Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
nichtssagenden Trauben wie Carignan saftige Geschmacksnoten, von denen man nicht einmal gewusst hatte, dass es sie gab. Heute ist das Verfahren etabliert und es gibt bereits eine stattliche Liste von Weingütern und Genossenschaften, die gute Abfüllungen aus den vom Konsumenten bevorzugten »aromatischen« Trauben anbieten. Die Güter und nicht mehr die coopératives geben nun die qualitative Marschrichtung vor, obwohl die besten Genossenschaften sich angepasst haben und mittlerweile ein Paket aus guten, fruchtigen Erzeugnissen zu fairen Preisen schnüren.
Der Midi des Qualitätsweinbaus unterteilt sich in vier Regionen: Roussillon in den Ausläufern der Pyrenäen, das einst für seine süßen Aperitif- und Dessertweine berühmt geworden ist, sich aber inzwischen auch einen Ruf für kraftvolle, beeindruckende Rote aufbaut, das Rotweinland Corbières, das ebenfalls für seine Roten bekannte kleinere Minervois in den südlichsten Ausläufern der Cevennen und am Ende das weit verstreute Anbaugebiet Coteaux du Languedoc mit Rot-, Weiß- und Roséweinen, deren Qualitätsskala von vin ordinaire bis hin zu wirklich großen Gewächsen reicht. Was eine Qualitätszone ausmacht und welches die »richtigen« Rebsorten dafür sind, wird hier mit der gleichen gallischen Präzision studiert wie an den Hängen von Beaune. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit war die VDQS der höchste Adelstitel in diesen Breiten. Heute sind viele Bereiche zu Appellationsehren gekommen, deren Potenzial man erkannt hat. Die Schattenseite dieser Entwicklung ist die verwirrende Vervielfachung der ACs und Sub-ACs.
Daneben ist der Midi auch das Land des vin de pays , einer interessanten Alternative für Erzeuger, denen das Appellationskorsett zu eng geschürt ist. Es droht jedoch die Gefahr italienischer Verhältnisse, denn dort sind die hellsten Pioniere zu Recht der Auffassung, dass der Wein wichtiger ist als das Etikett. Einige Gewächse des Midi werden nur deshalb als vin de pays verkauft, weil Cabernet oder Merlot nicht offiziell erlaubt sind. Viele Güter indes verlegen sich auf Kompromisse: Sie sichern sich die AC-Zulassung für ihre traditionellen Abfüllungen und bringen ihre marktgängigeren, aus höheren Erträgen bereiteten Sortenweine in der Landweinkategorie unter.
Roussillon
Die Weine des von der Sonne gebratenen Roussillon profitieren vom hervorragenden Ruf eines alten, einzigartigen Produkts, des vin doux naturel . Außerhalb der Landesgrenzen ist er praktisch unbekannt, doch sind die Franzosen so stolz auf ihn, dass sie sein Pendant, den Portwein, als müden Abklatsch sehen.
Leider lassen sich die immensen Mengen von Muscat- und gespriteten Grenache-Weinen nur schwer an den Mann bringen.
Selbst Exemplare, die 20 Jahre und länger in großen Fässern zu weicher Reife gelangen dürfen, müssen zu lächerlich geringen Preisen feilgeboten werden.
Ins Roussillon gelockt hat Investoren das enorme Rotweinpotenzial. Die bemerkenswerten, oft schieferhaltigen Böden erbringen Weine von großer Virilität und enormem Charakter.
Die geschützten Küstenhügel um Perpignan und weiter landeinwärts die Täler von Agly und Tet liefern formidable Rote.
Ihre besten Exponenten, bereitet aus Grenache, Syrah, Mourvèdre und Carignan, offenbaren mitunter die Struktur eines Châteauneuf-du-Pape, sind aber runder und weicher.
Immer mehr Winzer schicken ihre Weine ins Eichenfass und lassen sie sogar in der Flasche reifen, damit sich ihre Kraft mit Komplexität paart. Die besten Gewächse haben Anrecht auf die AC Côtes du Roussillon (5745Hektar) oder Côtes du Roussillon-Villages (2190Hektar, verteilt auf 32 Gemeinden). Rosés spielen als Einnahmequelle eine wichtige Rolle, selbst wenn ihre Qualität oft zu wünschen übrig lässt. Gleichzeitig demonstrieren Erzeuger wie Gauby und die Domaine des Chênes, was mit weißen Trauben selbst in einer so heißen Gegend möglich ist. In den letzten Jahren wurde außerdem, zum Großteil auf Betreiben der Kellereigenossenschaften, eine ganze Reihe von Unterappellationen eingerichtet. Die Gemeinden Aspres, Caramany, Latour de France, Lesquerde und Tautavel dürfen nun ihre Namen der Bezeichnung Côtes du Roussillon-Villages hinzufügen. Und jede hat ihre eigenen komplexen Vorschriften. Das erklärt, warum so viele führende Güter ihre Erzeugnisse mittlerweile als Vin de Pays Côtes Catalanes abfüllen.
Eine kleine, 600Hektar umfassende Rotweinzone um Collioure hat seit 1949 eine eigene AC für einen
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