Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
unverhältnismäßig viel Schimmel, Fäulnis und Fremdstoffe wie Blätter, Steine sowie Erde enthalten. Legt man höchste Qualitätsmaßstäbe an, muss das Lesegut von Hand sortiert (triage) und von faulen Trauben befreit werden. Diese Arbeit kann bereits im Weinberg vorgenommen werden. Die meisten Erzeuger setzen dazu jedoch in der Kellerei Förderbänder ein, an denen erfahrene Arbeiter die schlechten Trauben aussortieren.
In verschiedenen Gegenden Europas sind Größe und Form der Sammelbehälter für das Einbringen des Leseguts vorgeschrieben. Damit soll verhindert werden, dass die Trauben am Boden des Behälters vom Gewicht der oben aufliegenden zerquetscht werden, bevor sie zur Kelter gelangen.
Schwefeldioxid
Die erste Stufe der Weinbereitung besteht für gewöhnlich in der Zugabe einer kleinen Dosis Schwefeldioxid (SO 2 ) zum Most oder zur Maische. Bisher gibt es noch keinen Ersatz für dieses universelle, uralte »Antiseptikum«, das dem Kellermeister zum Schutz des Mosts gegen vorzeitige oder wilde Gärung zur Verfügung steht. SO 2 kann Most und Wein vor Oxidation bewahren, wenn auch einige Erzeuger nur wenig davon verwenden und bestrebt sind, es möglichst ganz wegzulassen.
Man versucht stattdessen Most und Wein mit Schutzgasen vom Luftsauerstoff zu trennen.
Wie viel SO 2 verwendet werden darf, ist durch Gesetze geregelt. Zu viel davon verleiht dem Wein einen scharfen, schwefligen Geruch und verursacht ein brennendes Gefühl in der Kehle. Früher kam dies ziemlich oft vor, insbesondere bei süßen Weinen. Inzwischen haben sterile Filter eine derartige Behandlung überflüssig gemacht, und der Verbraucher dürfte heute kaum noch bemerken, dass dieser alte Konservierungsstoff des Weins überhaupt verwendet wird. Da manche Menschen empfindlich auf Schwefel in Nahrungsmitteln reagieren, gibt es in den USA die Vorschrift, dass auf dem Etikett angegeben sein muss, wenn ein Wein sulfites enthält. Süßer Wein braucht mehr Schwefeldioxid als trockener und edelfauler noch viel mehr, da Schwefel sich mit dem hohen Anteil an Trockenextrakt verbindet, aber nur der freie Schwefel eine Nachgärung verhindert.
Weißwein: mit oder ohne Stiele?
Weiße Trauben werden zumeist mit den »Kämmen« oder Stielen gekeltert, sofern sie nicht maschinell geerntet wurden.
Unvergorener Most ist reich an Fruchtfleisch mit Pektin und Zucker und daher schlüpfrig und zugleich klebrig. Sind die Stiele mit dabei, arbeitet die Presse besser, vor allem lässt sich der »Presskuchen« vor dem zweiten Pressen leichter auflockern. Die Presse sollte allerdings nie so viel Druck ausüben, dass Bitterstoffe aus den Stielen und Kernen austreten. Bei vielen Qualitätsweinen wird heute die Methode der Ganztraubenpressung angewendet, die das Aroma bewahrt und einen niedrigen pH-Wert verspricht.
Pressen
Es gibt die verschiedenartigsten Weinpressen, von der alten Spindelkelter (auch Korbpresse), in der der Pressdeckel auf die in den zylindrischen Presskorb mit seitlichen Auslaufschlitzen eingefüllte Maische niedergedrückt wird, bis hin zur kontinuierlichen Schneckenpresse für die Massenproduktion. Die alte Korbpresse erfordert den meisten Arbeitsaufwand, aber sie liefert noch immer den reinsten Most; die neue Bauart ist sehr preisgünstig und leicht zu bedienen, liefert aber höchstens mittelmäßigen Wein. Bis in die 1980er-Jahre setzten die meisten guten Kellereien eine Horizontalpresse ein, die im Prinzip ähnlich funktioniert wie die alte Spindelkelter – bei ihr wird die Maische zwischen Pressdeckeln ausgepresst, die dann durch eine in der Mitte laufende Spindel zusammengeführt werden.
Die Saftqualität ist jedoch nicht sehr hoch, weshalb qualitätsbewusste Winzer mittlerweile mit einer pneumatischen Membranpresse arbeiten, in der ein länglicher Gummiballon unter Druck gesetzt wird und dabei die Maische gegen das um ihn herum angeordnete Siebgitter drückt. Beide Typen sind Einzelchargenpressen, müssen also jeweils mit einer bestimmten Menge Maische beschickt und wieder entleert werden, während die kontinuierliche Presse am unteren Ende einen stetigen Strom Most und hinten den Presskuchen ausspuckt.
Weißwein: Kaltgärung
Die revolutionärste Neuerung in der Weinbereitung ist die Gärung bei geregelter Temperatur – das gilt vor allem für Weißwein, der in wärmeren Gegenden früher flach, säurearm und glanzlos ausfiel. Was früher auf natürlichem Wege durch Verwendung kleiner Fässer in den kalten Kellern Europas zustande
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