Der große Schlaf
Puss Walgreens Büro, im Fulwider-Haus, Western und Santa Monica.«
»Wenn Sie was machen, dann richtig, wie? Die Bücher, sind sie hier in der Wohnung?«
Er schnappte die Zähne zu und wehrte mit einer braunen Hand ab. Sein Selbstvertrauen kehrte allmählich zurück.
»Teufel, nein. Gelagert.«
»Sie haben sie erst hierher bringen lassen, und gleich darauf haben sie die Leute von einem Lagerhaus wieder abgeholt?«
»Klar. Oder sollte ich sie aus Geigers Laden abholen lassen?«
»Sie sind smart«, sagte ich bewundernd. »Haben Sie momentan irgendwas Belastendes in der Bude hier?«
Er sah wieder betrübt aus. Er schüttelte heftig den Kopf.
»Das ist fein«, sagte ich ihm. Ich sah hinüber zu Agnes. Sie war mit ihrem Gesicht fertig und starrte auf die Wand, mit leeren Augen und nur halbem Gehör. Ihr Gesicht zeigte die Schläfrigkeit, wie sie Stress und Schock nach der ersten Reaktion auslösen.
Brody zwinkerte nervös. »Nun?«
»Wie sind Sie an das Foto gekommen?«
Er knurrte. »Hören Sie zu. Sie haben bekommen, was Sie wollten, und zwar ziemlich billig. Sie haben gute, saubere Arbeit geleistet. Also können Sieś jetzt weiter an Ihren Obermotz verhökern. Ich bin sauber. Ich weiß von keinem Foto, stimmtś, Agnes?«
Die Blonde öffnete ihre Augen und sah ihn mit vagem, aber nicht eben ehrerbietigem Grübeln an. »Ein halbsmarter Junge«, sagte sie mit einem müden Schniefer. »Solche Nieten hab ich schon immer gezogen. Niemals einen, der mal richtig rundherum smart ist. Kein einziges Mal.«
Ich feixte sie an. »Habe ich Ihrem Kopf sehr weh getan?«
»Sie sind genau wie jeder andere Mann, den ich kenne.«
Ich sah wieder auf Brody. Er zerquetschte seine Zigarette zwischen den zuckenden Fingern. Seine Hand schien ein bißchen zu zittern. Sein braunes Pokergesicht war noch glatt.
»Wir müssen uns gemeinsam auf eine Geschichte festlegen«, sagte ich. »Zum Beispiel, daß Carmen nicht hier war. Das ist sehr wichtig. Sie ist nicht hier gewesen. Das war nur eine Vision, die Sie hatten.«
»Hu«, höhnte Brody. »Wenn duś sagst, Kumpel, und wenn
...« Er streckte seine Hand aus mit dem Teller nach oben und bog die Finger und rollte den Daumen zart gegen Zeige- und Mittelfinger.
Ich nickte. »Wir werden sehen. Vielleicht fällt eine kleine Spende ab. Mit Riesen dürfen Sie allerdings nicht rechnen.
Woher haben Sie also das Bild?«
»Es hat mir einer gegeben.«
»Hmhm. Einer, dem Sie zufällig auf der Straße begegnet sind. Den Sie nicht wiedererkennen würden. Den Sie nie zuvor gesehen haben.«
Brody gähnte. »Es ist ihm aus der Tasche gefallen«, sagte er.
»Hmhm. Haben Sie ein Alibi für letzte Nacht, Pokerface?«
»Klar. Ich war genau hier. Agnes war bei mir. Richtig, Agnes?«
»Sie tun mir allmählich schon wieder leid«, sagte ich. Seine Augen zuckten weit auf und sein Mund hing schlaff herunter, die Zigarette fiel ihm fast von der Unterlippe. »Ich denke, Sie sind smart, und dabei sind Sie so gottverdammt dämlich«, sagte ich ihm. »Selbst wenn Sie nicht ins Kämmerchen von Quentin abtanzen, haben Sie bald eine trübsinnig lange, einsame Zeit vor sich.«
Seine Zigarette zuckte und tropfte ihm Asche auf die Weste.
»Wenn man sich so vorstellt, wie smart Sie sind«, sagte ich.
»Schießen Sie inń Wind«, knurrte er plötzlich. »Verduften Sie. Ich habe genug von Ihrem Stuß. Hauen Sie bloß ab.«
»Okay.« Ich stand auf und ging hinüber zum großen Eichenschreibtisch und nahm seine zwei Kanonen aus meinen Taschen, legte sie eine neben die andere auf die Schreibunterlage, so daß die Läufe genau parallel ausgerichtet waren. Ich griff meinen Hut vorm Diwan vom Boden und ging auf die Tür zu.
Brody rief: »He!«
Ich drehte mich um und wartete. Seine Zigarette schuckelte wie eine Puppe auf einer Sprungfeder. »Doch alles ausgebügelt, oder?« fragte er.
»Aber klar. Das ist ein freies Land hier. Sie dürfen auch in den Knast, wenn Sieś unbedingt wollen. Das heißt, wenn Sie das Bürgerrecht haben. Haben Sie das Bürgerrecht?« Er starrte mich bloß an und schuckelte mit der Zigarette. Die blonde Agnes wandte langsam den Kopf und starrte mich gleichfalls an.
Ihre Blicke enthielten so ziemlich die gleiche Mischung von Verschlagenheit, Skepsis und ohnmächtiger Wut. Agnes griff mit ihren silbernen Nägeln jäh nach oben und rupfte ein Haar aus ihrem Kopf und zerriß es mit einem bösen Ruck zwischen ihren Fingern.
Brody sagte verkniffen: »Gehen Sie lieber nicht zu den Bullen, Kumpel.
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