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Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition)

Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition)

Titel: Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cheryl Strayed
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kommen«, sagte ich mit ruhiger Stimme, zog einen Zwanzigdollarschein aus der Hosentasche und schob ihn über den Tisch. Sie nahm das Geld und gab mir zwei Dollar heraus, dazu einen Meldeschein und einen Kuli, der an einer Kette hing. »Ich bin zu Fuß, kann also den Autoteil nicht beantworten«, sagte ich, deutete auf das Formular und lächelte, aber sie lächelte nicht zurück. »Außerdem habe ich eigentlich keine Adresse. Ich bin auf Reisen, deswegen …«
    »Tragen Sie die Adresse ein, an die Sie zurückkehren«, sagte sie.
    »Das ist es ja. Ich weiß nicht, wo ich anschließend wohnen werde, weil …«
    »Dann die Ihrer Angehörigen«, blaffte sie. »Wo die eben wohnen.«
    »Okay«, sagte ich und trug Eddies Adresse ein, obwohl meine Beziehung zu Eddie in den vier Jahren seit dem Tod meiner Mutter auf so schmerzliche Weise abgekühlt war, dass ich nicht mehr meinen Stiefvater in ihm sehen konnte. Ich hatte kein »Zuhause« mehr, obwohl das Haus, das wir gebaut hatten, noch stand. Leif, Karen und ich waren als Geschwister zwar untrennbar miteinander verbunden, aber wir hatten kaum noch Kontakt, da wir ganz unterschiedliche Leben führten. Paul und ich hatten im Monat zuvor nach quälender einjähriger Trennung unsere Scheidung hinter uns gebracht. Ich hatte liebe Freunde, die ich manchmal als meine Familie bezeichnete, aber unsere Beziehung war unverbindlicher und sporadischer Natur, familiär mehr in Worten als in Taten. »Blut ist dicker als Wasser«, hatte meine Mutter immer gesagt, als ich heranwuchs, und ich hatte ihr oft widersprochen. Aber wie sich zeigte, war es egal, ob ich recht gehabt hatte. Mir war beides zwischen den Fingern zerronnen.
    »Hier«, sagte ich zu der Frau und schob ihr den Meldezettel hin, aber sie wandte sich mir nicht zu. Ihr Blick war auf einen kleinen Fernseher gerichtet, der auf einem Tisch hinter der Theke stand. Die Abendnachrichten. Ein Bericht über den Prozess gegen O. J. Simpson.
    »Glauben Sie, er ist schuldig?«, fragte sie, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden.
    »Es sieht so aus, aber noch kann man, glaube ich, nichts sagen. Wir kennen noch nicht alle Fakten.«
    »Natürlich hat er es getan!«, schrie sie.
    Als sie mir endlich den Schlüssel gab, ging ich über den Parkplatz zu einer Tür am anderen Ende des Gebäudes, schloss auf, trat ein, stellte mein Gepäck ab und setzte mich auf das weiche Bett. Ich war jetzt in der Mojave-Wüste, aber das Zimmer war seltsam klamm und roch nach nassem Teppich und Desinfektionsmittel. Ein weißer Metallkasten mit Lüftungsschlitzen erwachte in der Ecke scheppernd zum Leben – ein Raumkühler, der ein paar Minuten lang eiskalte Luft ins Zimmer pustete und sich dann unter dramatischem Geklapper, das mein unbehagliches Gefühl der Einsamkeit noch verstärkte, wieder abschaltete.
    Ich spielte mit dem Gedanken, auszugehen und mir Gesellschaft zu suchen. Es wäre ein Leichtes gewesen. Die vorangegangenen Jahre waren ein wahres Fest an One-Night-Stands gewesen, denen gelegentlich auch eine zweite oder dritte Nacht folgte. Inzwischen kamen sie mir so lächerlich vor, all diese Intimitäten mit Männern, die ich nicht liebte, und dennoch sehnte ich mich nach einem Körper, der sich an meinen schmiegte und alles andere auslöschte. Ich stand vom Bett auf, um das Verlangen abzuschütteln, um die sehnsüchtigen Gedanken, die mir durch den Kopf wirbelten, zu stoppen: Ich könnte in eine Bar gehen. Ich könnte mich von einem Mann zu einem Drink einladen lassen. Ich könnte im Handumdrehen mit ihm wieder hier sein.
    Gleich hinter diesem Verlangen rangierte der Wunsch, Paul anzurufen. Er war jetzt mein Exmann, aber immer noch mein bester Freund. Sosehr ich mich in den Jahren nach dem Tod meiner Mutter auch von ihm zurückgezogen hatte, so sehr hatte ich mich doch auch auf ihn gestützt. Mitten in meinem stillsten Eheleid hatten wir auch gute Zeiten gehabt, waren wir tatsächlich und merkwürdigerweise ein glückliches Paar gewesen.
    Der Blechkasten mit den Lüftungsschlitzen sprang wieder an, und ich stellte mich vor ihn hin und ließ die eisige Luft gegen meine nackten Beine blasen. Ich hatte noch die Sachen an, in denen ich am Vorabend aus Portland abgeflogen war, jedes Teil nagelneu. Es war meine Wanderkleidung, und ich kam mir darin etwas fremd vor, wie jemand, der ich noch nicht geworden war. Wollsocken und lederne Wanderstiefel mit Metallschließen. Marineblaue Shorts mit wichtig aussehenden Klettverschlusstaschen. Unterwäsche aus einem

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