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Der gute Stalin

Der gute Stalin

Titel: Der gute Stalin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Jerofejew
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Parterre, links vom Lift, diente als konspiratives Hauptquartier) klingelte der populärste Metropol -Autor Wladimir Wyssozki (aus der Vogelperspektive: der sowjetische Bob Dylan) und antwortete auf die Frage »Wer da?«:
    »Wird hier Falschgeld gedruckt?«
    Die Anzahl der Berühmtheiten wuchs. Wir lachten und wussten, dass wir für unsere Sache eine in die Fresse kriegen würden. Dass aber die Staatsmacht vollkommen durchdreht, das hatten wir nicht erwartet.
    Metropol hatte viele unsichtbare Helfer. Sie tippten die ausgewählten Texte auf der Schreibmaschine ab und lasen Korrektur. 12000 Manuskriptseiten mussten auf dickes Zeichenpapier geklebt werden, wenn man unsere symbolische Auflage von zwölf Exemplaren nimmt, die in der Folge buchstäblich zerlesen wurden, was ich anhand meines eigenen Exemplars beurteilen kann. Wo sind diese zwölf literarischen Stühle abgeblieben? Das ist eine literaturarchäologische Frage. Wie sah der Almanach Metropol in seiner Erstfassung aus? Auf jeder Seite gab es vier maschinengeschriebene Manuskriptseiten. Den Blindband entwarf der Künstler David Borowski vom Taganka-Theater. Er sah aus wie eine grünliche Grabplatte. Von einem anderen Theaterkünstler, Boris Messerer, stammten das Frontispiz und unser Markenzeichen – ein altmodisches Grammofon mit mehreren »pluralistischen« Schalltrichtern. Zuerst wollten wir auch Fotos von allen Autoren hineinkleben. Gorenstein brachte gleich zwei mit: eins von vorn und eins von der Seite. Aber dann wurde uns klar, dass sich die Fotos beim Umblättern der Seiten rasch vom Papier lösen würden, und wir verzichteten darauf.
    Wir stellten den Almanach in Form eines Manuskriptbuches fertig und hatten vor, ihn offiziell den Behörden zu übergeben, damit er in der UdSSR und im Ausland gedruckt wurde. So hieß es auch im Vorwort: »Darf in gedruckter Form nur in der vorliegenden Fassung erscheinen. Hinzufügungen und Kürzungen sind nicht gestattet.« Diese Forderung brachte unsere Opponenten besonders in Rage.
    Später beschuldigte man uns, wir hätten den Almanach Metropol nur gemacht, um ihn illegal im Westen zu veröffentlichen. Das entspricht nicht der Wahrheit. Wir verabredeten zwar heimlich mit uns bekannten französischen und amerikanischen Diplomaten, dass diese den Almanach ins Ausland schaffen sollten, nicht jedoch, um ihn dort drucken zu lassen, sondern lediglich zur sicheren Aufbewahrung, und das erwies sich als weise Voraussicht. Das »französische« Exemplar, von mir in einer Seitengasse des Nowy Arbat aus dem Kofferraum meines grünen Shiguli in den Kofferraum eines Renault verfrachtet, brachte Yves Hamand, Kulturattaché der französischen Botschaft, in einer Stofftasche mit langen Tragegriffen durch die Zollkontrollen des Flughafens Scheremetjewo nach Paris. Das »amerikanische« Exemplar wurde Ray Benson übergeben, Botschaftsrat für Kultur der amerikanischen Botschaft in Moskau, meinem zukünftigen Freund, der heute pensioniert ist und in Middlebury im Staat Vermont lebt.
    Der »gesetzwidrige«, um nicht zu sagen »verbrecherische« Übergabeakt fand an einem der kältesten Januartage in der Geschichte Russlands statt. Das Thermometer zeigte minus 40 Grad Celsius an. Die Moskauer Straßen waren leer gefegt – die meisten Autos eingefroren. Ray begriff sofort die Bedeutung der »Bombe«. Er lächelte verschmitzt, zog fröhlich die erkältete Nase hoch, klemmte sich nach unserem Mittagessen die »Bombe« unter den Arm und trug sie von Axjonows Datscha in Krasnaja Pachra durch den tiefen Schnee zu seinem Diplomatenauto. Am nächsten Tag erstattete er in einem Geheimzimmer der amerikanischen Botschaft dem Botschafter Bericht, und der schnipste, ohne ein Wort zu sagen, zustimmend mit dem Finger – los! Der Almanach flog mit Diplomatenpost nach Washington.
    *
    Unsere Idee war folgende: Wir geben eine Metropol -Vernissage, auf der wir den Almanach dem Leserpublikum vorstellen. Dafür mieteten wir das Café »Rhythmus« beim Miusskaja-Platz, wo meine Eltern vor dem Krieg studiert und später geheiratet hatten. Wir einigten uns auf eine ziemlich ausgefallene Bewirtung (Kalatschi mit rotem Kaviar und Sekt) und luden etwa dreihundert Leute ein: sowjetische und westliche Journalisten, Regisseure, Sänger, Kosmonauten und ausländische Diplomaten. Zu sowjetischen Zeiten war das eine große »Provokation«. Es folgte eine Art Krimi.
    Der KGB reagierte militärisch: Seine Mitarbeiter riegelten das Viertel ab und besetzten die

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