiten Weg müde. Frisch und munter wachte er am andern Morgen auf, wusch sich in einem großen Tautropfen, kochte auf einem Feuer aus trockenen Tannennadeln ein Lerchenei, das Blitzeblank herangeschleppt hatte, in einem Topf aus einer Schneckenschale, frühstückte und richtete sich seine Wohnung ein, und weil er viel freundlicher und gefälliger war als die brummige Fledermaus, so halfen ihm die kleinen Leute aus der Nachbarschaft.
    Die Spinne webte ihm Vorhänge, die Eule gab ihm Federn für das Bett, das Eichhorn sorgte für Teller und Töpfe aus Nüssen und Eicheln, Brennholz brachten die Ameisen, der Specht schaffte Leuchtholz herbei, damit Lüttjemann abends Licht hatte, die Bienen lieferten Honig, der Eisvogel Libellenflügel als Wandschmuck.
    Als alles fertig war, sagte Lüttjemann: »Fix und fertig ist das Haus; jetzt geh’ ich und suche die Braut mir aus.«
    Jeden Tag ging er in die Nachbarschaft auf Brautschau, und jeden Abend kam er allein nach Hause, denn er hatte keine Frau gefunden, die zu ihm passte. Die Unke war zu dick in der Mitte, das Goldhähnchen hatte schwarze Augen und die Spitzmaus war zu schwarz auf dem Kopf. So kam der Herbst in das Land, und Lüttjemann hatte immer noch keine Frau. Sein Häuschen war sauber und gemütlich, Küche und Keller, Stall und Scheune waren voll, aber Lüttjemann wurde immer trauriger, weil er so allein war, und spielte auf seiner Fiedel, die er sich aus einem Mausekopf gemacht hatte, nur noch ganz leise Lieder.
    Als der Wind die roten Blätter von den Bäumen riss, kam eine kleine Haselmaus und fragte Lüttjemann, ob sie nicht über den Winter neben dem Herd schlafen dürfe, denn die Holzhauer hätten ihr Häuschen in der Buche entzweigemacht. Das erlaubte Lüttjemann ihr, und sie ging hinter den Herd, rollte sich zusammen und schlief ein.
    So wurde es Winter, und wenn Lüttjemann auch noch so traurig war über sein Alleinsein, einen Weihnachtsbaum wollte er doch haben. Er ging mit seiner Säge, einem scharfen Heuschreckenbein, in den Wald, wo die ganz kleinen Tannenbäume stehen, suchte sich den schönsten aus, schnitt ihn ab, setzte ihn in eine Kastanie und putzte ihn aus mit Lichtern aus Schneckentalg, Flittergold von Schmetterlingsflügeln und Watteflöckchen von Altweibersommer, und weil er am Weihnachtsabend nicht allein sein wollte, so buk er tüchtig Kuchen für seine Gäste und machte dazu ein großes Feuer, dass die Haselmaus warm und munter wurde.
    Sie rieb sich die großen schwarzen Augen, strich sich ihren langen Schnurrbart gerade, kämmte und putzte sich und sprach: »Lüttjemann, sei mal still, weil ich dir was sagen will. Mir hat geträumt in letzter Nacht, Christkind hätt’ dir was gebracht. Mitten dünn, oben gold, und die Augen blau und hold. Wo der Bach den Bogen macht, es die Pustefrau bewacht.«
    Lüttjemann riss sein rotes Mützchen ab und schrie: »Hurra, hurra, das stimmt genau; das passt ganz auf meine Frau.«
    Aber dann wurde er sehr traurig, denn die Pustefrau war ein Hexe, der jeder gern aus dem Wege ging, denn wen sie anpustete, der wurde steif und stumm. Aber er dachte an seinen Spieß und Bogen und seine Pfeile und ging geradewegs nach dem Bache.
    Da saß die Pustefrau unter einer faulen Eichenwurzel, rieb vor Boshaftigkeit ihre Spinnenfinger, zwinkerte mit den grünen Augen und rief: »Lüttjemann, Lüttjemann, wer mich stört den pust’ ich an. Püttjerine, deine Braut, schläft schon auf dem Farrenkraut.«
    Lüttjemann hatte große Angst, als er die Pustefrau so reden hörte, als er aber das Püttjerinchen sah, die hinter der Hexe auf dem Farrenbett lag und schlief, in der Mitte dünn, auf dem Kopfe blond und in den Augen blau, da ging er tapfer auf die Alte los.
    Die Hexe machte sich dick wie eine Kröte und pustete. Als sie das erste Mal

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