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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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handelt. Wenn
    wir Freunde auf unseren Besuch vorbereiten, geben wir ihnen die
    Möglichkeit, uns nicht zu empfangen. Es könnte doch sein, dass unser
    Besuch mit dem eines Dritten zusammenfällt, den wir aus irgendeinem
    Grunde nicht treffen sollten.
    Im Geschäftsleben ist das Telefon die grösste Erfindung des 20.
    Jahrhunderts. Sein Missbrauch ist fast zu empfehlen. Man sollte aber
    einen Geschäftsfreund nur dann auf seiner Privatnummer anrufen,
    wenn er es erlaubt hat und nicht wenn wir seine Privatnummer auf
    Schleichwegen erfahren haben. Was das Geheimnis der
    Geheimnummern angeht, die die Gangster von Chicago so liebten, so
    ist es in dem neuen Amerika besser gewahrt als im alten Europa. Es
    lohnt sich nicht, von der Post zu verlangen, Ihre Nummer im Buch
    nicht erscheinen zu lassen. Das ist nur ein Mittel um die Neugierde zu
    reizen, und Ihre Geheimnummer schnell populär zu machen. Und
    schliesslich empfiehlt es sich, telefonieren zu lernen. Telefonieren
    können, heisst nicht nur die Nummer zu wählen, sondern genau zu
    wissen, was man sagen will, wenn die Verbindung hergestellt ist. Wie
    schade, dass die Post die Stadtgespräche nicht mehr nach ihrer Dauer
    berechnet. Wieviele hätten dadurch gelernt, sich als wohlerzogene
    Menschen zu benehmen, und würden die Angerufenen nicht mit
    endlosen Reden belästigen, die nichts anderes kosten, als die
    Langeweile des Zuhörens. Der gute Ton verbietet es, Leute länger als
    notwendig am Apparat zu halten. Man soll auch am Telefon die Zeit
    des andern achten. Es ist bedauerlich, dass man nur bei
    Ferngesprächen daran denkt und auch dann nur, wenn man sie selbst
    angemeldet hat, das heisst, wenn sie auf eigene Kosten gehen.
    Man sollte ein Telefongespräch während man Besuch hat, nur
    ausdehnen, wenn es nicht anders geht. In diesem Fall sollen die
    Umstehenden ihre Unterhaltung leise weiterführen, ohne ganz
    aufzuhören zu sprechen. Sie werden dadurch den Eindruck vermeiden,
    an dem Gespräch stark interessiert zu sein und kein Wort davon
    verlieren zu wollen.
    Sind Sie im Haus eines Bekannten um zu telefonieren, empfiehlt es
    den Hausbewohnern der Takt, unter einem Vorwand das Zimmer zu
    verlassen.
    Nur in dringenden Fällen können Sie jemanden anrufen, der
    irgendwo zu Gast ist. Wenn Sie den Hausherrn kennen, müssen Sie
    sich bei ihm entschuldigen und ihn bitten, Herrn... an den Apparat zu
    rufen.
    POSTSCRIPTUM.
    Wir können das Kapitel Briefwechsel nicht abschliessen, ohne ein
    Wort über das Postscriptum — den Nachsatz — hinzuzufügen. Haben
    Sie keine Angst es anzuwenden, und fangen Sie einen Brief nicht
    wieder an, weil Sie etwas vergessen haben, was Sie gut in einem
    Postscriptum hinzufügen können. Sie haben das Recht zu einem
    Postscriptum, aber nicht zu fünf oder sechs. Ein Nachsatz genügt, mehr
    als einer ist ein Zeichen eines zerstreuten Charakters. Man kann diese
    Möglichkeit benutzen, um den Leser des Briefes amüsanter als mit
    einer banalen Höflichkeitsformel zu verlassen. Das Postscriptum wird
    die letzte Pointe enthalten, es erlaubt auch, die Aufmerksamkeit auf
    eine Nachricht oder Frage zu lenken, die ziemlich wichtig ist, ohne
    Hauptgegenstand des Briefes zu sein.
    Wenn Sie einer Sache einer besondere Ueber-raschungswirkung
    sichern wollen, machen Sie absichtlich einen Nachsatz, obwohl Sie
    nichts vergessen haben, im Gegenteil. Das ist erlaubte Kriegslist.
    Das Postscriptum steht in der linken unteren Ecke des Briefes,
    P. S,
    VIII.
    DI E EINLADUNGEN
    Die gesellschaftlichen Beziehungen in unserm nach gutem Essen
    hungernden und nach Vergnügen durstenden Zeitalter beginnen erst,
    wenn man seine Freunde bewirtet, oder von ihnen eingeladen wird.
    Die richtige Freundschaft fängt erst mit dem Empfang zu Hause an.
    Wir wollen aber zuerst eine gemeinsame Verabredung ausser Haus
    beleuchten.
    WIE LADET MAN EIN?
    Früher lud man schriftlich ein, und eine mündliche Einladung
    musste noch brieflich bestätigt werden. Wenn die Gäste zahlreich
    waren, schickte man vielfach gedruckte Einladungen. Aber diese
    gedruckten Einladungen wurden nur für die grossen Ereignisse im
    Leben versandt. Wir werden später noch von ihnen sprechen. Zu
    einem Ball musste die Einladung mindestens vierzehn Tage vorher
    erfolgen, für ein Festmahl etwa acht Tage früher.
    Heute spielen diese Fristen keine Rolle mehr. Man ladet nur selten
    schriftlich ein, gewöhnlich wird alles Nähere bei einem Treffen
    vereinbart. Man einigt sich darüber, was man

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