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Der große Sprung

Der große Sprung

Titel: Der große Sprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Brackett
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anderer ausführte. Sie hatten miterlebt, wie er seinen Sieg errungen hatte, und das trug nicht gerade dazu bei, ihr Vertrauen zu ihm zu erhöhen.
    »Sobald wir den Sternenantrieb abgeschaltet haben«, sagte Stanley zu Peter, »gebe ich dir die Koordinaten für unsere Landung.«
     
    Die Flugingenieure saßen wie angewachsen vor ihren Instrumenten. Die Zeit verstrich, oder zumindest die Vorstellung der Menschen davon, wie ihre Uhren sie anzeigten. Der Rest der Besatzung stiefelte oder saß nervös herum und schwitzte. Sie hatten es einmal durchgemacht, und das war unangenehm genug gewesen. Doch diesmal war es noch schlimmer. Comyn kam sich vor wie in einer Bombe, die kurz vor dem Explodieren war. Gleichmütig, ohne sich zu verändern, beobachtete das rote Auge von Barnards Stern sie auf dem Schirm.
    Die Deckenlichter begannen in gleichmäßigem Rhythmus aufzuflammen und zu verlöschen. Alarmglocken schrillten in den Korridoren und Kabinen. Das war die erste Warnung. French gab gerade noch dem letzten die Spritze.
    »Macht euch fertig!« rief Peter. »Alle in eure Kabinen und auf die Kojen.« Seine Stimme klang raspelnd wie die eines Greises. Im Kontrollraum schnallten die Piloten sich an und machten sich bereit, die Navigation zu übernehmen. Zeiger zitterten und krochen über die Meßgeräte. Ein sonischer Relaisstrahl kletterte quiekend die Skala hoch. Lämpchen flimmerten auf der Armaturentafel wie kleine Sterne. Die Techniker saßen robothaft vor den Instrumenten, die Augen starr darauf gerichtet, die Gesichter schweißglänzend, und ihre Stimmen, mit denen sie die Werte ansagten, klangen blechern. Die Astrogatoren waren bereit.
    Irgend jemand fragte: »Was ist, wenn sie sich verrechnen? Wenn wir geradewegs gegen Barnards Stern prallen?«
    Comyn ging in seine Kabine und warf sich auf die Koje. Ihm war übel. Er brauchte jetzt einen Schluck wie noch nie zuvor, aber er hatte nichts mehr zu trinken. Die Angst hinterließ ihren eigenen Geschmack in seinem Mund. Er wappnete sich. Immer noch das rhythmische Ein und Aus der Lampen.
    Die Glocken schrillten: die zweite Warnung.
    Comyn wartete. Die Spritze, die sie alle bekommen hatten, sollte die Nerven beruhigen, den Schock erträglicher machen. Ob sie nicht wirkte? Seine Nerven waren angespannt wie zuvor. Er fürchtete sich vor dem Kommenden, doch noch mehr hatte er Angst, daß das Erwartete ausbleiben würde. Angenommen, der Antriebswechsel ging nicht glatt? Angenommen, der Sternenantrieb ließ sich nicht abschalten?
    Das Deckenlicht ging an und aus, an und aus, an und aus. Es schmerzte die Augen, reizte die Nerven. Das Kreischen des Antriebs war jetzt fast hörbar. Er wartete. Lange wartete er, zu lange.
    Irgend etwas war schiefgegangen. Der Antrieb hatte versagt. Sie konnten nicht mehr in den Normalraum zurück. Nun mußten sie für immer in diesem Nichtraum bleiben, bis der Wahnsinn nach ihnen griff, bis sie starben, doch selbst dann würden sie nicht davon freikommen …
    Das Flackern der Lichter hörte auf. Die Lampen brannten jetzt gleichmäßig grell. Und dann schrillte die dritte Warnung. Doch diesmal waren es nicht die Glocken, eine Sirene heulte, damit niemand es verwechselte. Dieses durchdringende Heulen stellte Comyn die Haare auf, und kalter Schweiß trat ihm aus. Und dann erlosch das Licht, und es wurde totenstill.
    Dunkelheit griff nach ihm. Die schwarze Stille der Gruft. Er strengte die Ohren an, doch selbst die Überschallwellen des Antriebs waren nicht mehr spürbar. Blaue Elmsfeuer flimmerten auf allen Metallteilen, und dann begann es: das gespenstische Gleiten und Zerren und Winden, das jedes einzelne Atom im Körper erfaßte und in eine neue Richtung riß, einem den Boden unter den Füßen wegzog, daß man zu stürzen glaubte, und zu einem Schwindelgefühl führte, wie es schlimmer nicht sein konnte. Comyn wollte schreien, aber ob er es tatsächlich schaffte, wußte er später nicht mehr. Einen grauenvollen zeitlosen Augenblick lang glaubte er zu sehen, wie das Schiff sich mit ihm zu einem Nebel kleinster Partikel auflöste. Da wußte er, daß er nicht mehr menschlich und nichts mehr wirklich war. Und dann stürzte er kopfüber ins unendliche Nichts.
     

 
10.
     
    Das erste, dessen er sich bewußt wurde, war das vertraute Pochen und Vibrieren des Normalantriebs. Es zog ihn aus dem Abgrund zurück, bis er sich erinnern konnte, wer und wo er war. Dann öffnete er die Augen und setzte sich auf. Feste Wände waren um ihn, und die Koje unter ihm war

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