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Der grosse Horizont

Der grosse Horizont

Titel: Der grosse Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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saß gähnend auf einem Küchenstuhl und schlug in die Stille hinein vor, nach Hause zu fahren. Als sie das Haus verließen, bemerkte Haid, daß die Eingangstür mit einer Fliegengittertür gekoppelt war. Sofort dachte er an Philipp Marlowe. Er sah ihn die Fliegengittertür öffnen und vorsichtig in das Haus treten. Aus der Küche hörte er das Radio laufen. Sein Blick fiel auf den Fußboden, wo Marlowe den Koffer, den der Mann aus dem Chrysler gehoben hatte, stehen sah …
     
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    Die Sonne schien, und im Auto war es warm. Haid hatte plötzlich das starke Gefühl zu träumen. Er träumte vielleicht nur, daß er zusammen mit Kapra und O’Maley im Auto saß und die von weißen Mauern und lebenden Zäunen abgekapselten Grundstücke sah, mit den riesigen weißen Villen in gepflegten Rasenflächen. Er glaubte jetzt so sehr daran, nur zu träumen, daß er seine Hände betrachtete, um aus ihnen auf das Wachsein schließen zu können. Dann wurde ihm heiß, und er zwang sich, nicht hinauszublicken, da ihn die Palmen am Straßenrand noch mehr verwirrten.
    Kapra hielt vor einem Drugstore und Haid sah auf der Lieferantenzufahrt eine zerbeulte Blechtonne, um die Glassplitter lagen. Die Glassplitter glitzerten in der Sonne. Haid wußte nicht, weshalb Kapra gehalten hatte. Kapra kam mit einem großen, braunen Papiersack zurück, und Haid blickte weg, um nicht zufällig zu sehen, was sich im Papiersack befand. Kapra stellte den Papiersack neben Haid, und als sie losfuhren, spürte Haid die Kälte des Papiers auf seinem Handrücken, da das Paket zur Seite kippte. Haid schob die Hand in den Ärmel. O’Maley fragte ihn im selben Augenblick, ob er friere, jedoch Haid lachte und schüttelte den Kopf. Er stieg, nachdem sie vor Kapras Haus angelangt waren, die Holztreppe hinunter und ließ sich in einen Liegestuhl auf der Terrasse fallen. Kim kam mit einem Tennisschläger auf die Terrasse und machte einige Schläge in die Luft. Gleich darauf folgte Kapra mit einem Karton Budweiser Bier aus der Küche. Er sagte, daß er mit Prof. Hacker telefoniert habe, aber Hacker arbeite an seinen Gesammelten Werken und schlage einen zweiten Anruf für den Abend vor. O’Maley, der unbemerkt in der Küche saß, machte wieder eine abfällige Bemerkung über Hacker. Einer der Hunde, die im Schatten unter dem Tisch lagen, trottete zu Haid hin, legte seinen Kopf auf Haids Oberschenkel und blickte ihm ins Gesicht. Haid schlief kurz ein, erwachte und ging in das kühle Zimmer, in dem sich sein Bett befand. Er ließ sich auf das Bett fallen und schlief den ganzen Tag bis zum Abend.
19
     
     
    O’Maley saß auf dem Bett, rauchte eine Zigarette und blickte auf die Reisetasche zwischen seinen Füßen. Er schien unbegrenzt Geduld zu haben, denn er saß nur auf dem Bett, um zu warten, bis Haid aufgewacht war. Haid fragte ihn erschrocken, was er wolle, aber O’Maley antwortete, daß er für die Abreise nach Las Vegas alles vorbereitet habe. Gleichzeitig lud er ihn zum Essen ein, während er seine Zigarette ausdrückte. Kapra und Kim schliefen noch. Sie verließen das Haus und kletterten stumm die Holztreppe hoch. O’Maley war im Besitz von Kapras Autoschlüsseln und benutzte dessen Wagen mit größter Selbstverständlichkeit. »Sie wollen mich allein sprechen«, sagte Haid und öffnete die Tür. »Ich freue mich darauf, Sie morgen nach Las Vegas zu begleiten«, antwortete O’Maley und setzte sich hinter das Lenkrad. »Ich fahre nicht gern allein … Haben Sie etwas gegen mich?«
    »Nein«, antwortete Haid. Er war noch vom Schlaf benommen und durch O’Maleys Sätze zusätzlich verwirrt. Kam er sich verfolgt vor, ohne daß er tatsächlich verfolgt wurde? Bildete er sich ein, verfolgt zu werden? Er dachte daran, daß Mehring am nächsten Tag Carson finden würde, wenn sie nicht schon von jemand anderem gefunden worden war. Sie überholten einen Kranwagen, der ein Personenauto mit eingedrücktem Kühler und ausgebrochener Windschutzscheibe abschleppte. Durch den Schrecken, den der Anblick bei Haid auslöste, fiel ihm ein gelber Hydrant am Straßenrand auf, an dem ein weißer, vom Wind bewegter Plastiksack hing. Sie waren so schnell an dem Hydranten vorbeigefahren, daß Haid den Plastiksack nur für den Bruchteil einer Sekunde wahrgegenommen hatte, aber er merkte sich das Bild in allen Einzelheiten, ohne daß er sich erklären konnte, warum. In einem Restaurant, durch dessen Fenster man das Meer sah, würgte Haid das Essen hinunter. Ihm war übel, und er

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