Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
oder der Zucker oder beide zusammen die Tätigkeit der Hefen lahm legen. Will man leichten, lieblichen Wein gewinnen, muss man entweder die Gärung künstlich abbrechen oder dem trockenen Wein süßen Most beimischen. Die erstgenannte ist die alte Methode.
Mit einer kräftigen Dosis SO 2 wird die Gärung unterbrochen und eine weitere Dosis davon in die Flasche gegeben, um zu verhindern, dass die Gärung erneut einsetzt. Mit dem Einsatz von Filtern und Abfülleinrichtungen vermeidet man heute das Problem der Überschwefelung.
Die zweite Methode, das Mischen mit Süßreserve, wird heute weitgehend von deutschen Erzeugern bevorzugt. Das Verfahren ist einfach: Eine gewisse Menge Most wird unvergoren sterilisiert und als Eisblock in der Tiefkühltruhe gelagert. Der übrige Most wird auf normale Art vergoren, bis er keinen Zucker mehr enthält. Dann wird nach Bedarf die Süßreserve beigemischt und das Fertigprodukt steril auf Flaschen gezogen.
Durch die Zugabe unvergorenen Mosts wird der Alkoholgehalt herabgesetzt.
In den besten Weinkellereien Deutschlands wird Süßreserve allerdings nicht mehr verwendet. Stattdessen lässt man die Weine natürlich ausgären, wobei sich unterschiedliche Grade der Restsüße ergeben. Durch Verschneiden versucht man anschließend, daraus einen ausgewogenen Wein zu gewinnen.
Obwohl es heute modern ist, trockenen Weinen den Vorzug zu geben, wäre mancher Konsument erstaunt zu erfahren, dass viele angeblich trockenen Weine Restzucker enthalten, darunter eine große Anzahl von Chardonnay-Weinen aus der Neuen Welt. Auch wenn die Restsüße kaum merklich hervortritt, verbessert sie doch die Struktur des Weins.
Weißwein: nach der Gärung
Ist der Weißwein vergoren, muss er geklärt werden. Die herkömmliche Methode besteht darin, dass man ihn sich absetzen lässt und ihn dann vom Bodensatz (vorwiegend tote Hefezellen) abzieht (absticht). In modernen Kellereien werden jedoch Filter eingesetzt, und notfalls wird der Wein zusätzlich mit einem Tonpulver namens Bentonit geschönt, wobei überschüssige Proteine, die später zu Trübungen des Weins führen können, entfernt werden. Weißweine, die nicht für längere Lagerung bestimmt sind, also die meisten handelsüblichen leichten Weine, brauchen jetzt nur noch stabilisiert und gefiltert zu werden, dann kann man sie abfüllen. Die für längere Lebensdauer vorgesehenen Weißen kommen zum Klären zunächst ins Fass, das heißt, es wird ihnen ein ähnlicher Ausbau zuteil wie Rotweinen. Sie liegen oft monatelang auf dem Geläger, was ihnen eine zusätzliche, aus der Autolyse der Hefen stammende Geschmackskomplexität verleiht.
Weißwein: Kaltstabilisierung
Die Weinsäure – ein wesentlicher Bestandteil aller Weine und weitgehend für Ausgewogenheit und Geschmacksfülle verantwortlich – bildet im Zusammenwirken mit Kalium ziemlich große, zuckerkornähnliche und mit Kalzium feinere, weißpulverige Kristalle. Früher lagerten die Weine jahrelang in kühlen Kellern. Dabei setzten sich die Kristalle als harte Schicht an den Wänden der Fässer ab. Bei den moderneren Methoden halten es viele Kellereien für nötig, die Bildung von Kristallen nach dem Abfüllen zu verhindern. Obwohl Weinstein keinerlei Eigengeschmack hat und vollkommen harmlos ist, gibt es unter Weinkunden immer wieder ahnungslose Zeitgenossen, die jede Flasche, in der sich nur die geringste Ablagerung zeigt, prompt zurückgeben.
Leider ist die Bekämpfung der Weinsteinbildung eine kostspielige Angelegenheit. Die einfachste Methode ist, den Wein einige Tage lang bis dicht über dem Gefrierpunkt abzukühlen. Ein Zusetzen von Weinsteinkristallen beschleunigt den Vorgang, da sie als Kristallisationskerne dienen, an denen sich der Weinstein anlagert. Nach rationelleren Methoden zur Erfüllung dieses eigentlich vollkommen unnötigen Zwecks werden die Chemiker noch jahrelang zu suchen haben.
Rotwein: Stiele oder keine Stiele?
Jeder Rotweinerzeuger hat seine eigenen Ansichten darüber, ob die Stiele (auch Kämme oder Rappen genannt) der Trauben ganz oder teilweise mit vergoren werden sollen oder nicht – und das kann bei jedem Jahrgang unterschiedlich sein. An der Rhône werden sie manchmal mit vergoren, in Burgund selten, in Bordeaux nur ein kleiner Teil davon oder gar nichts, und in Chinon an der Loire werden sie gleich am Rebstock gelassen.
Außerhalb Europas lässt man sie meist weg. Allerdings ist die Ganztraubenpressung von Pinot noir in Mode gekommen, weil sie nach
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