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Der große Sprung

Der große Sprung

Titel: Der große Sprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Brackett
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ebenfalls stabil. Er betastete sich, es fehlte ihm nichts. Und das Schiff, nein, die Atmosphäre hatte sich geändert. Er hatte das Gefühl, wieder in einem richtigen Raumschiff zu sein, und er spürte, daß es zum Bremsmanöver ansetzte. Er stand auf und ging auf den Gang hinaus. Die Lichter brannten wieder. Auch die anderen kamen aus ihren Kabinen. Er fragte sich, ob er auch so aussah wie sie – wie eine wiederbelebte Leiche. Seine Beine gehorchten ihm nicht so recht. Sie waren weich wie Gummi, und er taumelte bei seinen ersten Schritten. Aber den anderen ging es nicht besser, und sie achteten gar nicht darauf. Und alle begannen gleichzeitig zu reden.
    Er erreichte die Aufenthaltskabine und sah Gesichter, über die Tränen rollten, aber er wußte nicht, wessen Gesichter es waren, und es interessierte ihn auch nicht. Die Bullaugen waren nicht mehr verdunkelt. Comyn stürmte auf das nächste Bullauge zu. Andere folgten ihm dichtauf, drängten sich lärmend hinter ihn, doch er spürte es weder, noch hörte er es. Er preßte die Nase gegen das dicke Quarzit und starrte auf die berauschende Schwärze des Alls. Jetzt waren die Sterne nicht mehr kriechende Lichtwürmer, sondern strahlende Sonnen, die blau und rot und gold und grün brannten. In Trauben und Ketten und schillernden Wolken hoben sie sich von der Urnacht ab.
    Jemand sagte mit bebender Stimme, und es klang wie ein Gebet: »Wir haben es geschafft! O Gott, wir haben es geschafft! Wir sind wieder heraus!«
    Comyn bezwang sein Zittern. Er schaute sich in der Kabine um, doch die, die er suchte, waren nicht da, also ging er zur Brücke. Die Bremsstöße erschütterten den Boden unter seinen Füßen, aber es war ein angenehmes Gefühl. Sie waren zurück im Normalraum. Sie bewegten sich. Alles war wieder gut!
    Peter und Simon und Stanley waren auf der Brücke. Auch hier waren die Bullaugen wieder durchsichtig, und gerade voraus stand eine rostrote Sonne im Raum – ein düsteres Feuer, das im Dunkel schwelte. Comyns Begeisterung klang ab. Sie hatten den zweiten großen Sprung geschafft, und nun wartete es auf sie unter dem Licht dieses verrückten Sternes: es – die Welt und das Schicksal –, das Ballantyne am Ende jener ersten langen Fahrt erwartet hatte.
    Stanley hielt ein riesiges Blatt Papier in der Hand, das mit Daten bedeckt war. Er gab es dem Navigator.
    »Sie brauchen sich nur danach zu richten«, sagte er.
    Der Navigator breitete es vor sich aus und betrachtete es stirnrunzelnd. Schließlich sagte er. »Da haben Sie mir ein bißchen zu viel gegeben, Mister. Die planetaren Koordinaten scheinen okay zu sein, auch die Orbitalbewegung, die Gravitationskonstanten und die Landegeschwindigkeiten. Aber dieser ganze Kram hier: die Berechnungen der relativen Bewegungen von Ballantynes Schiff und Barnard 2 …«
    Comyn beugte sich über den Navigator und entriß ihm das Blatt. Er trat ein paar Schritte damit zurück und betrachtete es, ohne auf die Empörung der anderen zu achten.
    »Das haben Sie alles auswendig gelernt?« wandte er sich an Stanley.
    »Natürlich.« Stanley versuchte nun seinerseits, ihm das Papier zu entreißen. »Hol Sie der Teufel, Comyn!«
    »Großartig!« brummte Comyn und zerriß das Blatt.
    Wütend schrien die anderen auf. Comyn schob die Fetzen ungerührt in seine Tasche. Er lächelte Stanley an.
    »Na, dann können Sie ja alles noch einmal aufzeichnen.«
    Peter fluchte wild. »Was erlauben Sie sich, Comyn! Als ob wir nicht schon genug …«
    Gleichmütig unterbrach Comyn ihn: »Er hat doch alles im Gedächtnis: dreidimensionale Gleichungen, Lande- und Kreisbahngeschwindigkeiten, alles, bis zur zehnten Stelle hinter dem Komma. Er braucht es nur noch einmal aufschreiben.«
    Das plötzliche Glitzern von Peters Augen bewies, daß er verstand. »Aber ja, sicher. Gib ihm ein Blatt Papier, Simon. Es tut mir leid, Bill, daß es dazu kam, aber es ist ja kein Beinbruch. Es kostet dich nur ein wenig Arbeit.«
    »Ein wenig Arbeit!« Der Blick, mit dem Stanley Comyn bedachte, erinnerte an den einer Kobra, die nicht an ihr Opfer heran kann. Er benutzte noch ein paar sehr häßliche Worte, die Comyn gar nicht hörte, weil er sich viel zu sehr mit der plötzlichen Veränderung beschäftigte, die über Stanley gekommen war.
    »Was haben Sie denn?« fragte er ihn. »Gerade wirkten Sie noch so majestätisch wie ein glasierter Schweinskopf mit einem Apfel im Rüssel, und jetzt sehen Sie aus, als wäre Ihnen die Petersilie verhagelt. Läßt Ihr Gedächtnis Sie

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