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Der große Sprung

Der große Sprung

Titel: Der große Sprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Brackett
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eine künstliche Ruhe zeichnete sein Gesicht, daß es fast würdevoll wirkte. Er war dabei, die Kabine zu verlassen – als stolzer Mann, als erfolgreicher Mann –, als Comyn wie beiläufig fragte:
    »Bilden Sie sich ein, daß Sydna jetzt vor Ihnen auf die Knie fällt?«
    Stanley drehte sich um. »Ich verstehe es selbst nicht mehr, warum ich Ihnen den Schädel nicht eingeschlagen habe, als ich die Chance dazu hatte. Halten Sie Ihr schmutziges Maul!«
    »Was hat das zu bedeuten?« fragte Peter scharf. »Das mit Sydna?«
    »Er hätte viel lieber sie als Claudia«, antwortete Comyn.
    Simon lachte. Er fand die Vorstellung so komisch, daß er sich nicht beherrschen konnte. Stanley wirbelte wuterfüllt mit hochrotem Kopf zu ihm herum.
    »Sydnas Ansprüche sind gar nicht so hoch. Fragen Sie doch Comyn. Und ihr werdet noch was lernen müssen, ihr alle. Ihr – und Sydna ebenfalls – werdet Respekt vor mir lernen müssen! Sydna hat keinen Grund, sich etwas einzubilden. Das gleiche gilt für euch. Ihr könnt über mich denken, was ihr wollt, aber ihr werdet mich respektieren!«
    Er schlug Simon die Hand über den Mund und stoppte so sein Lachen, und schon war er durch die Tür, ehe der verblüffte Simon sich auf ihn stürzen konnte. Peter zog seinen Bruder zu seiner Kabine.
    »Reiß dich zusammen«, mahnte er ihn. »Wir haben genug um die Ohren.«
    Die Männer an den Tischen machten sich daran, weiterzuessen, nicht, daß ihr Appetit noch sehr groß war. Sie unterhielten sich auch nicht mehr. Sie waren von dem, was sie miterlebt hatten, noch zu betroffen. Sie warteten darauf, unter sich zu sein, um in kleineren Gruppen ihre Meinung loszuwerden. French wandte sich an Comyn.
    »Jetzt lassen Sie mich aber Ihre Schulter verarzten.«
    Er tat es. Es stellte sich als nicht so schlimm heraus, wie es hätte sein können. Comyns Muskelpolster hatten den Knochen vor dem Brechen bewahrt.
     
    Mehrere Tage behinderte Comyn die Verletzung sehr, und bis er seinen Arm wieder benutzen konnte, war er schon halb verrückt von der Untätigkeit, dem ständigen, gerade am Rand der Hörschwelle liegenden Kreischen des Antriebs, dem Gefühl, sich nicht zu bewegen, eingesperrt zu sein, dem Gefühl, daß die Zeit einen zum Narren hielt.
    Er blickte auf die Uhr, aber wozu? Die Chronometer waren hier reiner Hohn. Die Erde lag Jahre, Jahrhunderte zurück, und auf dem Schirm war Barnards Stern weder gewachsen noch heller geworden. Nicht nur ihn, die ganze Besatzung quälte das Gefühl, irgendwo in Raum und Zeit verloren zu sein und nie wieder den Weg zurückfinden zu können. Es kam zu hysterischen Anfällen. Dr. French hatte ständig die Spritze bereit. Ein Mann drehte völlig durch und mußte in seiner Koje festgeschnallt werden.
    »Soweit wird es mit uns allen noch kommen«, befürchtete Dr. French, »wenn wir unser Ziel nicht bald erreichen.«
    »Es dauert nicht mehr lange, dann können wir den Antrieb wechseln«, sagte Peter. Sein Gesicht war fast nur noch Haut und Knochen, und nun sah er Jonas und seinen indianischen Vorfahren ähnlicher denn je. »Wir werden schon – morgen in den Normalraum zurückkehren.« Er zögerte bei dem Wort morgen, weil es im Grunde genommen ein Zeitbegriff war, der hier keine Gültigkeit hatte.
    Wenn wir es schaffen, dachte Comyn. Angst steckte in seinen Knochen. Die Ungewißheit war daran schuld, und auch die Untätigkeit. Man konnte nur herumsitzen und warten und sich fragen, ob die Falle einen wieder freigeben würde.
    Immer wieder bemühte Stanley sich, die Männer aufzumuntern. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ballantyne und den anderen erging es nicht anders als uns, und sie sind wieder im Normalraum gelandet.«
    Er hatte jetzt seinen rechtsgültigen Vertrag. Er kannte sich besser als alle anderen aus, wußte, was sie erwartete. Trotzdem hatte er Angst. Sein fahles Gesicht verriet ihn. Seine aufmunternden Worte waren nichts weiter als Worte, durch die jeder hindurchsah. Niemand antwortete ihm. Peter sprach kaum noch zu ihm. Comyn glaubte nicht, daß das Benehmen der Brüder zu Stanley ihrer Sorge um das Cochrane-Vermögen entsprang, sondern daß es ihnen gegen den Strich ging, ihr Leben von ihm abhängig zu wissen.
    Sie trauten ihm nicht. Das lag nicht daran, weil sie ihm seinen Geschäftsgeist übelnahmen, sondern weil sie spürten, daß er kein echter Mann war, höchstens dem Geschlecht nach. Er sah jetzt nicht mehr rosig und blühend aus, aber er war immer noch der höhere Laufbursche, der lediglich die Befehle

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