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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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romantischem Mondschein verstohlen
    küssen. Es ist besser, wenn die Gäste ihre Teller und ihre Gläser finden,
    ohne gerade Katzenaugen zu haben, mit denen sie bei Nacht sehen.
    Natürlich wird ein mittelgrosser Tisch dadurch sehr überladen. Man
    erzählt, dass Max Reinhard einmal in seinem Schloss einen
    amerikanischen Filmmagnaten empfing. Ein Diener erwartete ihn mit
    einem Kerzenleuchter, das Licht sollte die Schritte des Gewaltigen
    beleuchten. Aber diese Reinhardt'sche Inszenierung hatte nicht die
    gewünschte Wirkung. Der Besucher fragte seinen Gastgeber, ob der
    »Kurzschluss schon lange dauere«. Um den Eindruck eines
    Kurzschlusses zu vermeiden, empfiehlt es sich, im ganzen Raum
    verteilt Kerzenleuchter aufzustellen, dadurch wird die Beleuchtung
    ungefähr so, wie mit Glühbirnen. Auch als die Elektrizität noch nicht
    entdeckt war, haben die Menschen nicht dauernd im Dunkeln gelebt!
    Man soll auch nicht als Vorbild eines jener intimen Essen für zwei
    Personen wählen, die man im Film
    mit einer oder höchstens zwei Kerzen beleuchtet sieht. Das ist nur im
    Film!
    Die Mode von heute findet rote oder grüne Kerzen schöner als
    weisse. Aber man sollte jedesmal nur eine Farbe wählen, damit die
    Gäste untereinander nicht eifersüchtig auf die schönen Farben werden.
    Wir wollen noch einmal wiederholen, dass es besser ist, den Tisch
    nicht zu überladen, besonders wenn Sie Personal haben. Man bereitet
    alles auf einem kleinen Tischchen vor, das vereinfacht die Bedienung.
    Es muss daraus nicht unbedingt eine Geschirrausstellung werden.
    Aber diese sorgfältige Vorbereitung lässt vermeiden, dass die Hausfrau
    bei jedem Tellerwechsel vor Aufregung nicht weiss, wo sie die Gabeln,
    die Messer und den Nussknacker hingelegt hat.
    Und noch eines: wenn es für Ihre Gäste bequemer ist, ziehen Sie
    Ihren Tisch um ein oder zwei Platten aus.
    DIE PFLICHTEN DER GÄSTE.
    Die Gäste sollen unbedingt zehn Minuten vor der festgesetzten Zeit
    erscheinen, weil ein richtiges Essen sofort serviert werden muss, wenn
    es fertig ist. Eine Verspätung von 10 Minuten kann genügen, um den
    Erfolg eines köstlichen Gerichts zu gefährden, denn allzuleicht hat ein
    Essen einen aufgewärmten Geschmack. Ein Mangel an Pünktlichkeit ist
    deshalb nicht nur ein Mangel an Höflichkeit, er kann sogar eine
    »Katastrophe« heraufbeschwören. Viele meinen, dass der gute Ton eine
    kleine Verspätung vorschreibt und dass Pünktlichkeit gar nicht
    vornehm sei. Sie verwechseln dies mit der lächerlichen und
    bedauerlichen Sitte, zu einem Fünf-Uhr-Tee nicht vor 6 Uhr zu
    erscheinen und zu einer Cocktail-Einladung nicht vor 9 Uhr. Andere
    glauben allen Ernstes, dass es eine zarte Aufmerk-
    samkeit ist, der Hausfrau eine gewisse Gnadenfrist einzuräumen, falls
    sie nicht fertig sein sollte. Es ist viel besser für die Frau des Hauses zu
    wissen, dass ihre Gäste da sind, auch wenn erst zehn Minuten später
    serviert wird, als dass sie auf die Gäste warten muss.
    EIN MANN UND EIN BLUMENSTRAUSS!
    Es gibt Menschen die glauben, dass es eine Ehrenpflicht ist, mit
    einem riesigen Blumenstrauss zu erscheinen. Sie haben beinahe ein
    Blumengeschäft geplündert und sind ganz erstaunt, dass ihre
    Grosszügigkeit nicht richtig geschätzt wird. Auch wenn sie über die
    Preise nicht gut unterrichtet sind, können die Gastgeber sich
    ausrechnen, dass ihre Einladung absolut keine Ersparnis für ihren Gast
    bedeutet. Und noch dazu hat er einen Bussgang getan, als er seinen
    »Garten« durch die Strassen der Stadt getragen hat. Glauben Sie nicht,
    dass er sich geschickter benommen hätte, wenn er die Blumen eine
    Stunde vorher hätte schicken lassen! Der Eindruck wäre genau so
    peinlich gewesen. Jede Hausfrau wird in einer solchen Lage denken,
    dass sich der Gast im voraus revanchieren will; sie kann sich dadurch
    nicht geschmeichelt fühlen. Es ist eine Art sofortiger Kontoabrechnung,
    die sich nur rechtfertigt, wenn man unter keinen Umständen seinen
    Gastgebern etwas schuldig bleiben und nicht bis zu einer günstigen
    Gelegenheit verpflichtet sein will. Die Sitte, Blumen einen Tag nach
    dem Empfang zu schicken, hat wenigstens einen Vorteil: die Hausfrau
    wird an der Grösse der Sendung erraten, wieviel Orchideen, Nelken
    oder Rosen ihr Essen wert war. Das ist nicht unbedingt galant, und
    drückt klar aus, dass man mit seinen gestrigen Gastgebern nichts mehr
    zu tun haben will. Dagegen hat ein guter Freund natürlich das Recht,
    der Frau des Hauses, in dem er

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