Der Gute Ton 1950
direkte Verwandtschaft
gibt, wählt man die Brautjungfern und Brautführer unter den nächsten
Verwandten. Die Brautführer sind an diesem Tag sehr beschäftigt.
Sie müssen sorgen, dass beim Lunch niemand vergessen wird. Sie
müssen die Damen zum Tanz bitten, die von niemand engagiert
werden, aber sie sind in erster Linie der Kavalier der Brautjungfern. In
der Zeit als junge Mädchen den ganzen Tag stickten und nur von einer
Anstandsdame bewacht spazieren gingen, war es ein Erlebnis für sie,
Brautjungfer zu spielen, denn der Brautführer konnte vielleicht der
zukünftige Mann werden. Heute ist es nicht mehr so wichtig. Kehren
wir zum Hochzeitszug zurück! Wenn Spalier gebildet wird, müssen
die Brautjungfern gleich auf die Seite treten, die für die Dame
vorgesehen ist. Es hängt davon ab, ob Uniformen in dem Hochzeitszug
vertreten sind, da durch sie bestimmt wird, ob die Dame rechts oder
links ihres Herrn geht.
Der erste Brautführer steht der Tür am nächsten; wenn der Wagen
der Braut ankommt, beeilt er sich die Türe des Brautwagens zu öffnen.
Die Kinder steigen zuerst aus, damit sie sofort bereit sind, die Schleppe
zu tragen, ehe sie den Staub der Strasse zusammengefegt hat. Teppiche
sind für eine Hochzeit unentbehrlich, sowohl auf der Treppe der
Kirchen, wie vor dem Hause der Braut. Die Braut betritt am linken
Arm ihres Vaters die Kirche. Wenn der Vater Uniform und einen
Degen trägt, geht die Braut an seiner rechten Seite und alle Damen
folgen ihrem Beispiel. Selbst wenn der Kavalier irgend einer
Ehrendame in Uniform wäre, geht sie zu seiner Linken, wenn die
wichtigste Person des Tages, die Braut, auf der linken Seite ihres
Partners geht. Wenn die Braut die Kirche betritt, erhebt sich die ganze
Hochzeitsgesellschaft. Die Braut wird weder übertrieben sicher noch
zu verlegen auftreten, sondern andächtig schreiten. Sie begrüsst nicht
alle Personen rechts und links mit einem Lächeln. Es ist wohl ein
Feiertag für sie, aber auch ein heiliger Tag und sie ist kein Filmstar. Sie
sollte auch nicht die Leute zählen, die zu ihrer Feier gekommen sind.
Es folgt der Bräutigam mit seiner Mutter, dann der Vater des
Bräutigams mit der Mutter der Braut. Es schliessen sich die Brautführer
und Brautjungfern an, die Spalier gebildet haben und zwar wird der
erste Brautführer und seine Dame, die den Ab-schluss des Spaliers
bildeten, jetzt die Spitze des Hochzeitszuges sein. Am Schluss folgen
die Trauzeugen mit ihren Damen. Wenn man nicht Spalier stand,
kommen die Brautführer und Brautjungfern nach den Brautzeugen.
Heute verzichtet man auf diese endlosen Hochzeitszüge, denen sich
die ganze Verwandtschaft anschloss. Es folgen dem jungen Paar meist
nur die Eltern, die Trauzeugen, Brautführer und Ehrenjungfern. Der
Brautzug hat dabei viel gewonnen, denn nun beherrscht ihn die
Jugend, wie es sich an diesem Ehrentag bei dieser leuchtenden Feier
geziemt. Eine solch auffallende Feier ist aber nur möglich, wenn es sich
um ein junges Ehepaar handelt, wenn die Braut nicht viel älter als
zwanzig Jahre ist. Der Vater begleitet die Braut zu ihrem Betschemel,
der links von dem des Gatten steht zum Altar hin gesehen. Die
Brautleute sollen nicht vergessen ihre Handschuhe auszuziehen, ohne
dass der Pfarrer sie zuerst daran erinnern muss. Man gibt die
Trauringe am besten schon einen Tag vor der Hochzeit ab, damit man
nicht gezwungen ist die Ringe von Trauzeugen oder der Eltern zu
leihen, weil man in der Aufregung des Tages die eigenen vergessen
hat.
Es ist eine schöne Sitte, wenn die junge Frau ihr Brautbouquet vor
die Statue der Muttergottes hinlegt und zu einem kurzen Gebet
niederkniet. In der Sakristei unterschreiben die beiden Ehegatten wie
auch die Trauzeugen in dem Heiratsbuch. Die Ehegatten stehen
nebeneinander, die Eltern des Bräutigams rechts, die der Braut auf der
linken Seite und jeder gratuliert dem Ehepaar. Man beglückwünscht
auch die Eltern. Der Ehegatte stellt die Gäste seiner Frau vor, die sie
noch nicht kennt. Die junge Frau tut das gleiche. Bei dieser Vorstellung
ist es überflüssig, den Namen des Ehemannes oder der jungen Ehefrau
zu nennen. Jeder kennt ihn ja wahrscheinlich.
In Frankreich tragen sich in der Sakristei auch Trauzeugen ein. Sie
wollen damit ihre Liebe zu dem jungen Paar ausdrücken. Für
aussergewöhnliche Hochzeiten legt man dort in der Sakristei
Gästebücher auf, in die die Zuschauer ihre Namen eintragen. So weiss
man
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