Der Gute Ton 1950
erwidern, weil sie vielleicht nicht so elegant gekleidet
ist wie wir.
KÜNDIGUNGSFRIST
geht über den Rahmen dieses kleinen Buches hinaus. Das Arbeitsamt
wird hier die nötigen Auskünfte geben. Die Arbeitgeber haben das
Recht, das Gepäck ihrer Hausgehilfen zu überprüfen, wenn sie aus
dem Dienst entlassen werden. Aber nur bei einer Anfängerin wird man
im Koffer einige »Souvenirs« finden! Auf jeden Fall ist dieses kleinliche
Benehmen nicht zu empfehlen, man muss zu seinem Personal
Vertrauen haben — denn ein übergrosses Misstrauen wird am ehesten
bestraft.
DIE TIERE.
Jeder Mensch hat das Recht, seine Zärtlichkeit einem Vogel, einem
Kätzchen oder einem Hund zuzuwenden. Man kann sich ihnen
gegenüber alle Zärtlichkeitsäusserungen erlauben, solange man allein
in seiner Wohnung ist. Man soll dafür Verständnis haben, denn
manchem alleinstehenden Menschen ersetzt solch ein kleines Tierchen
eine ganze Welt. Man soll auch nicht lachen, wenn nach dem
»Liebling« gefragt wird. Wir müssen die Gefühle anderer achten, wenn
wir sie auch nicht teilen. Wir werden Mitleid zeigen, wenn wir hören,
dass der kleine Goldfisch gestorben, oder dass das Kätzlein krank ist.
Aber Sie selbst sollten sich keine Verschrobenheiten zulegen. Ein Tier
kann ein wirklicher Freund sein. Aber das ist kein Grund, anderen die
Anwesenheit von Tieren zuzumuten. Man muss seine Haustiere
»zähmen«, damit die Katze nicht die Nylonstrümpfe der Damen
zerreisst, oder der Hund die Unterhaltung durch sein Bellen stört. Es
ist auch besser, wenn ein Papagei nicht gerade Aeusserun-gen
wiederholt, die nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt sind. Man sollte
die Liebe zu einem Goldfisch dulden, sie richten die Wirtschaft eines
Landes nicht zugrunde und sie haben bis jetzt noch keinen
diplomatischen Zwischenfall verursacht. Man nimmt Haustiere nicht
mit zu Besuch, wenn man nicht vorher darum gebeten hat, auch wenn
es sich um eine Einladung aufs Land zu einem Wochenende handelt.
Man sollte auch nicht öffentlich die besten Bissen dem Tier geben. Man
versteht zwar eine Leidenschaft nur dann, wenn man sie selbst kennt,
aber andere finden es vielleicht ab-stossend, wenn mit dem Tier vom
gleichen Teller gegessen wird. Es ist selbstverständlich, dass Tiere in
der Küche gefüttert werden. Ein junger Schauspieler, der seinen Hund
sehr liebte, verbrachte mit ihm ein Wochenende bei Bekannten. Er
reiste jedoch ab, als er sah, dass sein Hund nicht so behandelt wurde,
wie er es gern sah. Einige Tage später erhielt er von den gleichen
Gastgebern eine Einladung für ein anderes Wochenende, aber sie war
an den Hund gerichtet. Man betonte, dass man sehr glücklich wäre,
wenn er seinen Herrn mitbrächte, auch er wäre herzlich willkommen.
Man kann einen Fehler nicht mit mehr Takt gutmachen.
DER EHEPARTNER.
Man denkt vielleicht, dass es überflüssig ist, über Höflichkeit dem
Ehepartner gegenüber zu sprechen. Man glaubt, dass Zuneigung und
Liebe der guten Manieren entbehren können. Wir sind überzeugt, dass
gute Manieren Gefühle zwar nicht ersetzen können, dass das eine das
andere jedoch nicht ausschliesst.
Ehepartner sollten einander mit ebensoviel Höflichkeit begegnen, wie
sie einem Fremden gegenüber tun würden. Liebe darf kein Vorwand
sein, rücksichtslos zu sein. Eine Frau soll nicht in respektlosem Ton mit
ihrem Mann sprechen, sie erkennt ihn — mindestens vor Dritten — als
den Herrn des Hauses an. Sie nennt ihn nicht »Der Alte«, selbst nicht
Papa, solche Namen sind nicht schön. Man sollte sich an den
amerikanischen Ehemännern ein Beispiel nehmen. Sie nennen ihre
Frau noch Baby und Liebling, auch wenn sie schon beinahe achtzig
Jahre alt ist. Ein Mann darf für eine Frau nicht nur der Vater ihrer
Kinder sein, er soll auch ihr Geliebter bleiben. Ehegatten sollten nicht
über Liebe sprechen, als ob es sich für sie um längst verflossene Dinge
handle.
Ein Ehemann darf verlangen, dass gut gekocht wird, denn es ist kein
angenehmes Vorrecht, das Versuchskaninchen zu sein, dem man alle
verbrannten oder missratenen Gerichte vorsetzt. Wenn die Ehefrau
ihrem Mann die Tür öffnet, soll sie stets gut und ordentlich angezogen
sein, als begrüsse sie einen Fremden. Der Mann ist auch ein Gast. Er
wird sich niemals über ein Zuviel an Aufmerksamkeit beklagen. Ein
Hollywooder Filmschauspieler und seine Frau erfanden den Trick,
sich von Zeit zu Zeit so zu benehmen, als sähen sie sich zum
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