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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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langweilt. Wenn man zu gleicher Zeit wie jemand anderes
    anfängt zu sprechen, entschuldigt man sich, selbst wenn man für
    diesen Missgriff nicht verantwortlich ist. Die ältere oder überlegenere
    fährt fort zu sprechen, nachdem die jüngere sie mit einer
    entgegenkommenden Bewegung darum gebeten hat.
    Und nun:
    DIE INDISKRETEN FRAGEN.
    Oscar Wilde behauptet, es gäbe keine indiskreten Fragen, sondern
    nur indiskrete Antworten. Das ist etwas paradox. Aber es ist wahr,
    dass man immer genügend ausweichende Antworten geben kann, um
    die Indiskretion der Frage nicht mit einer klaren Auskunft zu
    belohnen. Man vergisst zu häufig, dass es taktlos ist, von Geld zu
    sprechen. Man soll nicht plötzlich fragen, wie Frauen es so oft tun —
    was dieser oder jener Gegenstand kostet, und wo man ihn gekauft hat.
    Sie verdienten eigentlich, dass man mit einem falschen Preis und einer
    falschen Adresse antwortet. Es ist ebenso unerzogen, von sich aus den
    Preis einer Sache zu sagen. Man stellt auch keine Fragen über das
    Vermögen der Mitmenschen, man macht aber auch nicht Angaben
    über seine eigene Vermögenslage.
    XVI.
    GESCHENKE, GLÜCKWÜNSCHE
    Ein Geschenk gibt immer etwas von dem Charakter des
    Schenkenden, wie auch von seiner Absicht kund. Wenn die Menschen
    von dieser unbestreitbaren Wahrheit überzeugt wären, würden häufig
    unpassende Geschenke vermieden, und man wählte mit etwas mehr
    Phantasie.
    DIE PFLICHT ZU GEFALLEN.
    Ein Geschenk soll gefallen. Es ist nicht nur ein Mittel, sich von einer
    Verpflichtung zu befreien. Erst muss die Gelegenheit gewählt werden,
    um ein Geschenk zu machen. Es kann sein, dass sie schon von selbst
    gegeben ist, wie zum Beispiel eine Hochzeit, eine Taufe, Kommunion.
    Häufig wird ein Geschenk nur gemacht, um sich zu revanchieren.
    Man bringt keine Blumen mit, wie wir schon bemerkten — wenn
    man zu einem Essen eingeladen ist, — nur zu einem Geburtstag. In
    diesem Fall sind die Blumen nicht der Dank für die Einladung sondern
    der Glückwunsch zum Geburtstag. Viele glauben, es sei aufmerksam,
    wenn sie erst beim Nachtisch verkünden, dass es sich um ein
    Geburtstag handelt. Die Sorge, dass man seinen Gästen eine Ausgabe
    erspart, ist für die Gäste beleidigend. Wer das Aelterwerden fürchtet,
    und für wen der Geburtstag eine traurige Angelegenheit ist, dem
    sendet man das Geburtstagsgeschenk an seinem Namenstag, und er
    wird besonders erfreut sein, weil man an an diesem Tag keine
    Geschenke erwartet. Die Ueber-raschung macht bescheidener. Aber
    dies ist doch keine Rechtfertigung, ein minderwertiges Geschenk zu
    machen.
    GELDGESCHENKE.
    Man soll sie den Leuten überlassen, die keine Phantasie haben.
    Wenn auch das Geld häufig seinen Wert verändert oder verliert, weiss
    der Schenker doch ganz genau, was er gibt, es ist offenherzig, aber man
    nimmt dem Geschenk seinen schönsten Reiz: das Geheimnis seines
    Preises. Man kann sich Geldgeschenke nur Angestellten, Hauspersonal
    oder jungen Verwandten gegenüber erlauben.
    Ein richtiges Geschenk soll ein Andenken sein, und in diesem Fall
    wäre die Erinnerung nur eine Zahl. Ehe man Kindern Geld gibt, muss
    man die Eltern um Erlaubnis fragen; man muss wissen, ob es mit ihren
    Grundsätzen übereinstimmt. Auf jeden Fall wird das Geld in einem
    Umschlag überreicht. Der Empfänger bedankt sich, ohne zu wissen,
    um welche Summe es sich handelt.
    BLUMEN.
    Sie sind jene Art Geschenk, das man bei jeder Gelegenheit jedem
    schenken kann. Aber man darf nicht vergessen, dass die meisten
    Menschen die Bedeutung der Farben kennen und wissen, dass Blau die
    Farbe der Treue, Gelb die Farbe des Hasses und Neides, sowie der
    Eifersucht ist, dass Weiss die Reinheit, Grün die Hoffnung ist, und dass
    es kein glühenderes Geständnis gibt, als wenn man rote Rosen schenkt.
    Man bringt einen kleinen Blumenstrauss, wenn es nur eine kleine
    Aufmerksamkeit sein soll; ein grosses Bouquet lässt man durch das
    Blumengeschäft schicken, man fügt eine Visitenkarte bei. Man schenkt
    Maiglöckchen am 1. Mai, das ist eine Gelegenheit, die man nicht
    vorbeigehen lassen sollte. Ostern oder Neujahr rechtfertigen auch einen
    Blumengruss.
    KUNSTGEGENSTÄNDE
    gefallen nicht immer und haben nur den Wert, den man ihnen selbst
    gibt. Nippessachen oder billige schmiedeeiserne Gegenstände werden
    in einigen Jahren ihrem Gewicht nach geschätzt werden. Ohne den
    Geschmack eines Menschen zu kennen, kann man ihm immer einen
    Rubens! schenken, auch wenn er klein ist, aber er

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