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Der große Stier

Der große Stier

Titel: Der große Stier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sanborn
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Angestellter?«
    »Ja. Aber ich habe ihn bis jetzt noch nicht kennengelernt. Ich bekomme all meine Anweisungen durch die Post. Aus Kanada.«
    »Wie merkwürdig! Und du leitest die Vertretung für Stier-Schallplatten von diesem –« er schwenkte die Finger über dem Kopf »– von diesem reizenden Apartment aus?«
    »Das macht die Werbeagentur. Ich stehe telefonisch mit dem Kontoführer in Verbindung.«
    »Also mit Jerry Miller? Bei Gerner, Foss und Mey er?«
    »Ja.« Paul spürte einen schwachen Duft nach Flieder und kam zu dem Schluß, daß der von Walters rundem, rosigem, frischrasiertem Gesicht ausging. Diese hellblauen Augen waren nicht die Augen eines Meuchelmörders, dachte er, und die langen rosa Finger waren nicht an Judotechniken gewöhnt. Nein, Walter war der Typ, der Fingerabdrücke einheften würde oder eine Liste von Denunzianten aus Pfadfindergruppen aufstellen oder sonst etwas Mildes.
    »Einen Groschen für deine Gedanken«, sagte Walter.
    »Jesus Christus, ihr Burschen habt sonst mehr gezahlt.«
    »Oh, wir zahlen nicht mehr viel Geld . Nur wenn’s nicht anders geht. Herrje, wir haben haufenweise Informationen, mit denen wir nicht mal was anzufangen wissen, du liebe Güte! Du solltest nur mal die Akten sehen , die wir über dich haben …«
    »Würde ich gern mal sehn.«
    Walter stellte seine Fingerspitzen gegeneinander und starrte zur Zimmerdecke hoch, als wären die Angaben, die er rezitierte, dort niedergeschrieben. »Paul Odeon. Einunddreißig Jahre alt. Geboren in Pittsfield, Massachusetts. Studium an der Universität von Massachusetts, an der Universität London, Senior in Logik … heiratete drüben eine Ausländerin, ist Vater eines ausländischen Kindes, erreichte amerikanische Scheidung, hatte verschiedene Anstellungen in mehreren Städten der Vereinigten Staaten, ehe er Texter bei Gerner, Foss und Meyer in San Francisco wurde. Zur Zeit bei einem Kanadier, Richard Stier, angestellt …
    »Ich habe meistens Tenor gesungen«, sagte Paul, »im Chor der ersten Methodistenkirche zu Pittsfield.«
    … häufiger Besucher im Haus von Stier in Sausalito, wo er angeblich Geschlechtsverkehr mit einer im Ausland geborenen Stewardeß, einer Chinesin, einer Negerin und einer Indianerin hatte, organisierte eine Front-Organisation, die sich über das ganze Land erstreckt – Deckname: ›Schneekinder‹ – Verfasser aufrührerischer Pamphlete …«
    »Ich habe keine Pamphlete geschrieben.«
    »Wir betrachteten das Material, das auf den Rückseiten der Stier-Plattenhüllen erscheint, als Pamphlete, mein lieber Junge. Unsere IBM-Karten haben nicht genug Platz für alle Lochzeichen, verstehst du! Wir haben ein Lochzeichen für Pamphlet, aber für Schallplattenhüllen haben wir keins.«
    »Selbst wenn das alles stimmte, und das tut es nicht, sehe ich nicht ein, warum der C. I. A …«
    »Schscht! Ich bin noch nicht fertig: … hat heimliche Rundfunksendung von Richard Stier unterstützt und angestiftet, dadurch die völlige Zersetzung eines angekündigten Hochalarms verursacht und so die nationale Sicherheit unterminiert, auf diese Art dem Feind Hilfe und Beistand geleistet. Da hast du’s!«
    »Mit dieser Rundfunksendung hatte ich nichts zu tun.«
    »Sei doch nicht so gereizt! Ich habe nur die Akte zitiert.«
    »So …« Paul blies Rauch gegen die Decke. »Welche Folgen hat das für mich?«
    »Du könntest in Tule Lake, Kalifornien, landen, in Florence, Arizona, in El Reno, Oklahoma, in Allenwood, Pennsylvanien oder in Avon Park, Florida.«
    »In einem Konzentrationslager?«
    »Das ist ein ziemlich scheußliches Wort. Ich glaube, im Internal Security Act von 1950 hat ein anderer Ausdruck gestanden … Jedenfalls bin ich überzeugt, daß es nicht soweit kommt. Ich glaube sicher, daß du und ich etwas ausarbeiten können.«
    »Das glaube ich auch.« Paul kalkulierte die möglichen Strafen dafür, daß man einem homosexuellen Geheimagenten einen Schlag auf den Kopf versetzte.
    »Oh, fein! Das wird alles so freundlich machen!« Walter spreizte die Finger seiner rechten Hand und betrachtete sie in dem Licht, das vom Fenster her kam. »Weißt du, mein Boß möchte deinen Boß kennenlernen, und er möchte, daß du es mit mir in Ordnung bringst.«
    »Ich habe Stier selbst noch nicht mal kennengelernt …«
    »Das sagtest du. Und ich hatte so einen schönen Plan ausgearbeitet …« Walter fing an, mit einem Bein zu wackeln.
    »Was für einen Plan denn, Walter?«
    »Du hast die Absicht, mitzumachen?«
    »Ich habe kein

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