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Der große Schlaf

Der große Schlaf

Titel: Der große Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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bewunderte. Ohls ging hinüber und sprach mit ihm, und der Fahrer sah hinein zu dem Jungen in Ohls´ Wagen. Wir gingen zum Haus hinauf und klingelten. Ein glatthaariger, blonder Mann öffnete die Tür und führte uns durch die Halle und einen riesigen, tiefer liegenden Wohnraum voll schwerer, dunkler Möbel in eine weitere Halle am anderen Ende. Er klopfte an eine Tür und trat ein, hielt dann die Tür weit auf, und wir gingen in ein getäfeltes Arbeitszimmer mit einer offenen Glastür in der Rückwand und dem Ausblick auf einen dunklen Garten mit geheimnisvollen Bäumen. Ein Duft von feuchter Erde und Blumen drang durchs Fenster herein. An den Wänden hingen große, dunkle Ölbilder, es waren Sessel da und Bücher und der Geruch von guten Zigarren, der sich mit dem der Erde und der Blumen mischte.
    Taggart Wilde saß hinter einem Schreibtisch, ein rundlicher Mann mittleren Alters mit klaren, blassen Augen, die einen freundlichen Ausdruck hinkriegten, ohne überhaupt einen Ausdruck zu haben. Er hatte eine Tasse schwarzen Kaffee vor sich stehen und hielt eine dünne, gefleckte Zigarre zwischen den sauberen, behutsamen Fingern seiner linken Hand. Ein zweiter Mann saß an der Ecke des Schreibtisches in einem blauen Ledersessel, mit kalten Augen und einem Adlergesicht, dürr wie ein Rechen und hart wie ein Leihhaus-Besitzer. Sein gepflegtes, sauberes Gesicht sah aus, als wäre es innerhalb der letzten Stunde rasiert worden. Er trug einen gutgebügelten, braunen Anzug und eine schwarze Perle in seiner Krawatte. Er hatte die langen, nervösen Finger eines Mannes von fixer Denkart. Er sah aus, als sei er klar zum Gefecht.
    Ohls zog einen Stuhl heran und setzte sich und sagte: »ń Abend, Cronjager. Dies hier ist Phil Marlowe, ein Privatdetektiv im Schlamassel.« Ohls grinste.
    Cronjager sah mich an, ohne zu nicken. Er betrachtete mich, als ob ich eine Fotografie wäre. Dann nickte sein Kinn ein knappes Stückchen.
    Wilde sagte: »Setzen Sie sich, Marlowe. Ich will versuchen, Captain Cronjager bei Laune zu halten, aber Sie wissen ja, wie es ist. Wir leben jetzt in einer großen Stadt.« Ich setzte mich und steckte mir eine Zigarette an.
    Ohls sah auf Cronjager und fragte: »Was haben Sie über den Randall-Place-Mord rausgekriegt?«
    Das Adlergesicht zog an einem seiner Finger, bis der Knöchel knackte. Er sprach ohne aufzusehen. »Ein Steifer mit zwei Kugeln drin. Zwei Kanonen, die nicht abgefeuert wurden.
    Unten auf der Straße haben wir eine Blondine geschnappt, als sie in einem Wagen loswollte, der ihr nicht gehörte. Ihrer stand gleich daneben, das gleiche Modell. Sie tat so hysterisch, daß die Jungs sie mitgenommen haben. Sie hat ausgespuckt. Sie war dabei, als es diesen Brody erwischt hat. Den Mörder will sie nicht gesehen haben.«
    »Is´ das alles?« fragte Ohls.
    Cronjager zog ein wenig die Augenbrauen hoch. »Ist ja erst vor ńer Stunde passiert. Was erwarten Sie – ńen ganzen Film mit dem Mordhergang drauf?«
    »Vielleicht eine Beschreibung des Mörders«, sagte Ohls.
    »Ein großer Kerl in Lederweste – wenn Sie das eine Beschreibung nennen wollen.«
    »Er sitzt draußen in meinem Schlitten«, sagte Ohls. »Mit Handschellen. Marlowe hat ihn für Sie kassiert. Hier ist seine Kanone.« Ohls zog die Automatic des Jungen aus der Tasche und legte sie auf die Ecke von Wildes Schreibtisch. Cronjager betrachtete die Pistole, griff aber nicht danach.
    Wilde lachte in sich hinein. Er saß zurückgelehnt und paffte seine gefleckte Zigarre, ohne sie aus dem Mund zu lassen. Er beugte sich vorwärts und nahm ein Schlückchen aus seiner Kaffeetasse. Er zog ein seidenes Taschentuch aus der Brusttasche seiner Smokingjacke und betupfte seine Lippen damit und steckte es wieder ein.
    »Da sind noch ein paar Leichen im Spiel«, sagte Ohls und kniff in die weiche Haut an seinem Kinn.
    Cronjager wurde sichtlich steif. Seine mürrischen Augen wurden stahlharte Lichter.
    Ohls sagte: »Sie haben sicher von dem Wagen gehört, den sie heute morgen am Pier von Lido aus dem Pazifik gefischt haben, mit einem Toten drin.«
    Cronjager sagte: »Nein.« Er behielt seine böse Miene.
    »Der Tote im Wagen war Chauffeur bei einer reichen Familie«, sagte Ohls. »Die Familie ist wegen der einen Tochter erpreßt worden. Mr. Wilde hat Marlowe der Familie empfohlen, durch mich. Marlowe hat dabei Kopf und Kragen riskiert.«
    »So private Schnüffler mag ich besonders, die in Mordfällen Kopf und Kragen riskieren«, sagte Cronjager. »Sie brauchen mir

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