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Der gute Stalin

Der gute Stalin

Titel: Der gute Stalin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Jerofejew
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möglichen »Einflussagenten« nach Paris schickte, und mein Vater schnitt von diesem französischen Kuchen sehr diplomatisch ein kleines Stück ab. Als die Franzosen sich besannen, traten sie mit Vaters Entlarvung auf den Plan. Vater schickte über mich ein Dementi an L’Express . Dort wunderten sie sich wahrscheinlich, dass er noch am Leben war, und antworteten überhaupt nicht, das Dementi wurde nicht abgedruckt, was zumindest unhöflich war. Vater bedrängte und bat mich, über meine französischen Journalistenfreunde auf die französische Presse einzuwirken. In seiner Aufregung beklagte er sich einmal sogar bei Bella Achmadulina.
    »So ist das«, sagte sie feindselig, in der Rolle des ewigen Gewissens, »ich zum Beispiel habe mich mal mit einem Diplomaten freundschaftlich unterhalten, und er hat mich daraufhin bei seiner Behörde denunziert. Das ist unfair, ich würde sogar sagen, unanständig.«
    »In der diplomatischen Praxis«, erklärte ihr Vater und lüftete ein wenig den Vorhang vor den Geheimnissen seines Berufs, »existieren spezifische Arbeitsformen, die Diplomaten in der ganzen Welt schreiben Protokolle über ihre Arbeitsgespräche.«
    Weiter wollte er sagen, dass das Gesprächsprotokoll eine wichtige Informationsquelle über die Situation in dem Land ist, in dem sich der Diplomat aufhält …
    Stil markiert den Schurken.
    Kurzum, dadurch wird es möglich, konkrete Maßnahmen zur Weiterentwicklung und Vertiefung der Beziehungen und der Zusammenarbeit mit diesem Land auszuarbeiten. Solche Gesprächsprotokolle werden nach einem festgelegten Verteiler an die Zentrale geschickt, inklusive Minister, dessen Stellvertreter, Leiter entsprechender territorialer Abteilungen.
    Als Vater dieses Geheimnis den Musikern offenbarte, hörten sie ihm zu, für sie war ein Minister trotz allem auch eine wichtige Person, aber mit der Dichterin kam es zu keinerlei Verständigung, und das Gespräch drohte in gegenseitiger Entfremdung zu versinken. Zudem begannen die russischen Journalisten, die nach Vaters Meinung eine patriotische Position hätten einnehmen müssen, L’Express zu unterstützen, Vater begann aus irgendeinem Grund, sie sowjetisch zu nennen und zur Ordnung zu rufen, beschwerte sich bei meinem ehemaligen Nachbarn im Diplomatenhaus (dort hatte mich Vater in einer Wohnungskooperative untergebracht), der zu der Zeit die Presseabteilung im Außenministerium leitete, und bat ihn um eine Pressekonferenz, aber der ließ Papa abblitzen wie eine lästige Fliege. Vater meldete sich oben an, bei Minister Primakow, aber der fand nicht die Zeit, den Pensionär zu empfangen. Der stellvertretende Minister empfing ihn dann doch (was Vater als altem Beamten eine gewisse Befriedigung verschaffte), und Vater bekam Gelegenheit, auf die Franzosen zu schimpfen, wobei er entschieden betonte, dass er kein Spion gewesen sei. Da schrieb dieser gemeine französische Historiker auch noch, dass Vater in Schweden ebenfalls Spion gewesen sei. Das war für mich eigentlich keine Offenbarung. Noch zu Sowjetzeiten entdeckte ich ein bekanntes amerikanisches Buch (hieß der Autor Smith?) über den KGB (das Buch stand bei meinen Eltern im Bücherregal) und fand darin Vaters Namen in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in Schweden. Der Franzose behauptete, dass Vater dem GRU nützliche Dienste geleistet habe. Gerade darauf war Vater ja stolz.
    VATER Im Auftrag der Kollontai hielt ich ständigen Kontakt zu dänischen und norwegischen Patrioten, die gegen Hitler kämpften und die oft nach Schweden kamen. Sie berichteten über die militärischen Operationen der Nazis, und ich teilte dies der Kollontai mit. Sie gab diese Informationen nach Moskau weiter und auch an die Verbündeten. So übermittelte sie dem britischen Botschafter Informationen, die ich von den dänischen Patrioten erhalten hatte, und zwar über den Standort von Hitlers Raketenbasen für die V1 und V2 , die auf England und vor allem London gerichtet waren. Daraufhin wurden diese Basen sofort von der englischen Luftwaffe bombardiert.
    »Nur solche Pseudo-Patrioten wie dieser Thierry Valton«, sagte Vater zu mir, »die sich während des Krieges weiß der Teufel womit beschäftigt haben, können uns, den sowjetischen Diplomaten, die wir vom Außenministerium der UdSSR gesandt waren, den Vorwurf machen …«
    Ich hörte nicht weiter zu. Ich dachte über die Bedeutung des Wortes »Patriot« nach, darüber, dass 1945 der Krieg für einen sowjetischen Diplomaten nicht zu Ende war. Was gegen

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