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Der gute Mensch von Sezuan

Der gute Mensch von Sezuan

Titel: Der gute Mensch von Sezuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Langsam. Ich kenne jemand, der mir da vielleicht helfen könnte. Einen, der schon einmal Rat geschaffen hat. Ich wollte ihn eigentlich nicht mehr rufen, da er zu hart und zu schlau ist. Es müßte wirklich das letzte Mal sein. Aber ein Flieger muß fliegen, das ist klar.
    Fernes Motorengeräusch.
    FRAU YANG Wenn der, von dem Sie sprechen, das Geld beschaffen könnte! Sehen Sie, das ist das morgendliche Postflugzeug, das nach Peking geht!
    SHEN TE entschlossen: Winken Sie, Frau Yang! Der Flieger kann uns bestimmt sehen! Sie winkt mit ihrem Shawl. Winken Sie auch!
    FRAU YANG winkend: Kennen Sie den, der da fliegt?
    SHEN TE Nein. Einen, der fliegen wird. Denn der Hoffnungslose soll fliegen, Frau Yang. Einer wenigstens soll über all dies Elend, einer soll über uns alle sich erheben können!
    Zum Publikum:
    Yang Sun, mein Geliebter, in der Gesellschaft der Wolken!
    Den großen Stürmen trotzend
    Fliegend durch die Himmel und bringend
    Den Freunden im fernen Land
    Die freundliche Post.
    Z WISCHENSPIEL
V OR DEM V ORHANG
    Shen Te tritt, in den Händen die Maske und den Anzug des Shui Ta, auf und singt
    D AS L IED VON DER W EHRLOSIGKEIT DER G ÖTTER UND G UTEN
    In unserem Lande
    Braucht der Nützliche Glück. Nur
    Wenn er starke Helfer findet
    Kann er sich nützlich erweisen.
    Die Guten
    Können sich nicht helfen und die Götter sind machtlos.
    Warum haben die Götter nicht Tanks und Kanonen
    Schlachtschiffe und Bombenflugzeuge und Minen
    Die Bösen zu fällen, die Guten zu schonen?
    Es stünde wohl besser mit uns und mit ihnen.
    Sie legt den Anzug des Shui Ta an und macht einige Schritte in seiner Gangart.
    Die Guten
    Können in unserem Lande nicht lang gut bleiben.
    Wo die Teller leer sind, raufen sich die Esser.
    Ach, die Gebote der Götter
    Helfen nicht gegen den Mangel.
    Warum erscheinen die Götter nicht auf unsern Märkten
    Und verteilen lächelnd die Fülle der Waren
    Und gestatten den vom Brot und vom Weine Gestärkten
    Miteinander nun freundlich und gut zu verfahren?

    Sie setzt die Maske des Shui Ta auf und fährt mit seiner Stimme zu singen fort.
    Um zu einem Mittagessen zu kommen
    Braucht es der Härte, mit der sonst Reiche gegründet werden.
    Ohne zwölf zu zertreten
    Hilft keiner einem Elenden.
    Warum sagen die Götter nicht laut in den obern Regionen
    Daß sie den Guten nun einmal die gute Welt schulden?
    Warum stehn sie den Guten nicht bei mit Tanks und Kanonen
    Und befehlen: Gebt Feuer! und dulden kein Dulden?

5
Der Tabakladen
    Hinter dem Ladentisch sitzt Shui Ta und liest die Zeitung. Er beachtet nicht im geringsten die Shin, die aufwischt und dabei redet.
    DIE SHIN So ein kleiner Laden ist schnell ruiniert, wenn einmal gewisse Gerüchte sich im Viertel verbreiten, das können Sie mir glauben. Es wäre hohe Zeit, daß Sie als ordentlicher Mann in die dunkle Affäre zwischen dem Fräulein und diesem Yang Sun aus der Gelben Gasse hineinleuchteten. Vergessen Sie nicht, daß Herr Shu Fu, der Barbier von nebenan, ein Mann, der zwölf Häuser besitzt und nur eine einzige und dazu alte Frau hat, mir gegenüber erst gestern ein schmeichelhaftes Interesse für das Fräulein angedeutet hat. Er hatte sich sogar schon nach ihren Vermögensverhältnissen erkundigt. Das beweist wohl echte Neigung, möchte ich meinen. Da sie keine Antwort erhält, geht sie endlich mit dem Eimer hinaus.
    SUNS STIMME von draußen: Ist das Fräulein Shen Tes Laden?
    STIMME DER SHIN Ja, das ist er. Aber heute ist der Vetter da.
    Shui Ta läuft mit den leichten Schritten der Shen Te zu einem Spiegel und will eben beginnen, sich das Haar zu richten, als er im Spiegel den Irrtum bemerkt. Er wendet sich leise lachend ab. Eintritt Yang Sun. Hinter ihm kommt neugierig die Shin. Sie geht an ihm vorüber ins Gelaß.
    SUN Ich bin Yang Sun. Shui Ta verbeugt sich. Ist Shen Te da?
    SHUI TA Nein, sie ist nicht da.
    SUN Aber Sie sind wohl im Bild, wie wir zueinander stehen. Er beginnt den Laden in Augenschein zu nehmen. Ein leibhaftiger Laden! Ich dachte immer, sie nimmt da den Mund etwas voll.
    Er schaut befriedigt in die Kistchen und Porzellantöpfchen. Mann, ich werde wieder fliegen! Er nimmt sich eine Zigarre und Shui Ta reicht ihm Feuer. Glauben Sie, wir können noch 300 Silberdollar aus dem Laden herausschlagen?
    SHUI TA Darf ich fragen: haben Sie die Absicht, ihn auf der Stelle zu verkaufen?
    SUN Haben wir denn die 300 bar? Shui Ta schüttelt den Kopf. Es war anständig von ihr, daß sie die 200 sofort herausrückte. Aber ohne die 300, die noch

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