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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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hinnehmen sollten: Unsere Küche ist nicht überall in der
    Welt als die Beste anerkannt. Wir müssen zugeben, dass es zwei
    unübertreffliche Küchen gibt: die französische und die chinesische
    Küche. Es ist vorsichtiger, wir zeigen Gästen den Reiz der chinesischen
    Kochkunst nicht in einem ausschliesslich chinesischen Restaurant,
    sondern da, wo wir Gelegenheit haben, auch nicht chinesische Gerichte
    zu essen. Es gibt »Barbaren«, die Schwalbennester nicht schätzen, sie
    werden sich mit einem Beefsteak trösten.
    Lassen Sie sich lieber von der französischen Küche beeinflussen, die
    jedermann schätzt.
    Hausfrauen, die die schwierigen Vorbereitungen für ein erfolgreiches
    Mahl fürchteten, haben den Ausweg gefunden, ein fertiges Essen in
    einem Restaurant zu bestellen. Das Essen wird eine halbe Stunde vor
    der festgesetzten Zeit von einem Koch gebracht, der darüber wacht,
    dass richtig serviert wird. Man merkt aber immer, ob ein Essen von
    einem Berufskoch zubereitet wurde. Da einmal die Illusion zerstört ist,
    dass wir die Herrlichkeiten selbst gekocht haben, laden wir doch besser
    direkt in ein Restaurant ein. Wir ersparen dadurch den Platten die
    Fahrt vom Restaurant zu unserem Haus!
    Sie müssen als Gastgeberin alles tun, dass Ihre Gäste zufrieden sind.
    Wenn Sie keine Meisterköchin sind und nicht genügend Bedienung zur
    Verfügung haben, verzichten Sie besser auf zu gewagte Versuche und
    übermässige Ansprüche. Sie dürfen die Gäste nicht als
    Versuchskaninchen betrachten und ihnen raffinierte Gerichte vorsetzen
    wollen, die misslungen sind. Man nährt sich nicht von der »guten
    Absicht«, sondern wird nach der Wirklichkeit urteilen. Ihre Gäste sind
    auch keine verfressene Riesen, Sie sollten ihnen nicht zuviel anbieten.
    Unsere Zeit wünscht einfache, gut schmeckende Gerichte.
    Wir dürfen das klassische Menü nicht übersehen, das wir nur noch
    aus Büchern oder vom Hörensagen kennen. Die Menschen der
    Jahrhundertwende waren so reich, dass sie ihre Langeweile in gutem
    Essen und auserlesenen Weinen zu ertränken suchten. Dieses
    klassische Menü enthält jene Reihenfolge von Speisen, die nicht nur für
    den Gaumen, sondern auch der Gesundheit zuträglich sind.
    DAS ABENDESSEN.
    Das klassische Abendessen beginnt mit einer leichten Suppe, im
    Sommer mit einer Tasse kalter Bouillon.
    Dann folgen die R e I e v é s oder Vorgerichte, die aus einem
    Fischgericht oder einem Fleischgericht bestehen, das mit Salat gereicht
    wird. Nun folgen die Entrées — oder Zwischengerichte, kleine leichte
    Gerichte, die den Appetit erneut reizen sollen. Man gibt hier: Ragouts,
    Frikassees, Zunge, Kaldaune, Nierchen, Milch usw. Und nun der
    Braten, zum Beispiel: Geflügel oder Wildbraten also ein warmer
    Braten, dem kalter Braten folgen kann wie z. B. Fleisch. Es kann aber
    auch kalter Fisch, Langusten oder Krebse sein. Die Erfahrung hat
    gelehrt, dass es gesünder ist, mit einem kalten Gericht zu schliessen
    als mit einem warmen. (Warmer Fisch und warm angerichtete
    Schalentiere sind Entrées oder Zwischengerichte.) Es folgen die
    Gemüse, die süsse Nachspeise (Entremêts), dann Käse, Eis und die
    Desserts. Hier machen rohe Früchte den Anfang, dann folgt das
    Kompott, Kuchen und Bonbons bilden den Schluss.
    Eine solche märchenhafte Mahlzeit wird natürlich reichlich
    begossen.
    Nach der Suppe, zu der nicht getrunken wird, gehören zum
    Vorgericht griechische oder sizilia-nische Weine. Zu den Entrées
    serviert man Rotweine und zwar Burgunder oder einen Bordeaux.
    Zum Braten reicht man einen Weisswein, einen Mosel, Elsässer oder
    Rheinwein. Zum Eis reicht man einen wärmenden Süsswein, z. B.
    Muskateller. Zu den Fruchtspeisen gehört selbstverständlich Sekt, kein
    Schaumwein!
    Der Sekt wird eiskalt serviert, der Weisswein kühl und der Rotwein
    soll »temperiert« sein.
    Zu den Vorspeisen (Hors-d'oeuvre) wird Weisswein gereicht.
    Wir sprachen eben vom »klassischen Menü« und von dem, was
    unsere heutigen Magen vertragen. Wir wollen — zum Vergleich —
    einige der grössten bekannten Menüs anführen, die die Gastronomie
    verzeichnet:
    Bei einem berühmten Essen im 16. Jahrhundert wurden:
    37 Ragout-Arten
    21 verschiedene Braten
    10 Salate

27 Nachspeisen
    den Gästen gereicht.
    Im 17. Jahrhundert, — im Jahre 1656, — gab
    Madame la Chanceliere für Ludwig XIV. ein Essen mit 168
    verschiedenen Platten, ohne die verschiedenen Desserts; darunter
    waren:

8 Suppen und
    16 warme Vorspeisen;
    8 grosse

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