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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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mehr sehr viele prunkvolle
    Hochzeiten; man hat auf dieses grosse Fest verzichtet, das durch
    sensationelles Gepräge die Bevölkerung verblüffen sollte. Es ist nicht
    mehr nötig, dass man ein halbes Jahrhundert später noch mit Scheu
    über die Zeremonie spricht. Es gibt heute auch keine Familien mehr,
    die mit Hypotheken die Kosten einer Hochzeit bezahlen. Nur reiche
    Familien könnten sich heute erlauben, so wie es vor dreissig Jahren
    Sitte war, ganze Städte oder Dörfer einzuladen. Doch selbst der
    Reichtum rechtfertigt heute solche Paraden nicht mehr.
    Ein weisses Kleid mit einem Myrtenkranz passt nur zu einem ganz
    jungen Mädchen, man wird lächeln, wenn ein solches Kleid von einem
    »späten Mädchen« getragen wird. Es ist überflüssig, über das
    Hochzeitskleid viel zu sagen, es ist der Höhepunkt einer jeden
    Modeschau und wird als letztes Modell gezeigt; sein Preis entspricht
    gewöhnlich auch dem Ehrenplatz, den man ihm eingeräumt hat. Man
    neigt heute zum einfachen Hochzeitskleid, man hat auf diese
    Schleppen verzichtet, die vom Kirchentor bis zum Altar gingen. Ein
    halbes Dutzend Brautführer und Brautjungfern waren nötig, um sie zu
    tragen. Wenn sich die Feier in intimem Kreis vollzieht, trägt die Braut
    keinen Schmuck. Gewöhnlich wird sich eine junge Braut in weiss
    kleiden, Myrthen und Orangen sind das Symbol der Reinheit. Sie
    schmücken den Brautkranz oder sind am Mieder befestigt. Wenn es
    sich um eine einfache Hochzeit handelt, kann die Braut sich in rosa
    oder hellblau kleiden. Diese Kleider sind kürzer und ohne Schleppe.
    Für eine nicht mehr ganz junge Frau wählt man rosa oder hellblau als
    Farbe des Hochzeitskleides, wenn man nicht vorzieht, in einem
    eleganten Kostümkleid sich trauen zu lassen.
    Die Kleidung des Bräutigams entspricht der der Braut. Es geht nicht
    gut, dass er im Strassenanzug erscheint, wenn die Braut ein
    Hochzeitskleid trägt. Vielfach wird der Smoking als Hochzeitsanzug
    getragen, aber dies ist leider nicht richtig, denn der Smoking ist ein
    Abendanzug. Man versteht wohl, dass ihn viele Herren dem Frack
    vorziehen: man hat eine viel grössere Verwendung für den Smoking,
    und der Frack ist zur Zeit ein wenig in Ungnade gefallen, ausserdem
    ist er viel teurer als ein Smoking. Der Frack als Hochzeitsanzug ist
    ebenfalls umstritten, da manche Leute, nicht ganz zu Unrecht,
    behaupten, dass der Frack für den Abend reserviert sein sollte, und
    man nicht um zehn oder elf Uhr morgens im Frack auf einer Hochzeit
    erscheinen kann. Dieser Einwand ist für den Frack so stichhaltig wie
    für den Smoking. Der Frack war die männliche Bekleidung bei vielen
    prunkvollen Hochzeiten. Wenn man sittenstreng ist, wird der
    Bräutigam den klassischen Zeremonieanzug wählen, das heisst den
    Cut mit schwarz-weiss gestreifter Hose und grauer Weste, schwarzen
    Chevreau-Schuhen mit grauen Gamaschen, grauen
    Wildlederhandschuhen und Zylinder. Man trägt zum Cut einen
    Stehkragen; es macht sich aber eine Tendenz bemerkbar, ihn durch
    einen normalen gestärkten Kragen zu ersetzen. Man trägt zum
    Stehkragen ein Plastron und eine normale Krawatte zum gestärkten
    Kragen.
    Wir erinnern daran, dass die Frackweste weiss sein muss (nur Kellner
    tragen eine schwarze Weste zum Frack). Der Stehkragen ist
    vorgeschrieben, ebenso das Vorhemd, das gestärkt und mit Perlen oder
    Diamantknöpfen geschlossen wird. Dazu trägt man eine weisse
    Schmetterlingskravatte; es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass es keine
    dieser fertigen »mechanischen« Kravatten sein darf. Man trägt zum
    Frack wie zum Smoking schwarze Lackschuhe oder Pumps. Die
    Lederhandschuhe sind aus weissem Schwedischleder. Sobald man
    die Kirche betritt, werden die Handschuhe ausgezogen. Dies ist eine
    Ausnahme, da man Zeremoniehandschuhe nie auszieht, es sei denn,
    man isst oder reicht einer Dame die Hand. Die Bekleidung des
    Bräutigams ist sehr wichtig, da sie als Vorbild für die anderen Herren
    der Hochzeitsgesellschaft gilt. Nur Militär darf in Uniform erscheinen.
    Auf der Einladung gibt man die von den Herren zu wählende Kleidung
    an, damit sie ihren Schneider oder den Anzugverleiher rechtzeitig
    besuchen.
    Die Kinder, die die Schleppe halten, tragen Stilkleider. Man wählt sie
    so jung wie möglich, aber doch aufgeweckt genug, damit sie ihre Rolle
    erfüllen können. Das Hochzeitsgefolge beschränkt sich auf die Eltern
    der beiden jungen Leute, die Trauzeugen, die Brautjungfern und die
    Brautführer. Wir müssen nicht

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