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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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Fußbekleidung entsprachen ebenfalls dem ungefähren vorderasiatischen Stile des Altertums. Die betreffende Studie hatte er in der Ausführung zwar nicht benutzt; jetzt aber schien ihm das Kleid tauglich, um darin einen Scherz vorzubringen und am Hofe der Liebesgöttin sich als gestriger Jagdkönig im Hofgewande einzufinden. Dazu ließ er Haar und Bart mit Brenneisen und duftenden Ölen formieren und kräuseln und legte schließlich um die nackten Vorderarme abenteuerliche Spangen und Ringe. Das alles beschäftigte ihn reichlich bis zur Mitte des Tages, nachdem er in der leidenschaftlichen Verirrung, die ihn befallen, wenig genug geschlafen haben mochte.
    Meinerseits hatte ich gar nicht geschlafen, sondern fuhr gleich in der Morgenfrühe mit der Hauptschar hinaus. Große Wagen, mit Landsknechten beladen und von deren Spießen starrend, rasselten voraus und ihnen nach eine lange Reihe von Fuhrwerken aller Art in die helle Morgensonne hinein, am Rande der schönen Buchenwälder, hoch auf den Uferhängen des Stromes, der in glänzenden Windungen um die Geschiebe-und Gebüschinseln rauschte.
    Es war ein milder Februartag und der Himmel blau; die Bäume wurden bald von der Sonne durchschossen, und wenn ihnen das Laub fehlte, so glänzte das weiche Moos auf dem Boden und auf den Stämmen um so grüner, und in der Tiefe leuchtete das blaue Bergwasser.
    Das bunte Volk ergoß sich über eine malerische Gruppe von Häusern, welche vom Wald umgeben auf der Uferhöhe lag. Ein Forsthof, ein altertümliches Wirtshaus und eine Mühle am schäumenden Waldbach waren bald in ein gemeinsames Lustlager verwandelt und verbunden; die stillen Bewohner sahen sich von dem berühmten Feste gleichsam in Person überrascht und umklungen und hatten genug zu tun mit Sehen und Hören, Bewundern und Belachen alles dessen, was sie in hundert Gestalten so plötzlich von allen Seiten umgab. Den Künstlern aber weckte die freie Natur, der erwachende Lenz den Witz in der tiefsten Seele; die frische Luft legte die beweglichsten Fühlfäden der Freude bloß, und wenn die Lust der entschwundenen Nacht auf Verabredung und geplanter Einrichtung beruhte, so lockte die jetzige Tageslust zufällig und frei zum lässigen Pflücken, wie die Frucht am Baume. Die dem phantasierenden Fühlen und Genießen angemessenen Kleider waren nun wie etwas Hergebrachtes, das schon nicht mehr anders sein kann, und in ihnen begingen die Glücklichen tausend neue Scherze, Spiele und Torheiten von der geistreichsten wie von der kindlichsten Art, oft plötzlich unterbrochen durch einen wohlklingenden, festen Gesang, hier unter Bäumen, dort aus einer Schenkstube oder aus dem Ringe von Landsknechten, welche die Müllerstochter umstellt hatten. Aber bei allem Selbstvergessen blieb jeder, was er war, und huschten die ewigen Menschlichkeiten wie leise Schatten über die frohen Gesichter. Der Mürrische schmollte ein weniges bei Gelegenheit, der Mutwillige reizte den Übelnehmer, der Sorglose den Tadelsüchtigen zu einem kleinen Gezänk; der Gedrückte dachte unversehens einmal an seine Sorgen und tat einen tiefern Atemzug; der Sparsame und Ängstliche überzählte verstohlen seine Barschaft, und der Leichtsinnige, der schon fertig war, überraschte und kränkte ihn durch ein Darlehnsbegehren. Aber alles dies kräuselte sich im Fluge vorüber wie der Lufthauch auf dem Glanze eines Wasserspiegels.
    Auch ich geriet eine Weile in einen solchen Wolkenschatten. Ich war dem Mühlbache nach tiefer in das Gehölz gegangen und wusch mir das Gesicht mit den frischklaren Wellen; dann setzte ich mich auf das Holzwerk einer Wasserschwelle und überdachte die vergangene Nacht und das seltsame Abenteuer im Hausflur der Agnes. Das sanfte Rauschen des Wassers brachte mich in einen Halbschlummer, in welchem meine Gedanken wie träumend in die Heimat wanderten; ich glaubte an der Seite der toten Anna an dem stillen Waldwasser zu sitzen in der Tracht des Tellenspieles; dann sah ich mich an ihrer Seite durch die Abendlandschaft reiten und sah alles mit ruhigem Herzen wie eine Erscheinung verschollener Tage, welche für sich abgeschlossen und nicht mehr zu ändern ist. Unversehens aber verlor sich und verblich das Bild vor der Gestalt der Judith, mit der ich durch die Nacht wandelte; ich war bei ihr im Hause, während die barmherzigen Brüder es belagerten, ich sah sie in ihrem Baumgarten aus dem Herbstdufte hervortreten und endlich auf dem Wagen der Auswanderer in die Ferne verschwinden. Wo ist sie? Was ist

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