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Der große Gatsby (German Edition)

Der große Gatsby (German Edition)

Titel: Der große Gatsby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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berichtete, die Küche sehe aus wie ein Saustall, und im Dorf glaubten alle, die Neuen seien überhaupt keine Hausangestellten.
    Am nächsten Tag rief Gatsby mich an.
    »Gehen Sie fort?«, erkundigte ich mich.
    »Nein, alter Knabe.«
    »Ich habe gehört, Sie hätten Ihr ganzes Personal auf die Straße gesetzt.«
    »Ich wollte Leute im Haus haben, die nicht so viel reden. Daisy besucht mich recht oft – am Nachmittag.«
    Die ganze Karawanserei war also zusammengestürzt wie ein Kartenhaus, weil sie vor Daisys Augen nicht bestanden hatte.
    »Es sind alles Leute, für die Wolfshiem etwas tun wollte. Lauter Geschwister, die mal ein kleines Hotel hatten.«
    »Aha.«
    Daisy hatte ihn gebeten, mich anzurufen – ob ich morgen zum Mittagessen zu ihr nach Hause kommen könne? Miss Baker werde auch da sein. Eine halbe Stunde später rief Daisy selber an und wirkte erleichtert, als ich zusagte. Irgendetwas bahnte sich an. Und doch konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie diese Gelegenheit für eine Szene nutzen würden – schon gar nicht für die einigermaßen unerquickliche Szene, die Gatsby im Garten skizziert hatte.
    Der nächste Tag war brütend heiß, beinahe der letzte, mit Sicherheit aber der wärmste des Sommers. Als mein Zug aus dem Tunnel ins Sonnenlicht hinausglitt, störten nur die heißen Sirenen der National Biscuit Company die siedende mittägliche Stille. Die Strohsitze des Eisenbahnwaggons waren kurz davor, in Flammen aufzugehen; die Frau neben mir transpirierte eine Zeitlang dezent in ihre weiße Hemdbluse, und als die Zeitung unter ihren Fingern immer feuchter wurde, brach sie mit einem kläglichen Stöhnen doch noch in Schweiß aus. Ihr Geldbeutel klatschte auf den Boden.
    »Ach du meine Güte!«, keuchte sie.
    Ich beugte mich ermattet vor, um ihn aufzuheben, und gab ihn ihr mit ausgestrecktem Arm und spitzen Fingern zurück, damit sie sah, dass ich keinerlei diebische Absichten hatte – aber alle Umsitzenden, einschließlich der Frau, verdächtigten mich trotzdem.
    »Heiß!«, sagte der Schaffner zu bekannten Gesichtern. »Was für ein Wetter!… Heiß!… Heiß!… Ist es Ihnen heiß genug? Ist es heiß? Ja…?«
    Als ich meine Dauerfahrkarte zurückbekam, war ein dunkler Fleck von seiner Hand darauf. Dass es bei dieser Hitze irgendjemanden scherte, wessen gerötete Lippen er küsste, wessen Kopf die Pyjamatasche über seinem Herzen feucht machte!
    …Im Haus der Buchanans wehte ein leiser Wind durch die Vorhalle und trug das Läuten eines Telefons zu Gatsby und mir heraus, als wir vor der Tür standen und warteten.
    »Der Leichnam des gnädigen Herrn!«, brüllte der Butler in die Muschel. »Es tut mir leid, Madame, aber wir können ihn nicht liefern – er ist heute Mittag viel zu heiß zum Anfassen!«
    Was er wirklich sagte, war: »Ja… ja… In Ordnung.«
    Er legte den Hörer auf und kam – leicht glänzend – zu uns, um uns die steifen Strohhüte abzunehmen.
    »Madame erwartet Sie im Salon!«, rief er und wies uns unnötigerweise die Richtung. Bei dieser Hitze war jede zusätzliche Bewegung ein Anschlag auf die letzten Lebensgeister.
    Die Markisen waren heruntergelassen, und im Raum war es dunkel und kühl. Daisy und Jordan lagen wie silberne Götzen auf einer gewaltigen Couch und hielten im singenden Lüftchen der Ventilatoren ihre weißen Kleider in Schach.
    »Wir rühren uns nicht vom Fleck«, sagten sie beide.
    Jordans Finger, deren Bräune weiß überpudert war, lagen einen Moment lang in meinen.
    »Und Mr. Thomas Buchanan, der Athlet?«, fragte ich.
    Im selben Augenblick hörte ich seine Stimme, barsch, gedämpft und heiser, am Telefon in der Vorhalle.
    Gatsby stand mitten auf dem karmesinroten Teppich und blickte fasziniert in die Runde. Daisy beobachtete ihn und lachte ihr süßes, aufregendes Lachen; ein winziger Puderwirbel stieg von ihrem Busen auf.
    »Es geht das Gerücht«, flüsterte Jordan, »Toms Freundin sei am Telefon.«
    Wir schwiegen. Die Stimme in der Halle schwoll ärgerlich an. »Na schön, dann werde ich Ihnen den Wagen eben nicht verkaufen… Ich bin Ihnen zu nichts verpflichtet… Und dass Sie mich in der Mittagszeit belästigen, dulde ich schon gar nicht!«
    »Und die Hand liegt über der Muschel«, sagte Daisy zynisch.
    »Nein, nein«, versicherte ich ihr. »Das Geschäft gibt es wirklich. Ich weiß zufällig davon.«
    Tom stieß die Tür auf, füllte mit seinem massigen Körper kurz ihren Rahmen und stürmte ins Zimmer.
    »Mr. Gatsby!« Mit gut verhohlener Abneigung

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