Der große Stier
– ein Lehm – ein Lehm – ein Lehm – ein Lehm …«
Er fand die flüchtigen Berührungen der nahenden Unbewußtheit so erfreulich, daß sie nicht mehr zu ertragen waren, und mit einem einzigen Schritt glitt er ins Wasser.
Er hatte nicht vorgehabt, völlig auf den Grund zu sinken. Da er sich aber dort befand, drehte er sich auf den Rücken herum und schaute vergnügt auf die sanften weißen Halbkreise, die Terhikkis Brüste auf der Wasseroberfläche bildeten. Die Wogen bewegten sie auf und ab, im Synkopen-Rhythmus zu ihren Beinbewegungen, und sandten winzige, bebend nasse Wellen aus, die von Winnies blauschwarzen Oberschenkeln abprallten. Durch eine einfache Schulterbewegung schoß er hoch über sie hinauf, so daß seine Fersen die Decke streiften; er starrte auf die zwei Köpfe herunter, die im Wasser schwammen; der eine war eine silbrig metallene Kugel, der andere ein zusammengewundenes Knäuel schwarzen Garns, das sich in seinen Händen auflöste. Er wurde ein Schaft aus Stahl, eine Nadel, die sich selbst eine Garnsträhne einfädelte und bis zu dem wogenden Gewebe des Lachens unter ihm herunterglitt. Spitze Finger kniffen ihn in die Fersen, Hände langten zwischen seine Beine, um das zu tun – zu tun – zu tun – zu tun. Er öffnete den Mund, rief eine flache Blase und wirbelte fort von ihnen, drehte seine Hüften nach rechts und links, flog an der Garnschnur entlang bis zu der Ausbauchung des Lichts am Boden. Jetzt konnte er es sehen, die Beine, den Schwanz, den Kopf mit stumpfen weißen Hörnern, ein gallertartiges, schimmerndes Tier, einen Bullen, der kopfüber durch das schwarze, duftende Wasser stürmte. Paul packte die schwarze Garnsträhne fester und zog sich selbst, mit den Händen immer weiter fassend, auf die pulsierende Helligkeit zu, bis das Tier genau unter ihm war. Wolken von glühroten Blasen prickelten und stachen seine Brust, klopfende Hufschläge pochten in seinen Ohren. Es war Zeit zum Sprunge, und er ließ los, auf einen Punkt zwischen den massiven weißen, schäumenden Schultern zielend. Hurry – hurry – hurry – hurry – ahdne – ahdne – ahdne – ahdne … HURRY! HURRY! HURRY! HURRY! AHDNE! AHDNE! AHDNE! AHDNE! Die Knie berührten es zuerst, dann seine Brust, die Arme dicht um den breiten weißen Hals, heißer Schweiß spritzte ihm in die Augen …
»Wach? Wach? Wach? Wach?«
»Bin ich – bin ich – bin ich – bin ich.« Seine eigene Stimme redete. »Wartet. Wartet. Wartet. Wartet.«
»Sind Sie wach?«
Er zog sich das Kopfkissen vom Gesicht und hustete.
»Er ist jetzt wach, Magdelaine.«
Paul starrte eine volle Minute lang gegen die Zimmerdecke. Als er sich im Bett hochsetzte, sah er zuerst zu Magdelaine, dann zu dem großen, dünnen Mann, der neben ihr stand. Er hatte kurzes rotes Haar, leblose Augen, die sich hinter einer Brille mit Bernsteinfassung bewegten, und einen schmalen Mund, den er mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand noch schmaler zusammenkniff. Er war vollständig in Weiß gekleidet.
»Ist das hier ein Krankenhaus?« fragte Paul und war erleichtert, daß seine Worte nicht als Echo nachhallten.
»Sie sind im Adventuary «, sagte Magdelaine ruhig. »Winnie und Terhikki haben Sie in mein Zimmer gebracht.«
»Wer ist das, ein Arzt?«
»Das ist Mr. Fenton Knowles. Mr. Knowles, dies ist der Amerikaner, von dem ich Ihnen erzählt habe, Paul Odeon.«
»Sehr erfreut, wirklich«, sagte Knowles.
»Entschuldigen Sie, daß ich nicht aufstehe.« Paul zog sich die langen Haare vor den Augen weg und schlug das Bettuch um seine nackte Hüfte. »Wir Indianer reisen mit wenig Gepäck.«
»Er war im Atlantis-Schwimmbecken«, erklärte Magdelaine und sah dann wieder Paul an. »Da Sie wochenlang keinen Alkohol getrunken haben, kann ich mir denken, daß es für Sie ein Erlebnis war. Sie haben fast vierundzwanzig Stunden geschlafen.«
Paul verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich in das Kissen zurück. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu erzählen – als Indianerin mit einem Indianer redend –, wie Sie das anfangen?«
»Der Mischung von Dämpfen wird ein verfeinerter Lehm beigefügt. Die Schneekinder hier sind daran gewöhnt … Aber er wirkt intensiver als der Lehm, den Sie in den Reservaten bekommen konnten.«
»Woher wissen Sie, daß ich in Reservaten gewesen bin?«
»Es ist mein Volk …« Sie faltete die Hände unter dem Kinn. »Vom Mount Tamalpais sind Siezum Round-Valley-Reservat gegangen, von da zum Hoopa-Valley-Reservat, für
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