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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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um sich gegen den Wind zu
    schützen?« Wer würde sich ärgern, wenn er diese Geschichte hört?
    Niemand, glauben Sie. Und doch kann in der Gesellschaft eine Dame
    sein, (und Damen sind häufig ieichter gekränkt als Herren) die einen
    steifen Hals hat und mit Schaudern an solche Heilmittel denkt.
    Erschreckt greift sie an ihren Hals und Sie können versichert sein, dass
    sie überall erzählen wird, Sie seien ein Sadist. Erzählen Sie auch nicht
    Geschichten, die den Geiz einer Religion oder gewisser Gegenden eines
    Landes charakterisieren! Ein Vertreter dieser Religion oder dieses
    Landes kann immer zugegen sein, Geschichten von geizigen Menschen
    zum Beispiel sollte man nur erzählen, wenn man selbst Schotte ist.
    DANKBARE THEMEN.
    Dankbare Themen sind zugleich harmlose Themen, wie die
    weibliche Mode zum Beispiel. Eine solche Diskussion kann sich
    schwerlich in einen Boxkampf verwandeln. Aber die Herren werden
    über ein solches Thema nicht begeistert sein, besonders wenn eine
    Dame die Gelegenheit benutzt, um sich ihrem Mann zuzuwenden und
    zu erklären: »Siehst du, Liebster, ich muss wirklich meine Garderobe
    erneuern« oder zu den Damen: »Mein Mann ist so schrecklich
    unverständig.« Auch hier gilt die Regel: nicht Einzelfälle besprechen,
    sondern immer allgemein bleiben. Die Mode wird nur einen Teil der
    Gesellschaft interessieren. Aber ein neuer Film, ein neues Schauspiel,
    eine Oper oder ein Konzert oder selbst ein Verbrechen aus
    Leidenschaft werden jedem erlauben, einige Sätze zur Unterhaltung
    beizusteuern.
    Es ist kein Zeichen guter Erziehung, wenn jemand zu einem dieser
    Themen mit lauter Stimme erklärt: »Ich gehe nie ins Theater, ich höre
    nie den Rundfunk, oder ich überlasse die Kinos den Nichtstuern und
    Verliebten.« Es steht jedermann frei, eine Kunstausstellung schön zu
    finden oder nicht und es auch zu sagen; aber auch hier entscheidet der
    Ton. Man sagt, dass man von diesem oder jenem Maler nicht begeistert
    ist; aber man wird Ihnen keine zu definitiven, krassen Worte verzeihen,
    wenn Sie z. B. sagen, dass nur dumme Menschen solch ein Gekritzel
    anschauen können. Diese angeblich »dummen Menschen« werden Sie
    als beschränkt betrachten und werden Sie meiden.
    DIE GEHEIMNISSE.
    Die Geheimnisse sind ein wundervolles Unterhaltungsthema. In
    jedem Mann und noch mehr in jeder Frau steckt unbewusst ein
    Waschweib. Andere sind Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ihnen ein
    Geheimnis anvertrauen. Und sie werden Ihnen ihre Dankbarkeit
    beweisen, indem sie das Geheimnis, allen denen erzählen, denen Sie es
    nicht erzählt haben wollten.
    1. Akt: Sie vertrauen jemanden das Geheimnis an,
    2. Akt: Ihr »Vertrauter« erzählt das Geheimnis der Person, der
    sie es gerade nicht erzählen soll, unter Ehrenwort, dass sie Ihnen nichts
    wiedererzählt.
    3. Akt: Die Person, der das Geheimnis weitererzählt wurde,
    kommt zu Ihnen und fragt unter dem Siegel der Verschwiegenheit, ob
    es wirklich wahr ist, dass Sie das Geheimnis jemandem anvertraut
    haben mit der Bitte, das Geheimnis zu wahren. — Und das kleine Spiel
    beginnt wieder von neuem.
    Es ist immer gut, einige Geheimnisse zu seiner Verfügung zu haben,
    die verbreitet werden dürfen!
    DIE KOMPLIMENTE
    Wovon soll man in Gesellschaft sprechen, wenn man nicht über eine
    dritte Person sprechen darf? Man macht Komplimente! Aber richtige
    Komplimente, denn man kann mit diesem Wort nicht jene
    Wertschätzung bezeichnen, die Sie auf Grund Ihres Alters oder Ihres
    Rangs zu machen sich berechtigt glauben. Sie machen eine richtige
    Musterung und stellen fest, dass X schöne Augen oder dass X schönes
    Haar hat. »Was den Rest angeht, werde ich meine Meinung lieber nicht
    sagen.« Oder Sie haben das Bedürfnis, wenn Sie X's Eitern kennen,
    festzustellen, von wem X die Nase oder den Mund geerbt hat. Für
    diese Enthüllungen soll man Ihnen dankbar sein.
    Es gibt auch falsche Komplimente, die nur ein Vorwand für ein
    abfäliges Urteil sind: Wenn eine Frau einer ihrer Freundinnen sagt,
    dass sie die Kunstfertigkeit bewundert, mit der die andere sich
    schminkt, so heisst das: »Ohne Schminke wäre sie hässlich wie eine
    Eule.« Die Komplimente müssen aufrichtig sein, damit man sie
    glauben kann. Aber wenn man nur ehrliche Komplimente machen
    wollte, würde man nur sehr wenige machen können. Man soll die
    Methode Coue anwenden, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, dass
    eine Dame von Kopf bis Fuss bezaubernd ist. Es ist nicht Heuchelei,
    sondern es ist oberste

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