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Der große Fetisch

Der große Fetisch

Titel: Der große Fetisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Spraque de Camp
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gesagt wurde. Als sie wieder auf der Straße waren, fragte er Halran, was geschehen wäre.
    Halran sagte: »Haben Sie nicht die drei Jugendlichen bemerkt, die an der Bar standen und zu uns herüberstarrten?«
    »Ja, so nebenbei. Wieso?«
    »Ich schloß aus ihrem Verhalten, daß sie einen Angriff auf uns vorhatten.«
    »Ach? Und wenn schon! Dann hätte ich ihnen die Köpfe zusammengestoßen, daß sie umgefallen wären.«
    »Genau das fürchtete ich. Wenn Sie bei dieser Selbstverteidigung auch nur einen von denen verletzt hätten, wären wir zumindest angepöbelt worden oder auch verprügelt. Wenn wir das überlebt hätten, wären wir schwer bestraft worden.«
    »Beim Napoin! Wieso?«
    »Weil das Minderjährige waren, und in Anglonia darf niemand einen Minderjährigen verletzen.«
    »Na und?« schnaubte Marko. »Noch mehr Grund, ihnen die Köpfe zurechtzusetzen, damit sie Achtung vor Älteren lernen.«
    »Sagen Sie das bloß nicht laut. In Anglonia sind die Minderjährigen heilig. Sie werden für ihre Taten nicht zur Verantwortung gezogen, und jedes Unrecht, das ihnen zugefügt wird, erfährt strenge Bestrafung.«
    »Manchmal«, sagte Marko, »benehmen sich die Anglonier fast wie vernünftige Leute, und dann sehen sie wieder wie ein Haufen Verrückter aus. Mit welcher Begründung werden die Minderjährigen so in Ehren gehalten?«
    »Nun, wir glauben, daß ein Kind oder ein junger Mensch zu einem verbitterten, frustrierten, geistig kranken Erwachsenen wird, wenn er behindert oder beengt wird. Deshalb dürfen sie fast alles tun, was ihnen einfällt, wobei wir annehmen, daß sie so ihre gegen die Gesellschaft gerichteten Aggressionen austoben, bevor sie volljährig werden. Deshalb sind auch die erwachsenen Anglonier so gut angepaßt.«
    Marko spuckte in den Staub.
    Am achtzehnten Newton erreichten Marko und sein Gefährte die Hafenstadt Niok, deren anmutige Türme und klobige Bauten an der weiten Mündung des Mizzipastroms standen.
     

 
6.
     
    Als Marko Prokopiu und Boert Halran Niok erreichten, wollte Marko ein paar Tage bleiben, um sicherzugehen, daß das Paar, hinter dem er her war, sich hier nicht aufhielt. Halran wollte rasch nach Lann Weiterreisen, um seine Experimente mit den Flugmaschinen bis zur Tagung der Philosophen zu Ende zu bringen. Sie beschlossen, sich zu trennen. Halran behielt das Pferd und das Lastkamel und zahlte Marko die Hälfte des geschätzten Wertes des Pferdes aus.
    Er sagte: »Also dann auf Wiedersehen. Wenn Sie nach Lann kommen, besuchen Sie mich.«
    »Das werde ich tun, mein Herr«, sagte Marko.
    Halran ritt davon und zog sein Lastkamel hinter sich her, das immer noch unter dem Gewicht der vier großen Krüge mit Stupagummi schwankte. Marko verbrachte den Rest des Tages auf dem Viehmarkt. Er hielt sich für einen schlechten Händler und war sich sicher, daß der weltgewandte Halran einen besseren Preis erzielt hätte.
    Eigentlich hielt sich Marko gar nicht so schlecht, wie er dachte. Seine Verlegenheit beim Feilschen ließ ihn eine steife, kühle Haltung annehmen. Das und seine Muskelstärke gab den Händlern den Eindruck, sie hätten es mit einem selbstbewußten Menschen zu tun. Schließlich tauschte er das Kamel gegen ein großes Pferd und ein paar Dlars ein.
    Die beiden nächsten Tage verbrachte er damit, nach seiner Frau und Mongamri zu suchen. Die Suche führte ihn durch die endlosen Reihen von Nioks Tavernen, Bordellen und Höhlen der Marwansüchtigen. Manchmal starrten ihn finstere Gestalten drohend an und murmelten etwas, wandten sich aber ab, wenn sie sein Kriegsbeil und seine Muskeln sahen.
    Er fand die Bewohner von Niok noch lauter als die gewöhnlichen Anglonier, und sie gerieten bei der kleinsten Angelegenheit in Wut. Sie hüpften wie Tersors auf der Stange hin und her und stießen Schmähungen und Schimpfworte aus. Wenn Marko aber die Augen kampfeslustig blitzen ließ und nach der Axt griff, fanden die Leute immer einen Grund, rasch zu verschwinden.
    Marko hielt sie für ein unhöfliches und gehässiges Volk. Außerdem gewöhnte er sich trotz der angeblichen Unantastbarkeit menschlichen Lebens in Anglonia an den Anblick Ermordeter, die in den Gossen lagen.
    Marko hatte sich lange überlegt, was er mit Mongamri und Petronela machen sollte. Er war sich nicht sicher, ob es richtig gewesen war, Halran zu versprechen, sie nicht zu töten, konnte aber trotzdem nicht von seinem Versprechen zurück, da er sich noch schuldiger fühlen würde, als wenn er sie leben ließe. Vizantiner

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