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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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»registrieren«, wenn man vergass, zu irgendeiner Gelegenheit
    seine Glückwünsche zu senden.
    VOM LEIHEN.
    Wir wollen nicht vom Geldleihen, sondern von dem Entleihen von
    Gegenständen und Büchern sprechen. Der Entleiher darf keinen
    Gegenstand erbitten, von dem sich sein Besitzer, wie er weiss, nur
    schwer trennt. Man leiht nur Dinge, die man nicht leicht beschädigen
    kann. Eine Hausfrau leiht lieber ein Fischbesteck als ein Glas-Service.
    Ein Buchfreund verleiht lieber einen Erfolgsroman als ein Inkunabel.
    Man kann wohl ablehnen, etwas zu borgen, obwohl man im
    allgemeinen zu seinen Freunden Vertrauen haben sollte.
    Auf keinen Fall darf der Entleiher seine Bitte wiederholen, wenn er
    fühlt, dass das Ja eigentlich ein Nein ist.
    Der geborgte Gegenstand muss in dem gleichen Zustand wieder
    zurückgebracht werden, in dem er entliehen wurde, auch darf er nicht
    zu lange behalten werden. Es ist selbstverständlich, dass man einen
    beschädigten Gegenstand entsprechend ersetzt. Um jede spätere
    Auseinandersetzung zu vermeiden, ist es klug, den geliehenen
    Gegenstand dem Besitzejr persönlich mit einem Dank zurückzugeben.
    Wir brauchen die Gründe nicht zu erörtern, warum man z. B.
    Kleidungsstücke, Wagen oder dergleichen, nicht ausleihen darf.
    DER VERLEIHER.
    Man soll etwas gern oder gar nicht borgen. Was man leiht, soll in
    gutem Zustand sein, man soll keinen Nutzen daraus ziehen, dass man
    Freunden etwas Defektes leiht. Wenn man den geliehenen Gegenstand
    in schlechtem Zustand zurückgibt, soll der Verleiher auf jeden
    Schadenersatz verzichten.
    DAS BÜCHERLEIHEN.
    Wenn man nicht gerade an Wunder glaubt, leiht man Bücher aus,
    ohne Hoffnung sie wiederzusehen. Aber handeln Sie nicht so, wie Sie
    es sich nicht wünschen, dass man Ihnen gegenüber handelt. Man hat
    das Recht ein Buch zurückzubitten, wenn der Entleiher genügend Zeit
    hatte, um das Buch zu lesen. Man leiht auch kein Buch mit einem
    Umschlag, man soll Vertrauen haben, dass das Buch gut behandelt
    wird. Wenn man ein Buch liest, legt man es flach auf einen Tisch,
    klappt es nicht um; beim Lesen sollte man nicht essen, denn man gibt
    kein beflecktes Buch zurück, es sei denn, man ersetzt es.
    Wenn man ein Buch jemanden bringt, soll man es in ein Papier
    einschlagen, um es vor Regen oder dem Strassenstaüb zu schützen.
    XVII.
    DIE HÖFLICHKEIT ZU HAUSE
    In den letzten Jahren haben Erzieher in der ganzen Welt versucht,
    unsere Herzen zu rühren für die armen, unverstandenen Kinder. Man
    hörte die Klage, dass die Eltern des 20. Jahrhunderts grausam ihren
    Kindern gegenüber seien, dass sie die sich entwickelnde Persönlichkeit
    des Kindes mit Strenge vernichteten. Neue Erziehungssysteme
    müssten gefunden werden, um die armen Kinder von der Tyrannei der
    Eltern zu befreien, die die Natur ihnen leider einmal übergeordnet
    hätte.
    Wir glauben eher, dass es die höchste Zeit ist, die Eltern zu »retten«,
    weil sie Märtyrer geworden sind.
    Wir haben nicht die Absicht, eine Abhandlung über die Psychologie
    des Kindes zu schreiben, aber wir sind der Ansicht, dass es auch
    zwischen Eitern und Kindern Regeln des »guten Tons« gibt, auf die wir
    näher eingehen wollen. An diese Grundregeln sollte man aber nicht
    erst dann denken, wenn man mit einem Kind unter Menschen geht. Oft
    wird ein Kind eine Stunde vorher mit tausend Ermahnungen gequält,
    in der Annahme, es könne diese weisen Lehren gleich behalten und
    das, was es sagen soll, wie ein Papagei herunterleiern. Ein Kind ist
    keine Maschine, die in Gang gebracht oder abgestellt werden kann,
    ebenso wie es sich nicht von vornherein wie ein vollendeter Gentleman
    zu benehmen versteht. Die Eltern sind oft träge und — optimistisch.
    Aber das Kind raubt ihnen bald die Illusionen. Es wird den Fremden
    mit grossem Vergnügen all das erzählen, was man ihm verboten hatte
    zu sagen; vielleicht fügt es auch noch hinzu, dass man ihm nicht
    erlaubt hat, darüber zu sprechen. Die Eltern werden in grösster
    Verlegenheit sein, oder sie werden tun, als sei das alles nur ein Scherz.
    In solchen Augenblicken begeht das Kind so viele diplomatische
    Fehler, wie sie in der grossen Politik ausreichen würden, um in einigen
    Minuten einen ganzen Weltkrieg auszulösen. Zu Hause wird das Kind
    gescholten und geprügelt — vorausgesetzt, dass die Eltern diesen
    »Zwischenfall« ernst genommen haben. Der Gastgeber wird ihn
    jedenfalls nicht so schnell vergessen. Er ist der Ansicht, dass Kinder die
    Wahrheit

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