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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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Höflichkeitspflicht, anderen Freude zu machen,
    denn jeder hört gern Komplimente. Man macht keine direkten
    Komplimente über die Schönheit. Man sagt einer Frau nicht: »Sie
    haben schöne Augen«, sondern man wird sagen, dass sie geschickt
    einen Mantel zu tragen versteht, dessen Farbe wunderbar mit der
    Farbe ihrer Augen harmoniert.
    Man sollte niemals vergessen, den Eltern über ihre Kinder
    Komplimente zu machen, aber man sollte warten, bis die Kinder nicht
    mehr im Zimmer sind.
    Man soll nie vergessen, dass Menschen gerne Komplimente über
    Dinge hören, die sie nicht besitzen. Eine junge und schöne Frau wird
    immer begeistert sein, wenn man ihre Geistesgaben lobt; man träumt
    immer das zu sein, was man nicht ist. Eine schöne Frau träumt davon,
    geistreich zu sein, während eine kluge Frau sich darüber freut, nicht als
    Blaustrumpf zu gelten; Komplimente über ihren neuen Hut, der
    meist schrecklich ist, sind ihr lieber als Komplimente über ihren
    Berufserfolg. Vermeiden Sie auch, immer die gleichen Komplimente zu
    machen. Es gibt Menschen, die alles entzückend finden: das Teegebäck,
    einen Blumenstrauss, den »Faust«, ein Kätzchen, jeden Menschen,
    gleich welchen Alters oder Geschlechts er sei... Welcher Reichtum an
    Worten! und welch gleichförmiger Sinn! Lieber keine Komplimente als
    solche. Schweigen ist schmeichelhafter als überschwengliche
    Lobeshymnen.
    ANTWORT AUF EIN KOMPLIMENT.
    Es gab eine Zeit, in der man junge Mädchen lehrte, dass sie alles was
    man ihnen anbietet, zurückweisen müssten. Man musste sie auf den
    Knien bitten, eine Tasse Tee oder ein Stückchen Kuchen anzunehmen.
    Aus dieser Zeit stammen die Menschen, die glauben, dass es der gute
    Ton vorschreibt, alle Komplimente die man ihnen macht,
    zurückzuweisen. Wenn man einer Dame sagt, dass ihr Kleid schön ist,
    soll sie nicht sofort ausrufen, dass man zu nachsichtig ist, dass man
    diesen alten Fetzen schlecht angeschaut habe, dass das Kleid
    überhaupt nicht sitzt, dass sie, wenn die Zeit nicht so schwer wäre...
    Wie schmeichelhaft für den Geschmack desjenigen oder derjenigen, die
    das Kleid schön fand. Man soll im Gegenteil seine Freude ausdrücken,
    gefallen zu haben. Man wird sich revanchieren, aber nicht zu schnell,
    das wäre verdächtig. Wir wollen bei dieser Gelegenheit darauf
    hinweisen, dass es ganz überflüssig ist, seine Mitmenschen auf seine
    Fehler aufmerksam zu machen, die sie vermutlich aus sich heraus nie
    gesehen hätten.
    VORWÜRFE UND RATSCHLÄGE.
    Vorwürfe und Ratschläge sind immer unwirksam, wenn man sie
    nicht so diplomatisch anbringt, dass sie beinahe wie Komplimente
    wirken. Wenn man jemandem in aller Oeffentlichkeit den Rat gibt, sich
    doch nicht mehr zu kratzen oder die Fingernägel zu kauen, wird man
    ihn vielleicht von dem Uebel heilen, aber er wird es uns nie verzeihen,
    dass wir ihn vor anderen blossgestellt haben. Wenn jemand in seiner
    Unterhaltung gerade damit beschäftigt ist, eine Zusammenkunft
    zwischen Goethe und der Jungfrau von Orleans zu vereinbaren, ist es
    überflüssig zu lachen und den Irrtum richtigzustellen. Die Höflichkeit
    verlangt, dass man die Unwissenheit anderer übergeht.
    WIE HEISST DER.. ?
    Es gibt Menschen, die kein Namensgedächtnis haben, sie sollten sich
    ein wenig anstrengen, jedenfalls kann man den Namen nicht durch
    undeutliche Laute ersetzen, wie Herr mmmmh, durch ein Schweigen
    oder ein »Dingsda«, oder der Kerl der. . Man fragt lieber nochmals und
    schreibt sich den Namen auf, um sich seiner zu erinnern.
    Wenn man mit einer Dame von ihrem Mann spricht, sagt man »Ihr
    Gatte«; wenn man sich gut kennt, sagt man »Ihr Mann«. Vom Sohn
    sagt man stets ,,Ihr Sohn«; eine Tochter wird als Kind und ganz junges
    Mädchen als »Ihre Tochter« erwähnt, wenn sie erwachsen ist, wird »Ihr
    Fräulein Tochter« gesagt. Man sagt »Ihre Gattin«, oder einfach »Ihre
    Frau«, so wie es für den Herrn des Hauses gilt.
    DIE UNTERHALTUNG
    MIT EINEM SCHWERHÖRIGEN
    erfordert nicht so sehr, dass man schreit, sondern dass man deutlich
    spricht, da die Schwerhörigen wie die Tauben auf den Mund schauen.
    Man kann — auch ohne schwerhörig zu sein — einen Satz oder ein
    Wort nicht verstehen. Es ist kein Grund, um ein lautes »Was« zu rufen.
    Die deutsche Sprache hat wohlklingendere Worte zur Verfügung, um
    jemanden zu bitten, ein Wort zu wiederholen.
    UNTERBRECHUNGEN IN DER UNTERHALTUNG.
    Man darf nie jemanden unterbrechen, auch wenn er die ganze
    Gesellschaft

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