Der Gute Ton 1950
zu
entschliessen, als eine komische Figur für ein ganzes Stadtviertel zu
werden.
Niemand hat das Recht, mit den Nerven seiner Kinder zu spielen, sie
werden in einer solchen Umgebung für immer die Ueberzeugung
gewinnen, dass eine Ehe die Hölle auf Erden ist. Wenn die Eltern
einmal geschieden sind, werden sie unnötige Diskussionen über das
Thema vermeiden, wer die Kinder erzieht und aufzieht. Sie werden die
Entscheidung des Gerichtes annehmen. Während der Besuche der
Kinder bei dem einen oder anderen Elternteil wird keiner der Eltern
die Kinder über das neue Leben seines früheren Partners aushorchen.
Auch die Schuld der Trennung wird man nicht dem anderen Teil
zuschieben. Die Scheidung soll den Kindern als ein Zustand erklärt
werden, an dem niemand Schuld ist. Jeder der Eltern ermahnt die
Kinder, ihre Kindespflicht so gut wie möglich zu erfüllen. Man soll
nicht vergessen, dass die Kinder häufig ein richtigeres Urteil haben als
viele Erwachsene. Sie glauben an den Hl. Nikolaus nur solange es
ihnen gefällt, — und solange sie ein Interesse haben daran zu glauben.
Eine geschiedene Frau trägt ihren Ehering nicht mehr. Sie nimmt
häufig ihren Mädchennamen wieder an, behält aber den Titel »Frau«.
Sie kann ihren Ehenamen behalten, wenn sie einen Beruf hat und unter
diesem Namen schon bekannt ist. Es könnte für sie, ihrer Kundschaft
und ihren Beziehungen gegenüber nachteilig sein, wenn sie von einem
Tag zum andern ihren Namen wechselt. Man schickt keine
Scheidungsanzeige, — leider —, denn das ist für die Umwelt oft
unangenehm! Es wäre unklug, Aerger oder Enttäuschung zu zeigen,
wenn Bekannte einen geschiedenen Mann nach seiner Frau fragen oder
eine geschiedene Frau nach ihrem früheren Mann, weil sie nicht
wissen, dass sich die Eheleute in der Zwischenzeit getrennt haben. Es
ist lächerlich in diesem Fall zu antworten, »dass man mit einem
solchen Kerl oder einer solchen Frau nichts mehr zu tun haben will«.
Es ist klüger, einfach ohne Aufregung zu sagen, dass die Ehe
geschieden ist. Die Bekannte, die un-bewusst den Fehler gemacht hat,
wird sich entschuldigen, eine solche Frage gestellt zu haben und wird
sofort das Thema wechseln, wenn sie gut erzogen ist. Sie verlangt keine
weiteren Erklärungen, besonders nicht in einem Ton, der klar sagt:
»Ach erzählen Sie mir das Unglück, ich werde bestimmt viel Freude
haben.«
TRAUERFÄLLE.
Die Regeln über die Trauer haben sich vereinfacht. Man hat endlich
verstanden, dass wahres Leid sehr gut des äusserlichen Ausdrucks
entbehren kann, der häufig nur vorgetäuscht ist.
DIE STERBESAKRAMENTE.
Wenn der Pfarrer den Kranken besucht, um ihm die
Sterbesakramente oder die letzte Oelung zu spenden, stellt man in
beiden Fällen einen Tisch an das Bett des Kranken. Dieser Tisch ist mit
einem weissen Tuch bedeckt. Darauf stehen ein Kruzifix, etwas
Weihwasser, ein paar Zweige Buchsbaum und zwei brennende Kerzen.
Eine bereitstehende Schale Wasser wird dem Pfarrer erlauben seine
Finger zu reinigen. Man schüttet dieses Wasser nachher in das Feuer.
Auf die Brust des Kranken legt man ein weisses Tuch. Man vergisst
nicht, dem Pfarrer Watte zu reichen, damit er das Oel abwischen kann.
ANKÜNDIGUNG DES ABLEBENS.
Den Verwandten und Freunden soll die Nachricht von dem Ableben
eines Menschen sofort mitgeteilt werden. Den jüngeren oder am
wenigsten betrübten Mitgliedern der Familie fällt die Aufgabe zu,
diese Nachricht durch Telegramm oder durch Telefon
bekanntzugeben. Wenn es möglich ist, kann man auch einen Boten
schicken, besonders wenn man die Nachricht schonungsvoll
übermitteln will. Man soll aber nicht vergessen, dass wir eine Pflicht
dem Toten gegenüber erfüllen, wenn wir die anderen be-nachrichten.
Die Läden eines Hauses, in dem ein Toter liegt, bleiben geschlossen, bis
die Leiche abgeholt wird. Man wird auch nur mit leiser Stimme
sprechen. Verwandte und nahe Freunde bieten sich an, die Totenwache
zu halten. Sie sollen aber nicht darauf bestehen.
DIE TODESANZEIGE (Brief und Zeitung).
Sie wird auf weissem Papier mit schwarzem Rand gedruckt. Man
versendet eine Todesanzeige an alle Leute, die irgendwelche
Beziehungen zu dem Verstorbenen gehabt haben. Auch die Nachbarn
oder Kunden, wenn es sich um einen Geschäftsmann handelt, erhalten
eine Anzeige. Heutzutage ersetzt ein Inserat in der Zeitung häufig den
schwarz umrandeten Brief. Wenn man mit der Beerdigung geht,
beantwortet man die
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